Tag Archives: Verschwörungsmythen

16voll-Beitrag vom 31.01.2023: „Antifaschistischer Jahresbericht 2022 (1): Ganderkesee“

16voll-Beitrag vom 25.08.2022:

Grafik: 16voll

Für extrem rechten Aktivitäten in Ganderkesee hat es in den letzten Jahren in antifaschistischen Kreisen mehr Aufmerksamkeit gegeben. Daran möchten wir mir diesem Text anknüpfen und zum einen neue Erkenntnisse zu den bekannten rechten Strukturen, die beispielsweise in der NIKA-Broschüre „Ganderkesee. Eine Gemeinde mit rechter Kontinuität“ beschrieben worden sind, vorlegen sowie zum anderen gänzlich neue Komplexe beschreiben.

Zu Beginn unserer Arbeit im Oktober 2021 beschäftigten wir uns mit dem unaufgeklärten Brandanschlag auf das migrantisch geführte Restaurant „Don Gantero“ in Ganderkesee am 14.10.2020, über ein Jahr später scheint man in der Dominanzgesellschaft über die Hintergründe der Tat weniger denn je etwas wissen zu wollen (die Ermittlungen der Polizei sind schließlich eingestellt worden), stattdessen wird die volle Aufmerksamkeit darauf gerichtet, was nun aus dem ehenmalige Restaurant wird. Es ist symptomatisch, dass in vielen Medienberichten (Beispiele: Berichte Delmenhorster Kreisblatt vom 24.08.2022 oder dem Weser-Kurier vom 08.12.2022) das Wording der Gemeinde Ganderkesee übernommen und lediglich von einem nicht näher definierten „Brand“ gesprochen wird. Aktuell wird das ehemaligen Bahnhofsgebäude saniert, ein*e Nachmieter*in ist aber auch im mittlerweile dritten Anlauf noch nicht gefunden worden.

Dabei sollte sich in Erinnerung gerufen werden, was in den Medienberichten nicht vorkommt: dass die ehemaligen Mieter*innen, die Betroffenen des Brandanschlag, Interesse an einer Fortführung ihres Restaurants gezeigt hatten. Letztlich muss man feststellen, dass die Täter*innen mit ihrem Anschlag durch die Vertreibung der Betroffenen erfolgreich gewesen sind. Was außerdem aus dem Fokus geraten ist, dass die Tat wahrscheinlich im Kontext einer Serie von rassistischen Brandanschlägen in der Region zu werten ist, was in unserem Demo-Aufruf zur Antifa-Demo in Ganderkesee am 16.10.2021 nachzulesen ist. Nicht erwähnt hatten wir damals den Brandanschlag auf das Erstaufnahmezentrum Blankenburg bei Oldenburg in der Nacht 28./29.05.2021. Auch in diesem Fall wurden die Ermittlungen eingestellt.

Auf diese sogenannten „Ermöglichungsbedingungen rechter Gewalt“ machten Heike Kleffner vom „Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt“ (VBRG e.V.) sowie Robert Andreasch von der „Antifaschistischen Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München“ (a.i.d.a) auf einer Veranstaltung des NSU-Tribunals in Nürnberg aufmerksam, wie die Initiative „NSU-Komplex auflösen“ tweetete:

Heike Kleffner von @rechte_gewalt und Robert Andreasch von @aida_archiv benennen Ermöglichungsbedingungen von rechter, rassistischer, antisemitischer, antiziganistischer, misogyner und homophober Gewalt: Verharmlosung, #Polizeiproblem, #VSProblem, ideologische Unterstützung durch lokale Dominanzgesellschaft, Kultur der Straflosigkeit, Repression gegen Betroffene und #Antifa.

Neben dem Verhalten der Dominanzgesellschaft zeigt sich in Ganderkesee auch die Kultur der Straflosigkeit für solcherlei Taten. Diese ist auch in dem Kontext zu betrachten, dass nur ein Bruchteil der insgesamt 1.600 rechten Brandanschläge seit 2015/16 aufgeklärt wurden, worauf der VBRG e.V. in einem Tweet vom 20.10.2022  verweist. Weiter heißt es: „Die Mehrheit der Überlebenden ist ohne Unterstützung; die allermeisten Täter*innen bleiben straffrei.“

In Angesicht dieser Umstände überraschen die Meldungen leider nicht, wonach ein Mitarbeiter des Landkreises am 31.12.2022 mehrere Flaschen mit einer brennbaren Flüssigkeit auf dem Gelände einer zukünftigen Geflüchtetenunterkunft in Wildeshausen fand, die von Landkreis und Polizei derzeit als Drohung gewertet werden (Siehe: 31.12.2022: Verhinderung eines Brandanschlages auf eine geplante Geflüchtetenunterkunft in Wildeshausen).

Wir möchten uns den Genoss*innen anschließen, die im Aufruf zur Gedenk-Demo zum Lichtenhagen-Pogrom schrieben:

Von diesem Staat geht kein ernsthafter Kampf gegen rechten Terror aus. Nicht vor 30 Jahren in Lichtenhagen und auch heute nicht. Erst recht nicht, wenn Ermittelnde selbst Waffen horten und Todeslisten anlegen. Nicht erst seit der Selbstenttarnung des NSU-Kerntrios hat sich immer wieder gezeigt, dass es unabhängige antifaschistische Recherchen braucht, um effektiv neonazistische Strukturen und Verstrickungen mit staatlichen Behörden aufzudecken. Und auch gegen rassistische Gewalt hilft nicht die Polizei, sondern antifaschistischer und antirassistischer Selbstschutz. Vertrauen wir also nicht auf einen Staat, der weg sieht oder selbst beteiligt ist, wenn Faschisten Gewalttaten begehen. Vertrauen wir auf uns selbst und unseren Mut zur Veränderung. Organisieren wir uns und den antifaschistischen Selbstschutz – kämpfen wir für eine bessere Welt, weisen wir Faschisten und Rassisten konsequent in die Schranken und brechen wir die rechte Kontinuität in diesem Land!“ Quelle: 16voll

Der Link zu dem Beitrag der Antifaschistische Vernetzung Oldenburger Land mit weiteren Informationen: https://16voll.noblogs.org/post/2023/01/31/antifaschistischer-jahresbericht-2022-1-ganderkesee/

DOKU TOLL-Beitrag vom 23.12.2022

DOKU TOLL-Beitrag vom 23.12.2022:

Foto: Fabian Steffens

NWZonline schreibt: „„Die Anti-Corona-Proteste Anfang des Jahres waren die größte Mobilisierung der letzten Jahre“, sagt Jan Krieger von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus und für Demokratie mit Blick auf das zu Ende gehende Jahr. In fast allen Gemeinden im Landkreis Oldenburg versammelten sich Menschen, um vermeintlich gegen die Corona-Maßnahmen zu protestieren. Tatsächlich seien in vielen Fällen antisemitische Verschwörungsideologien und eine Demokratiefeindlichkeit wichtiger Bestandteil dieser Proteste gewesen, berichtet die Beratungsstelle mit Blick auf die Ereignisse dieses Jahres.

In der Spitze nahmen in Hude bis zu 200 Personen an den Protesten teil, in Wildeshausen, Wardenburg und Ganderkesee seien es jeweils zwischen 50 und 100 Personen gewesen. Auch in Harpstedt oder Bookholzberg gab es Proteste. Im Gegensatz zu Oldenburg sind die sogenannten Montagsspaziergänge im Landkreis aber weitgehend eingeschlafen.

Krieger sieht dennoch ein Problem in diesen Gruppen, auch wenn sie kaum noch öffentlich in Erscheinung treten: „Das Potenzial ist da, die Gruppen sind weiterhin untereinander vernetzt. Ab 2014 war es Pegida, ab 2020 Corona, dann kam der Ukrainekrieg und jetzt vielleicht Energiepreise. Die Themen wechseln und es werden neue aufkommen, aber die Gefahr von rechten Gruppen für die Demokratie bleibt.“ An vielen Stellen seien schließlich bei diesen Protesten Neonazis, AfD-Politiker oder Reichsbürger offen mitgelaufen, so Krieger.

Reichsbürger

Nach den Razzien gegen ein rechtes Terrornetzwerk wurde das Thema Reichsbürger wieder breiter diskutiert. Auch in Bookholzberg gibt es eine bundesweit aktive Reichsbürgerin. „Auf ihren regelmäßigen Kundgebungen bleibt sie aber fast immer alleine“, stellt Krieger beruhigt fest.

Sorgen macht er sich hingegen angesichts einer gut vernetzten rechten Kampfsportszene: „Ganderkesee ist einer der Dreh- und Angelpunkte der Neonazi-Kampfsportszene. Hier trainieren und vernetzten sich Neonazis, die auch bei bundesweiten Kampfsportevents der rechten Szene auftreten.“

Ein Großteil der rechten Aktivitäten beschränkt sich im Landkreis Oldenburg auf Hakenkreuz-Schmierereien und Aufkleber, vor allem von der Identitären Bewegung und Verschwörungsideologen. „Die meisten Meldungen dazu bekommen wir aus Wildeshausen. Aber vermutlich gibt es dort nicht mehr Fälle als in anderen Orten, wir sind in Wildeshausen einfach nur besser vernetzt und bekommen mehr mit“, sagt Krieger.

Zivilgesellschaftlicher Protest

Beim Blick auf rechte Aktivitäten im Jahr 2022 muss für die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus und für Demokratie die AfD-Delegiertenversammlung in Brettorf genannt werden. Anfang Juli wählte der Landesverband der Partei dort seine Kandidatenliste für die Landtagswahl, rund 500 Menschen versammelten sich zu einem Gegenprotest. „Ein bürgerliches Bündnis von der Linkspartei bis zur CDU war einmalig. Dass sich das gesamte Spektrum der demokratischen Zivilgesellschaft gegen einen rechten Parteitag stellt, habe ich noch nicht erlebt“, erzählt Krieger immer noch erstaunt. Dieses Engagement ist für ihn einer der Höhepunkte des vergangenen Jahres.“

Quelle/Bildrechte: https://www.nwzonline.de/plus-oldenburg-kreis/wildeshausen-demokratie-starke-zivilgesellschaft-gegen-neonazis-reichsbuerger-und-verschwoerungsideologen_a_51,11,2262417912.html Quelle: DOKU TOLL

Der Link zu dem Beitrag von DOKU TOLL mit weiteren Informationen: https://dokutoll.noblogs.org/post/2022/12/23/20-12-2022-nwz-jahresrueckblick-2022-auf-rechte-aktivitaeten-im-landkreis-oldenburg-mit-der-mobilen-beratung-gegen-rechtsextremismus-und-fuer-demokratie/

lkolpatriotinnen-Beitrag vom 19.10.2021: „19.09.2015: Recherche-Text «Die „Germanische Neue Medizin“»“

Quelle: lkolpatriotinnen

lkolpatriotinnen-Beitrag vom 19.10.2021: „Am 19.09.2015 schreibt «antifainfoblatt.de» in ihrem Recherche-Text «Die „Germanische Neue Medizin“»: „Weihnachten 2009 starb das Mädchen Sighild B. im Alter von nur vier Jahren an multiplem Organversagen in Folge von Überzuckerung. Ihre Eltern Baldur B. und Antje B. mussten sich fünf Jahre später vor dem Landgericht Hannover verantworten, weil sie dem Kind Insulin in lebensnotwendigen Dosen vorenthielten. Sie wurden zu Bewährungsstrafen verurteilt. Zuvor hatten der 32-jährige Vater und seine vier Jahre jüngere Ehefrau ärztliche Kontrollbesuche verweigert und sich laut Zeugenaussagen lieber mit den dubiosen Behandlungsmethoden der „Germanischen Neuen Medizin“ (GNM) des antisemitischen Verschwörungstheoretikers Ryke Geerd Hamer beschäftigt.

Davon war allerdings in der „Homestory“ unter dem Titel: „Ein Kind stirbt“ in der extrem rechten Zeitschrift „ZUERST! — Deutsches Nachrichtenmagazin“ wenige Monate später nichts zu lesen. Das Kind sei „ohne erkennbaren Grund“ und „still und ohne Schmerzen“ gestorben. Erwähnt wurde nur, dass Sighild B. auf der „Ahnenstätte Hilligenloh“ nahe Bremen beerdigt werden sollte, einem Friedhof, der jahrelang den antisemitischen und völkisch-religiösen „Ludendorffern“ zugeordnet wurde. An der Beisetzung soll Augenzeugenberichten zufolge auch der NPD-Fraktionschef Udo Pastörs aus Mecklenburg-Vorpommern teilgenommen haben.

Eine völkische Familiengeschichte

Die Eltern von Sighild B. bewegten sich von Geburt an in der rechten, vor allem völkisch geprägten Szene. Antje B.’s Vater, Holger J. aus Wildeshausen gilt als Führungsfigur der rassistischen und völkisch-religiösen „Artgemeinschaft — Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung“. Baldur B. und seine elf Geschwister wuchsen im sächsischen Wasserschloss Noschkowitz auf, nachdem ihr Vater Raimund B., ein bekannter Revisionist, Österreich verlassen hatte. Zuvor war Raimund B. Schatzmeister der später verbotenen „Nationaldemokratischen Partei“ in Österreich und Schlussredner beim Holocaust-Leugner-Kongress „Wahrheit macht frei“ 1990 in München. In dem noch immer existenten Förderverein des Schlosses Noschkowitz stehen auch bekannte rechte Namen auf der Mitgliederliste. So der rechte Verleger Roland Bohlinger, der jetzige baden-württembergische NPD-Vorsitzende Alexander Neidlein sowie Marc Müller vom Neonazi-Verein „Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung“. Die Kinder der Familie B. wurden zu den Lagern der neonazistischen „Wiking-Jugend“ (WJ) geschickt. Baldur B. und Antje B. gaben vor Gericht an, sich als Jugendliche „beim Tanzen“ kennengelernt zu haben. Die junge Frau wurde schwanger und das Paar kam zunächst bei Baldur B.’s Schwiegereltern in Wildeshausen unter. Es besuchte einige Treffen der „Artgemeinschaft“ in Ilfeld und nahm an einem „Arbeitseinsatz“ auf dem damaligen Neonazi-Treffpunkt „Heisenhof“ in Dörverden teil. 2007, zwei Jahre vor Sighild B.’s Tod, erhielten sie die Diagnose der schweren Diabetes für ihr Kind.

Die Mutter besuchte dann laut Zeugen einen Personenkreis in Uelzen in der Lüneburger Heide, der sich mit der „Germanischen Neuen Medizin“ (GNM) von Ryke Geerd Hamer beschäftigte. Vor Gericht relativierte Antje B. diese Anhängerschaft, wo sie behauptete, sie habe dort nur eine Freundin, die Tochter der führenden Neonazi-Funktionärin Edda Schmidt, besuchen wollen.

„Germanische Neue Medizin“

Mehrere Zeugen vertraten im Prozess die Meinung, die Eltern hätten nach und nach das Insulin reduziert. Der Onkel des Mädchens belastete seinen Bruder und die Schwägerin schwer. Vor allem Antje B. habe Rat bei der „Germanischen Neuen Medizin“ gesucht. Der deutsche Arzt Hamer darf aufgrund seiner fragwürdigen Behandlungsmethoden seit 1986 nicht mehr in der Bundesrepublik praktizieren. Seine Botschaft: Alle Krankheiten beruhen auf inneren Konflikten, löse man diese, verschwinde auch die Krankheit. Die Schulmedizin schade dem Heilungsprozess oft.

Nebenher fallen diverse Hamer-AnhängerInnen als AntisemitInnen auf. In seinen Büchern findet sich Verschwörungsideologie wie diese: „Unsere treugläubigen Gutdenk-Menschen [werden] von einer jüdischen Regierung wie die Lämmer in den Schlachthof zum Schächten dirigiert.“ Antje B. besorgte sich Bücher der GNM, der Uelzener Personenkreis lud einen der bekanntesten Vertreter der Hamerschen Lehre, Helmut Pilhar, ein. Der behauptet, die schulmedizinische Chemotherapie sei eine Erfindung der Juden, wie das NDR-Magazin „Panorama 3“ berichtete. Hamer selbst hatte erklärt: „Wir Nichtjuden werden gezwungen, weiterhin die jüdische Schulmedizin zu praktizieren. […] 15 Millionen Eurer Mitbürger aus Eurem Volke sind in den letzten 20 Jahren [durch diese] umgebracht worden.“1 Antje B. soll mit Ryke Geerd Hamer telefoniert haben, der habe dem Kind einen „Wasserkonflikt“ bescheinigt. Hamer riet ihr anscheinend nicht vom Insulin ab, forderte sie aber auf, den Sturz ins Wasser als Schockerlebnis wahrzunehmen und zu behandeln. Hamer musste sich in der Vergangenheit immer wieder vor Gerichten verantworten, weil er Patient_innen in akute Lebensgefahr gebracht haben soll.

Völkische Siedlergemeinschaft

Die Familie B. verfügte über diverse politische Kontakte. Vom Neonazi-Liedermacher Frank Rennicke bis hin ins völkische Siedlernetzwerk zwischen Koppelow und Lalendorf in Mecklenburg.2 Nach dem Tod von Sighild B. gründeten sie eine Siedlergemeinschaft in der Wedemark in Sachsen-Anhalt.

2010 war die inzwischen fünfköpfige Familie von Niedersachsen nach Sachsen-Anhalt umgezogen. Rund 60 Hektar wollte Baldur B. nun gemeinsam mit einem seiner Brüder bewirtschaften. Es wurden Firmen und eine Stiftung namens „Lebenshilfe“ gegründet und der Versuch gestartet, über Zwangsversteigerungen und Humusgewinnung Geld zu erwirtschaften. Außerdem wurden weitere (rechte) SiedlerInnen angeworben. Im Prozess in Hannover erweckten die jungen Eltern 2014 den Eindruck, der Diabetes-Diagnose nicht die benötigte Aufmerksamkeit gegeben zu haben. Das kleine Mädchen sei immer „genügsam und lieb“ gewesen. Die Mutter Antje B. räumte schließlich ein, wegen einer Erkrankung am Tag vor Heiligabend 2009 im Bett gelegen zu haben und nicht an das Insulin gedacht zu haben. Auch ihr Ehemann hatte keine Erinnerung daran, ob er Sighild B.’s Werte routinemäßig gemessen habe. Überhaupt schien er nur wenig über die lebensbedrohlichen Folgen für seine Tochter gewusst zu haben. In vielen völkischen Familien gilt laut Berichten von Szene-Insidern noch heute die Devise, den Nachwuchs möglichst abzuhärten und die Kinder viel sich selbst zu überlassen. Womöglich traf dies auch auf die Familie B. zu. Aufmerksame Ärzt_innen des Klinikums Braunschweig hatten nach der Diagnose 2007 zunächst noch das Jugendamt benachrichtigt. Eine Ärztin berichtete im Zeugenstand, die Eltern hätten etwas von einer „Rohkost“-Therapie erzählt, die Schulmedizin offensichtlich abgelehnt. Das Landgericht Hannover konnte den Eltern nicht eindeutig nachweisen, zu wenig Insulin verabreicht zu haben, daher blieb es bei einer Bewährungsstrafe wegen fahrlässiger Tötung.

Antisemitische Verschwörungstheorien

Laut NDR meldete sich nach dem Urteil Ryke Geerd Hamer zu Wort. Mit dem Tod des Mädchens wolle er nichts zu tun haben, für ihn könne nur eine „vorsätzliche Logen-Tötung mit Hilfe eines Todes-Chips“ in Frage kommen. Auch bei anderen verstorbenen Patient_innen der GNM war behauptet worden, in der Behandlung im Krankenhaus hätten diese unbemerkt einen Chip implantiert bekommen, so dass man sie „punktgenau ausknipsen konnte“.3 Hinter der Aussage zu Sighild B.’s Tod stehen u.a. antisemitische Verschwörungsideologien der GNM. So behauptete Hamer in einem anderen Zusammenhang, „jüdische Logen“ würden gegen seine GNM vorgehen. „In Deutschland kriegt kein Jude Chemo“ ist eine weitere seiner Behauptungen. Denn durch die Kanülen bei der Chemotherapie werden Hamers Aussagen nach besagte „Chips“ eingepflanzt, die mit „Giftkammern“ versehen seien, die per Satellit ausgelöst werden könnten, um Patient_innen gezielt zu töten.4

Man ist geneigt die dubiosen GNM-“Theorien“ als wirre Spinnereien abzutun, jedoch werden sie in manchen Kreisen durchaus ernst genommen werden. Wenn völkische Kreise in manchen Regionen unkontrolliert wirken, können sie hier zu einer realen Bedrohung werden.“. – Quelle: Redaktion Antifaschistisches Infoblatt (AIB)Quelle: lkolpatriotinnen

Der Link zu dem Beitrag von lkolpatriotinnen mit weiteren Informationen: https://lkolpatriotinnen.wordpress.com/2021/10/19/19-09-2015-recherche-text-die-germanische-neue-medizin/

16voll-Beitrag vom 29.06.2022: „Recherche: Harm Rykena“

16voll-Beitrag vom 29.06.2022:

Foto von Harm Rykena. Bildquelle: www.afd-oldenburg-land.de

Harm Rykena inzeniert sich gerne als seriösen Demokraten. Zuletzt beschwerte er sich in einer Stellungnahme über Proteste gegen den niedersächsischen AfD-Parteitag in Brettorf und warf CDU und SPD dabei nicht nur vor, keine Argumente zu haben, sondern phantasierte auch eine potenziell „mörderische“ Antifa herbei, mit welcher diese Parteien kooperieren würden. In einer Stellungnahme reagierte der Vorsitzende der Dötlinger CDU mit einigen Zitaten ehemaliger AfDler, welche die Radikalisierung der Partei belegen [1].

Und natürlich scheitert Harms Inzenierung bereits an der Tatsache, dass er Mitglied und Mandatsträger einer rassistischen, antisemitischen und queerfeindlichen Partei ist, jedoch gibt es ebenfalls trotz seiner zurückhaltenden Art einige Rissen im demokratischen Schein des Harm Rykena.

Zunächst wäre da die Teilnahme an einer Demonstration der AfD am 01.09.2018 in Chemnitz, die sich u.a. mit einem Aufmarsch der extrem Rechten Kleinstpartei „Pro Chemnitz“ zu einer extrem Rechten Großmobilisierung vereinigte [2] . Dieser Aufmarsch gilt als erster öffentlicher Schulterschluss der AfD mit dem militant-faschistischen Milleu. An der Demonstration nahmen diverse Neonazis, rechte Hooligans und Holocausleugner*innen teil. Teilnehmer dieser Versammlung waren nicht nur die späteren Rechtsterroristen von „Revolution Chemnitz“, sondern auch der Mörder von Walter Lübcke (CDU), Stephan Ernst, und sein Freund und Helfer Markus Hartmann, die nach eigenen Angaben während der Veranstaltung in Chemnitz den Entschluss zum Mord gefasst haben. Beide waren im übrigen Wahlkampfhelfer und regelmäßige Teilnehmer von AfD-Stammtischen [3].

Harm Rykena reagierte später in einem NWZ-Artikel auf Kritik bezüglich seiner Teilnahme, indem er davon sprach, nur „ruhige und ausgeglichene Menschen“ gesehen zu haben und wischte den Vorwurf der Radikalisierung beiseite [4]. „exif-recherche“ schrieb hingegen: „Der rassistische Mob griff an diesem Tag mehrfach und massiv Presse, Geflüchtete und Polizei an. In Folge der Eskalation wurde der Aufmarsch aufgelöst.“ [5]

Harm Rykena auf der Versammlung in Chemnitz am 01.09.2018 mit Alexander Tassis, einem Flügel-Nahen Bremer AfD-Mitglied [6]. Bildquelle: Screenshot Facebook
Eine weitere spannend Verbindung zur extremen Rechten innerhalb der AfD besteht außerdem durch die Beschäftigung des späteren Direktkandidaten zur Bundestagswahl im Wahlkreis 28, Adam Golkontt, als Bildungsreferent im niedersächsischen Landtag [7]. Golkontt pflegt offen Kontakte zu deutschen und polnischen Faschisten, beispielsweise stellten Bremer Hooligans auf einer von Golkontt angemeldeten Versammlung anlässlich des polnischen Unabhängigkeitstages den Ordnungsdienst [8]. Zudem ist er Vorsitzender der Christen in der AfD, einer rechtsradikalen Strömung innerhalb der AfD. Mittlerweile arbeitet Golkontt in der sächsisch-anhaltischen AfD-Landtagsfraktion.

Rykena schreibt lobend, dass „nicht zuletzt der gute Eindruck dieser Teilnahmen [bei interfraktionellen Treffen der AfD]“, der durch „regelmäßige Teilnahme [und durch] unsere inhaltlichen Beiträge“ entstanden sei, dazu beigetragen habe, dass Golkontt schnell einen neuen Arbeitsplatz im AfD Kosmos gefunden hat [7].

Mit Golkontt verbindet Rykena außerem die Mitarbeit im „Arbeitskreis Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes in der niedersächsischen AfD“. Jener Arbeitskreis hat einen Handlungsleitfaden für öffentlich Beschäftigte AfD-Mitglieder herausgegeben, die sich wegen der Überwachung durch den Verfassungsschutz sorgen machen. Diese Sorge hat sich mittlerweile bestätigt. Rykena kennt sich also allein schon durch seine Mitarbeit in diesem Arbeitskreis hinreichend mit den extrem Rechten Aktivitäten seiner Partei aus.

Gruppenbild des „Arbeitskreis BANI“ am 01.11.2020. 3. v. R.: Andrea Merschel, Harm Rykenas Lebensgefährtin und Lehrerin an der Grundschule Ahlhorn. Bildquelle: Screenshot Facebook

Darüber hinaus ist Rykenas Nähe zu der sich im Zuge der Corona-Pandemie formierenden rechten Sammelbewegung rund um „Freie Niedersachsen“ und „Querdenken“ auffällig. Darunter fällt nicht nur die regelmäßige Teilnahme an Versammlungen im Landkreis Oldenburg im Verlauf der letzten Monate, welche auch auf diesem Blog dokumentiert sind [9]. Bei diesen Versammlungen kam es zu einigen Übergriffen auf Antifaschist*innen und Journalist*innen [10]. Zudem trug er sehr wahrscheinlich zum Druck von Stickern in Kooperation mit der verschwörungsideologischen Gruppe „Freiheitsboten Oldenburg“ bei [11]. Ein Bild von Rykenas Facebook-Account zeigt ihr außerdem auf einer verschwörungsideologischen Großdemonstration am 07.11.2020 in Leipzig, auf welcher es ebenfalls, angeführt von neonazistischen Hooligans, zu Ausschreitungen kam [12]. Diese Begeisterung für Verschwörungsideologien, die notwendigerweise mindestens eine Anschlussfähigkeit für Antisemitismus besitzen, zeigt sich bei Rykena schon vor etwa 4 Jahren durch mittlerweile nicht mehr nachzuvollziehende Likes für die Band „Die Bandbreite“ bei YouTube [13].

Links: Auch auf Facebook verteilt Rykena extrem Rechte Likes. Rechts: Rykenas Facebook-Freundschaft mit einem Neonazi. Bildquellen: Screenshots Facebook

Was Likes in den Sozialen Medien angeht, ist auch Rykenas Facebook-Auftritt aufschlussreich. Unter den Seiten, die ihm gefallen, sind unter anderem: die Community „Der Flügel“, die Flügel-Organisation „Patriotische Plattform“, die Seite „JA zu Björn Höcke“ oder die Community „Solidarität mit Tatjana Festerling“. Bei Festerling handelt es sich um ein ehemaliges AfD-Mitglied, das nach positiven Äußerungen über eine extrem gewaltätigen „Hooligans gegen Salafisten“-Demonstration in Köln aus der AfD herausgedrängt wurde und später Pegida-Aktivistin geworden ist. Außerdem findet sich in seiner Freund*innenliste z.B. der Neonazi Dennis Schnier (Brake) [14].

Ein AfD-Treffen 2015; u.a. zu sehen: die Rechtsaußen-Parteimitglieder Jens Kestner sowie Maik Schmitz und Mario Olsson [15] neben Harm Rykena. Bildquelle: Screenshot Facebook“ Quelle: 16voll
Der Link zu dem Beitrag der Antifaschistische Vernetzung Oldenburger Land mit weiteren Informationen: https://16voll.noblogs.org/post/2022/06/29/recherche-harm-rykena/

16voll-Beitrag vom 31.01.2022: „Antifaschistischer Monatsbericht Januar 2022 (2): Landkreis Oldenburg“

16voll-Beitrag vom 31.01.2022: Rechte Aktivitäten der Freien Niedersachsen in Wardenburg

Die Versammlungen in Wardenburg fanden sonntags am 02., 09. und 16.01 statt, an den ersten beiden Tagen berichtete das Bündnis für solidarische Intervention (BfsI) auf Twitter. Außerdem bestätigte ein Sprecher der Gemeindeverwaltung Wardenburg in einem NWZ-Artikel vom 05.01 unsere Beobachtung, dass ein Großteil der Teilnehmenden bei den Versammlungen im Dezember aus der näheren Region angereist sind.

Am 02.01 befand sich Martin Henning vom Kreisverband der Partei dieBasis unter den etwa 90 Teilnehmenden. Laut BfsI waren außerdem AfD-MdL Harm Rykena sowie Anke Wolff, Jeannette Harmjanz und Alexander Goretzki von dieBasis anwesend. Bemerkenswert war außerdem eine Person in einem Pullover des extreme Rechten Kampfsportevents „Kampf der Nibelungen“ (KdN).

Auch aus dem Landkreis Wittmund reisten zwei Vertreter*innen der Partei dieBasis an. Kennzeichen: WTM-B-322.

Anke Wolff, die bereits bei Querdenken441 mitmischte, ist seit dem Frühjahr 2021 weniger in der Öffentlichkeit präsent. Sie wohnt in Ahlhorn und ist bundesweit in der Szene vernetzt, u.a wird sie als „Gewerkschaftsführerin“ der Schein-Gewerkschaft „Demokratische Gewerkschaft“ aufgeführt, welche bis auf einen Internet-Auftritt und einigen dort veröffentlichten Berichten keine real existierenden Strukturen zu haben scheint.

Impressum der Scheingewerkschaft „Demokratische Gewerkschaft“. Inhaltlich verantwortlich ist der Verein „Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand“ (KDW) von Anselm Lenz. Bildquelle: Screenshot von der Seite www.demokratischegewerkschaft.de

Am 09.01 kamen bei schlechtem Wetter etwa 60 Personen. Diesmal war die Polizei mit einem großen Aufgebot vor Ort, kesselte die Demonstration zu Beginn und verhängte Auflagen. Im weiteren Verlauf kam es zu einem unübersichtlichen Katz- und Maus-Spiel, das für viele der Demonstrant*innen in einer Maßnahme endete. Gegen Personen wurden Ordnungswidrigkeitenverfahren aufgrund von Verstößen gegen die Maskenpflicht eingeleitet. Auch hier war Harmjanz anwesend.

Bild der Partei dieBasis vom 18.07.2021. Zu sehen: Alexander Goretzki (1), Anke Wolff (2) und Jeannette Harmjanz (3). Bildquelle: www.diebasis-oldenburg.de

Am 16.01 bot sich ein ähnliches, jedoch etwas weniger chaotisches Bild. Die Anzahl der Teilnehmenden stagnierte in etwa, darunter der einschlägig bekannte Paul de Vries, der sich am Rande der Veranstaltung aufhielt. De Vries, der bereits in Wildeshausen und Hude an Übergriffen beteiligt gewesen war, fungierte in der selben Woche am 10.01 bei einer Versammlung von Freie Niedersachsen in Rastede als Anmelder einer Spontanversammlung. Auch Martin Henning war wieder mit von der Partie. Auch dieser hat eine Vorgeschichte, da er am 14.08.2021 in Oldenburg mit einem Übergriff auf einen freien Journalisten im Rahmen einer Versammlung von Querdenken441 aufgefallen war, bei der er auch Reichsbürgerglaubenssätze verbreitete.

Etwa 8 Personen änderten die klassische Taktik des „Spazierengehens“ und stellten sich mit Kerzen, Musik und Tröten in einer Reihe auf Höhe des Bioladens an die vielbefahrene Oldenburger Straße.

Martin Henning, neben Anne Müller, kurz nach dem Angriff auf einen freien Journalisten. Beide waren an der Gründung des dieBasis-Kreisverbands „Hunte-Weser-Ammerland“ beteiligt. Bildquelle: Pixel Matsch

In der Folge wurde entschieden, die Versammlungen künftig auf montags zu verschieben. Wie zu erwarten, sank die Teilnehmendenzahl am Montag, den 24.01 auf etwa 20 Personen, da ein Großteil der Teilnehmenden der vergangenen Versammlungen aus dem näheren Umland kamen und deshalb vermutlich an den Versammlungen in Oldenburg und in den Landkreisen Ammerland und Oldenburg teilnahmen. Entsprechend wurde sich an der Aktion des vorangegangenen sonntags orientiert und eine stationäre Versammlung mit Kerzen an der Oldenburger Straße/Ecke Friedrichsstraße abgehalten. Der Form nach erinnern die Proteste an die rechten Protestaktionen entlang der Bundesstraßen 96 und 6 bei Görlitz. Dass diese das Vorbild sein könnten liegt auch deshalb im Bereich des Möglichen, da die Neonationalsozialistin Nicole Dobiasch bei der Aktion gesehen worden ist. Weitere Informationen zu Nicole Dobiasch: www.antifaelf.blogsport.de/2021/02/19/dassindwiroldenburg-eine-vernetzung-von-ganz-rechts

Nicole Dobiasch mit Mikro am 09.05.2020 auf der „Menschenwürde Demo“ in Oldenburg.

Am 31.01 sanken die Teilnehemendenzahlen weiter auf maximal ein Dutzend, wobei man sich fortan ganz auf das Stehen an der Oldenurger Straße konzentrierte. Zuvor veröffentlichte der Rat der Gemeinde Wardenburg mit Unterstützung vieler Vereine die sogenannte „Wardenburger Erklärung“, in welcher die „Corona-Spaziergänge“ wegen der Organisation durch „demokratie- oder verfassungsfeindliche Organisationen“ kritisiert werden.

Links: Ankündigung in der Facebook-Gruppe „Wardenburg, meine Gemeinde“ von Romano Winter für den 24.01 im bekanntem Wardenburger-Layout. Bildquelle: Screenshot Facebook
Rechts: Ankündigung der Versammlung für den 31.01 in der Telegram-Gruppe „Freie Niedersachsen“. Bildquelle: Screenshot von dem Telegram-Kanal „Freie Niedersachsen“

Rechte Sticker- und Propaganda im Landkreis

Auch im Januar haben wir wieder diverse rechte Sticker im Landkreis dokumentieren können. In Ahlhorn (Gemeinde Großenkneten) organisierte die Gruppe „Mit-Denken Ahlhorn“ gegen die Vielzahl an Stickern, u.a. von der Identitären Bewegung (IB) und aus dem Online-Shop des Hallenser Neonazis Sven Liebich, „politaufkleber“, eine Reinigungsaktion. Sticker aus Liebichs Online-Shop wurden in den letzten Monaten auch in anderen Gemeinden im Landkreis gefunden, vor allem in Wardenburg. Stephan Heide schrieb für „der rechte rand“ in Ausgabe 189 im März 2021 zu Liebich:

Seit den 1990er Jahren gehörte der heute 50-Jährige zu den führenden Neonazis in Sachsen-Anhalt. Neben seinem früheren Job als Angestellter des Finanzamts war er Straßenaktivist, Versandhändler, Ladenbetreiber und galt als treibende Kraft hinter der »Blood-&-Honour«-Sektion Sachsen-Anhalt.

[…] Nachdem er 2020 die Verantwortung für den »Shirtzshop« an seine Schwester abgegeben hat, betreibt er ein weiteres Unternehmen, das Shirts und Utensilien für den politischen Aktivismus bedruckt und über seine Plattform vertreibt. Dieses Sortiment zeichnet sich durch die unverhohlene Zurschaustellung seines Vulgär-Rassismus aus, durch unangemessene NS-Vergleiche und die Verhöhnung der Opfer.

Rechte Sticker, u.a. von der IB, traten geballt in der Nähe der Wohnorte von Harm Rykena (Visbeker Straße 17) und Dierk Horstmann (Wildeshauser Straße 56) in Ahlhorn auf. Bei Horstmanns Privatadresse fand am 01.09.2019 im übrigen das Sommerfest des AfD Kreisverbands Oldenburg Land statt. Eingeladen hatte der ehemalige Ortsvorsitzende Daniel Kuper.

Bereits im August 2018 waren die Aufkleber der IB so massiv im Ortsbild von Ahlhorn präsent, dass sich sogar die Gemeindeverwaltung in Form der Integrationsbeauftragten einschaltete und der Bauhof Dutzende Sticker entfernte. Dies berichtete damals die „Kreiszeitung“.

Einer der in Ahlhorn 10.08.2018 gefundenen am Aufkleber. Bildquelle: Gemeinde Großenkneten

Dass die Sticker von Dierk Horstmann direkt stammen, erscheint möglich. Wie wir im Monatsbericht November 2021 dokumentiert haben, teilte er Inhalte der IB auf Facebook.

Links: IB-Sticker „Ja Europa, nein Union“ vom 05.01 Ecke Wildeshauser Straße/Schulweg.
Rechts: Rundaufkleber „Unser Land – Unsere Werte“ mit dem IB-Logo entdeckt am 23.01 an der Kreuzung Wildeshauser Straße/Visbeker Staße.

Auffällig oft wurden außerdem Motive „Gesundheitsempfehlung deiner Regierung“ verklebt, die mutmaßlich in Kooperation von AfD MdL Harm Rykena und Querdenken-Strukturen rund um Luise de Bruin und die „Freiheitsboten Oldenburg“ entstanden sind. Das gehäufte Auftreten an Rykenas Wohnort dürfte den Verdacht erhärten, den wir im Monatsbericht Dezember 2021 folgendermaßen artikulierten:

Über den Druck im großen Stil eines sehr ähnlichen Motivs [wie dem als Sticker gefundenen] wurde in der Gruppe ‚Freiheitsboten Oldenburg‘ zwischen dem AfD MdL Harm Rykena und der Querdenken441-Mitorganisatorin Luise de Bruin diskutiert. Rykena bot an, dass sich der Druck ‚regeln lasse‘, wenn es eine bessere Druckvorlage gäbe. Dass die Sticker durch diese Strukturen verbreitet werden, liegt Nahe.

Mehrere verklebte „Gesundheitsempfehlung deiner Regierung“-Aufkleber an der Bushaltestelle „Brandes“, Wildeshauser Straße am 05.01. Im Hintergrund links schlecht zu erkennen der Aufkleber „Stopp Tierversuche – nehmt Poltiker der Altparteien!“ aus dem Online-Shop „politaufkleber“.

Zudem wurden, in durchschaubarer Absicht, in der Nähe der drei Ahlhorner Schulen, einem Kindergarten und einem Test-Zentrum Aufkleber mit den Aufschriften „UNMASK OUR KIDS“, „UNMASK OUR KIDS #WETHEPARENTS“ und „UNMASK OUR CHILDREN #LETSKIDSBEKIDS“ angebracht. Desweiteren wurde dort das Schild des Test-Zentrums beschädigt. Die Organisator*innen „Mit-Denken Ahlhorn“ schrieben dazu in einer Pressemitteilung:

Was aber nicht geht sind dubiose Sticker in der Nähe zu Kindergärten und Schulen. Hier werden bewusst Eltern und vor allem auch Kinder verunsichert“, erläutert Michael Schäfer. Neben Stickern und Schmierereien wurde auch Müll gesammelt. „In den Wohngebieten findet sich doch so einiges, was achtlos in den Straßengraben weggeworfen wird.

Aufkleber mit den Aufschriften „UNMASK OUR KIDS“, „UNMASK OUR KIDS #WETHEPARENTS“ und „UNMASK OUR CHILDREN #LETSKIDSBEKIDS“ alle gefunden am 06.01 in Ahlhorn.

Bei der einer Schmierereien handelt sich es um ein mit weißer Sprühfarbe gemaltes Hakenkreuz, welches an einem Laternenpfahl in der Sandhörn-Straße, ganz in der Nähe von dem Haus von Siemone H., gefunden und entfernt wurde. Die Nordwest-Zeitung berichtete im Nachhinein über die Aktion.

Ähnliche Motive, vor allem die Karl-Lauterbach-Booster-Aufkleber (bundesweit verbreitet, vor allem auch in Oldenburg) sowie die Sticker aus den Kreisen der „Freiheitsboten Oldenburg“ fanden sich auch in Wildeshausen. Die Sticker sind auch bestellbar in dem Online-Shop „Phalanx Europa“ von der IB.

Aufkleber „Booster Abo“ in Ahlhorn; Ecke Wildeshauser Straße/Waldstraße . Am 29.12 klebte auf dem selben Mülleimer ein „Gesundheitsempfehlung deiner Regierung“-Aufkleber.

Auch im nahegelegenden Winkelsett (Colnrade; Samtgemeinde Harpstedt) wurden diese Propaganda-Artikel entdeckt. Darüber hinaus wurden auch hier bzw. im angrenzenem Hunteweg (Gemeinde Dötlingen) Sticker der IB verklebt. Als zusätzliches „Wildeshauser Phänomen“ sind die aus den letzten Monaten bekannten, von Impfgegner*innen selbst-kreierten Sticker zu benennen.

Diverse Sticker „Heimatschutz statt Mundschutz!“, „Mensur“ und „Still not loving Antifa“ aus dem Online-Shop „Phalanx Europa“ der IB, gefunden am 09.01 in Wildeshausen und Dötlingen.

In der Gemeinde Wardenburg wurde am 01.01 ein weiterer „Impfen macht frei“-Sticker in Hundsmühlen an der Bushaltestelle „Hunteweg“ gefunden. Zwei Tage später, am 03.01, wurde ein Aufkleber des verschwörungsideologischen Telegram-Kanals „THE WHITE ROSE“ an einer Laterne auf dem Parkplatz des Test-Zentrums an der Oldenburger Straße 221 gefunden. Diese finden seit einigen Monaten auch in Oldenburg rege Verbreitung. Am 24.01 wurden ebensolche Sticker der verschwörungsideologischen Kampagne „Join the White Rose“ auf der Demonstration von „Freie Oldenburger“ verteilt. Außerdem wurden am 24.01 erstmals Aufkleber mit der Aufschrift „Freiheit statt Sozialismus“ und „AfD – Die Realisten“ aus dem AfD-Onlineshop in Tungeln an der Bushaltestelle „Tjarks“ gefunden.

Links: Antisemitischer „Impfen macht frei“-Sticker in Hundsmühlen an der Bushaltestelle „Hunteweg“.
Rechts: Aufkleber der Kampagne „Join the White Rose“ auf dem Parkplatz vor dem Testzentrum an der Oldenburger Straße 221.

Corona-Rechte in der Gemeinde Großenkneten mit Schwerpunkt Ahlhorn

Wie die regen Propaganda-Aktivitäten in Ahlhorn schon vermuten lassen, gab es auch im Januar Aktivitäten auf der Straße, indem sich die „Montagsspaziergänge“ fortsetzten. Die Teilnehmendenzahlen bewegten sich permanent im Bereich von maximal einigen Dutzend, sanken aber zum Ende des Monats.

Am 03.01 versammelten sich etwa 30 Personen und gingen, ohne Maske oder Abstand, die Wildeshauser Straße entlang und legten am Polizeistein Kerzen ab. Die AfD Oldenburg Land vermeldete dies als „Erfolg“ und schrieb über „verdoppelte Teilnehmerzahlen“ (45), lieferte jedoch ein Video mit, das diese Einschätzung widerlegt. Mit dabei unter anderem AfD Kreisvorsitzender und Landtagsabgeordneter Harm Rykena.

Am 10.01 versammelte sich erneut eine Menge in ähnlicher Größe am Treffpunkt an der Polizeiwache und zog die Wildeshauser Straße entlang. Unter ihnen war auch wieder Harm Rykena. Diesesmal stoppte die Polizei nach Angaben der AfD Oldenburger Land den Aufzug zur Durchsetzung der Maskenpflicht (und fotografiert ihn angeblich sogar ab), wobei es zu einer Auseinandersetzung zwischen Polizei und Demonstrant*innen gekommen sein soll, dabei wurde eine Person festgenommen.

Am 17.01 organisierte ein Parteien-Bündnis von SPD, B90/Die Grünen und der Linkspartei unter dem Namen „Mit-Denken Ahlhorn“ erstmals Gegenprotest in Ahlhorn, welcher promt etwa 60 Menschen anzog und insofern erfolgreich war, als dass es nicht wie üblich eine Versammlung der Corona-Rechten bei der Volksbank gab. Jedoch filmte Martin Gramsch, regelmäßiger Teilnehmer*innen der „Spaziergänge“, die Kundgebung ab. Diese Videoaufnahme wurde dann auf dem Blog der AfD Oldenburger Land veröffentlicht.

Ein Screenshot von dem Blog, das Martin Gramsch von der Gegenkundgebung aufnahm und welches noch am selben Abend bei der AfD Oldenburger Land veröffentlich worden ist. Bildquelle: Screenshot von der Seite www.afd-oldenburg-land.de

Einige der Ahlhorner*innen wichen nach Großenkneten aus, wo sich maximal 25 Personen (AfD-Angaben, eigenes Video 16 Personen) versammelten und beim Rathaus Kerzen hinstellten. Diese Ausweichversammlung wurde vorher nicht öffentlich angekündigt, was zeigt, dass es auch im ländlichen Raum eine mobilisierbare Szene gibt, die sich koordinieren kann, auch wenn diese nicht bedrohlich groß ist.

Links: Ein eigenes Video der AfD, das 16 Teilnehmende zeigt, während von 25 geschrieben wird. Bildquelle: Screenshot von der Seite www.afd-oldenburg-land.de
Rechts: Nachricht im Kanal der „Freie Niedersachsen“, die von ca. 20 Teilnehmenden spricht. Bildquelle: Screenshot von dem Telegram-Kanal „Freie Niedersachsen“

Am 24.01 fand wiederum eine Versammlung aus dem Spektrum der Corona-Rechten statt, allerdings kamen dieses Mal nur 9 Personen zum Teil mit auf Fahrrädern.

Corona-Rechten unterwegs mit Fahrrädern und Lichterketten entlang der Wildeshauser Straße.

Am 31.01 versammelten sich ebenfalls kleine Grüppchen mit insgesamt 15 Leuten, von denen zwei Leute in einer Polizeimaßnahme auf der Polizeiwache landeten. Gegen drei Personen wurden Ordnungswidrigkeitenverfahren aufgrund von Verstößen gegen die Maskenpflicht eingeleitet.

Regelmäßige Teilnehmer*innen der Aufzüge waren die Familien Gramsch und Tegeler. Martin Gramsch wohnt mit seiner Familie in Ahlhorn (Vogelbeerweg 2) und arbeitet bei Clever Etiketten – Nord im Außendienst.

Geschäftsführer bei Clever Etiketten ist Steffen Gramsch. Auch im „Team“ Martin Gramsch. Bildquellen: Screenshot von der Seite www.clever-nord.de

Die Familien von Martin und Christine Tegeler (Ahlhorn, Breslauer Straße 5) traffen sich auch außerhalb der genannten Daten zum Spaziergehen mit einer Lichterkette in Ahlhorn.

AufAbstand schreibt zu Friedrich Tegeler, dem Mann von Christine Tegeler:

Am 6. Juli [2020] schreibt er in der Telegram-Gruppe [Querdenken441] der sog. ‚Volkslehrer’ Nikolai Nerling sei nicht rechtsextrem und er würde den Großteil seiner Ansichten unterstützen. Außerdem kenne er ihn persönlich ziemlich gut.

Seine Verlinkungen zum ‚Volkslehrer’ waren zuvor auf Kritik gestoßen, da eine Verbindung zu Rechtsextremisten es den Medien ermögliche, die Gruppe in ein schlechtes Licht zu rücken.

Zudem behauptete er, an einem Treffen verschiedener ‚Weltanschauungen’ teilgenommen zu haben, bei welchem auch ‚hochrangige’ Vertreter*innen des Christentums, Heidentums, des Nationalsozialismus, des Liberalismus und der ‚Ludendorffer-Philosophie’ anwesend gewesen sein sollen.

Privates Bild von Friedrich Tegeler. Bildquelle: AufAbstand

Darüber hinaus wurde in der Vergangenheit auf dem vorherigen Grundstück der Familie die Reichskriegsflagge gehisst, was zu Informationen passt, nach denen am VW-Bus der Familie 2020 ein „Q“-Aufkleber klebt. Dieser bezieht sich auf den antisemitischen Verschwörungsmythos QAnon. Außerdem ist die Familie dafür bekannt, an der Grundschule Ahlhorn wegen Corona-bezogenen Themen für Stress zu sorgen. Friedrich Tegeler postete außerdem am 26.02.2021 in der Telegram-Gruppe „DasSindWirCloppenburger“ ein geschnittenes Video, auf dem er, von Marschmusik unterlegt, an einem mit „Stop Racism“ bemalten Stromkasten an der Hauptstraße in Großenkneten die verleumdnerische Parole „Anti White“ anbringt.

Propagandistisch sticht in Ahlhorn vor allem ein Ort heraus: Das Atelier „Kunstbaude“ von Annette Lübke auf dem Sandhörn 2A. Die Schaufenster des Ateliers sind voll mit Material der verschwörungsideologischen Kleinpartei dieBasis, ausgedruckten Link-Sammlungen und Statistiken sowie bekannten Motiven aus der Querdenken-Szene wie Motive der „THE WHITE ROSE“-Sticker oder Zitate aus den Flugblättern der tatsächlichen NS-Widerstandgruppe „Weiße Rose“. Dieser Vergleich relativiert ganz offensichtlich den Terror des NS-Regimes gegen seine Gegner*innen.

Die Kanalbeschreibung einer der dort auf einem Zettel beworbenen Telegram-Kanäle, „Graphene Research“, spricht ebenfalls für sich: „Graphene Research – Verhaltenskontrolle der Bevölkerung durch ferngesteuert, angeregte Graphenoxid-Nanopartikel (5G Technologie) – Vaccine – Covid19 – Mind Control – 1984 – Transhumanismus“

Bilder von den Schaufenstern des Ateliers „Kunstbaude“ in Ahlhorn.

Corona-Rechte in Wildeshausen mit Verbindung zu Polizeibeamten?

Martin Gramsch heißt auf Telegram vermutlich „Cloosed“. Unter diesem Namen schlug er in den Kommentaren der rechten Freien Niedersachsen vor, in Wildeshausen auch an anderen Tagen der Woche zu demonstrieren, um den „linksradikalen“ vom Bündnis „Mit COURAGE gegen Rechts“ (MiCOU) auszuweichen. Das war 03.01.2022, dem Tag, an dem den Freien Niedersachsen erstmals wieder ein kleiner Spaziergang in Wildeshausen gelang. Mehrere Personen liefen gegen 17.30 Uhr mit großen Kerzen durch die Innenstadt und wurden später von der Polizei angehalten den Marktplatz zu betreten. Es kam zu einigen Diskussionen mit der Polizei, während vor dem Rathaus eine Gegenkundgebung von MiCOU startete. An diesem Gegenprotest nahmen etwa 80 Personen teil. An dem kleinen Aufmarsch nahmen ungefähr 15 Personen teil. Auch diese Ausweichversammlung wurde vorher nicht öffentlich angekündigt. Ein weiteres Beispiel, dass es hier im Landkreis eine mobilisierbare Szene gibt, die sich koordinieren kann.

Links: Screenshot von der Cloosed-Unterhaltung. Bildquelle: Sreenshot Telegram
Rechts: Ankündigung der Versammlung in der Telegram-Gruppe „Freie Niedersachsen“. Bildquelle: Screenshot von dem Telegram-Kanal „Freie Niedersachsen“

Eine Woche später (10.01) waren nur 20 Personen auf der Seite der „Spaziergänger*innen“ anwesend. Einige dieser Personen waren einen Tag später (11.01) in Harpstedt beim Aufmarsch mit dabei.

Von der angekündigten „Null-Toleranz“ der Polizei konnte nichts in Wildeshausen festgestellt werden. Vorort wurden keine Personalien festgestellt. Auch wurde dem wiederholten provokanten Fehlverhalten seitens der Corona-Rechten nicht nachgegangen. Stattdessen wurde nur darauf hingewiesen, dass nicht mit mehr als drei Personen ohne Maske zusammen stehen dürfen. Der Aufmarsch der Corona-Rechten verlief sich schnell. Erfreulicherweise waren einige Gegendemonstrant*innen auf dem Marktplatz anwesend, trotz fehlender Gegenkundgebung von dem Bündnis MiCOU.

Auch am darauffolgenden Montag (17.01) blieb die Beteiligung an den Aktionen der Corona-Rechten in Wildeshausen gering, im Umfeld einer Menschenkette vom Bündnis MiCOU mit dem Titel „Nachdenken statt Querdenken – kein Platz für Querdenken und rechte Hetze!“ mit ca. 80 Menschen versammelten sich wieder zwischen etwa 15-20 Personen, die keine Maske tragen wollten und teilweise dazwischen riefen. Wieder dabei war Markus Milke („Schrotti Milke“) der schon in der Vergangenheit mit Zwischenrufen die Aufmerksamkeit auf sich zog. Bei der Schweigeminute war es aber immerhin still auf dem Marktplatz, als den Opfern der Corona-Pandemie gedacht wurde. Erwähnenswert ist es, dass die Polizei zum ersten Mal anscheinend Videoaufnahmen von den Corona-Rechten anfertigte.

Personen am Rande der Gegenversammlung, die bereits auf den „Spaziergängen“ gesehen wurden. Bildquelle: MiCOU

Dass Wildeshausen ein schwieriges Pflaster für Corona-Rechte ist, beklagte anschließend Sven André Debicki auf seinem Telegram-Kanal „Wildeshausen“. Dort verbreitet er seit Dezember 2021 Aufrufe für Versammlungen von Corona-Rechten in der Region u.a. in Hude und kommentiert vereinzelt das Geschehen rund um die Proteste, wobei er auch auf Aussagen von AfD-Mann Harm Rykena zurückgreift. Debicki ist laut der Internetseite der „Unabhängigen Wählergemeinschaft“ (UWG), für die er bis 2021 im Wildeshauser Stadtrat saß, Polizeibeamter. Ein NWZ-Artikel von 2014 erwähnt die Betätigung als Bundespolizeibeamter in Uelzen, von der er für sein Ratsmandat freigestellt worden sei. Er verkündete im August 2021, dass er und seine Frau Vera Debicki, die für die SPD von 2011-2021 in den Stadtrat gewählt worden war, bei der Kommunalwahl 2021 nicht mehr antreten werden. Als Grund nannte er die „Corona-Diktatur“ und den „Great Reset“. Verbreitet wurde diese und andere Mitteilungen auf seinem Twitter-Account „Herzanlage“. Dort teilt er Inhalte des rechtsextremen Medienprojekts „AUF1“ aus Österreich, welche den Verschwörungsmythos einer von „den Mächtigen“ geplanten Pandemie beinhalten. Eine weitere gerne geteilte Quelle ist „klagemauer.tv“, das Internetportal der „Organische Christus Generation“-Sekte. Dieser widmete sich Belltower-News in einem längeren Artikel, aber so viel sei an dieser Stelle gesagt: es handelt sich bei „klagemauer.tv“ um ein zutiefst antisemitisches Medienportal einer zutiefst antisemitischen Sekte. Vervollständigt wird das rechte Weltbild von der Einbildung einer mächtigen queerfeministischen und antirassistischen Lobby (Wortlaut: „Propaganda-Loge“).

Oben: Debicki gibt seinen Rückzug und den seiner Frau aus der Kommunalpolitik bekannt. Bildquelle: Twitter
Mitte: Debicki auf der Website der UWG-Fraktion im Widleshauser Stadtrat 2016-2021.
Bildquelle: Screenshot von der Seite www.uwg-wildeshausen.de
Unten: Kandidat*innenbild von Vera Debicki für die SPD bei der Kommunalwahl 2016. Bildquelle: www.spd-wildeshausen.de

Sind das nur Ausrutscher bei der Quellenauswahl? Nein, das zeigt sein Telegram-Kanal.

Geraunt wird dort in selbst geschriebenen Textem über die gekaufte Presse, die „Flüchtlingskrise 2015“, 9/11 oder was auch immer den Erleuchteten (Verschwörungsideolog*innen) gerade noch so zur Projektion ihres Kontrollverlustes dient. Das politische System wird scheinbar wahllos als kommunistisch, faschistisch oder feudal diffamiert. Auch wird dort mit Shoa-Relativierungen kokettiert, wenn er etwa schreibt, Demonstrierende gegen die Corona-Rechten würden diese „mit stigamatisierender und diffamierender Art und Weise in den nächsten gedanklichen Diktatur-Eisenbahnwaggon Richtung Impflager schicken“ wollen (vom 19.01.2022). Diesen Eindruck bestätigt ein „Impfung macht frei“-Bild, das Debicki am 15.07.2021 auf seinem Twitter-Account veröffentlichte. Für ein solches Bild auf Facebook verurteilte das Amtsgericht Aichach im Januar 2022 einen Mann wegen Volksverhetzung.

Das gleiche Shoa-relativierende Motiv, wie es auf zahlreichen Aufklebern Verbreitung fand, auf dem Twitter-Account von Debicki. Bildquelle: Screenshot Twitter

Dazu kommen die üblichen verschwörungsideologischen Vorstellungen über „die“ lügende, allmächtige, globale Elite („Pharmafirmen plus BlackRock“), sowie die Berufung auf ein vermeintlich privilegiertes Wissen um das große Ganze, das die „Schlafschafe“ nicht verstehen würden. Verbunden wird diese angebliche priviligierte Erkenntniszugang mit dem Verweis auf Gott, Liebe und Licht („Krieger des Lichts“, „Gott ist Liebe“ und „Ich möchte zurück ins Licht“).

Die alles verbindende Erzählung ist natürlich der „Great Reset“. Neben seinen eigenen Texten teilt er fleißig verschwörungsideologische Größen wie Ken Jebsen, Xavier Naidoo, Tim K. oder Aktivist Mann. Der Kanal an sich ist von der Reichweite her jedoch irrelevant (26 Follower, Stand: 03.01.2022) und nur insofern von Interesse, als das er die höchst problematischen Ansichten eines (ehemaligen?) Bundespolizisten zeigt.

Debicki postet ein Bild, das seinen Telegram-Account mit Schreibzugriff auf den Kanal „Wildeshausen“ zeigt bei Twitter. Zudem ist die aufgenommene Nachricht mit seinem Namen unterschrieben. Bildquelle: Screenshot Twitter

Am 24.01 versammelten sich etwa 20-25 Personen in Kleingruppen auf dem Marktplatz, unter ihnen auch Stefan S. der erstmals am 20.12.2021 im Umfeld der Gegenkundgebung identifiziert wurde. Obwohl der Polizeichef Jörn Stilke von der Polizeiinspektion Delmenhorst/Oldenburg-Land/Wesermarsch nach dem Erlass der Allgemeinverfügungen von der Stadt Delmenhorst sowie die Landkreise Wesermarsch und Oldenburg, welcher ab dem 08.01 ihre Wirkung entfalten sollte, in einer Pressemitteilung angekündigt hat, dass bei Verstößen bei den kommenden Versammlungslagen im Zuständigkeitsbereich der Polizeiinspektion „niedrigschwellig und konsequent“ eingeschritten werden soll, gab es laut Polizeiangaben keine Verstöße, auch wenn die Teilnehmer*innen der angekündigten Versammlung, wie auch zuvor, keine Masken trugen. Weiter hieß es in der Pressemitteilung vom 07.01:

Eine Verweigerung der Maskenpflicht stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die seitens der Polizei entschlossen verfolgt werden wird. Das bedeutet die Identitätsfeststellung von betroffenen Personen, eine gezielte Verfolgung der Verstöße, gegebenenfalls den Ausschluss von Teilnehmenden sowie das Aufstoppen der Aufzüge bis hin zu Auflösen der jeweiligen Versammlungen.

Das nicht eingeschritten worden ist, bestädigte auch die AfD Oldenburger Land auf ihrem Blog und widmete sich, wie auch in der Woche zuvor, den Montagsversammlungen und schrieb in dem Sammelbericht zu der Versammlung in Wildeshausen: „Anders als die letzten Male in Ahlhorn oder Harpstedt reagierte die anwesende Polizei diesmal sehr deeskalierend, in dem sie die Menschen aus einiger Ferne beobachtete und ansonsten nicht einschritt.“

Oben: Der Wildeshauser Marktplatz kurz nach 18:00 Uhr. Die Versammlung steht in Kleingruppen ohne Masken auf dem Platz verteilt.
Unten: Der gleiche Platz später am Abend. Masken sind immer noch nicht zu erkennen. Bildquelle: www.afd-oldenburg-land.de

Eine Woche später, am 31.01, wurde die Versammlung zum ersten Mal angemeldet. Es kamen nach Polizeiangaben etwa 70 Personen, zur Gegenversammlung kamen etwa 80 Personen. Beworben wurde die Versammlung u.a. von Martin Gramsch. Einige der Teilnehmenden trugen dabei blaue Mützen der AfD-Kampagne „Gesund ohne Zwang“, die auch im AfD-Onlineshop zu kaufen ist. Eine weitere Verbindung zur AfD stellt die Tatsache dar, dass sich das Bild, welches zur Bewerbung der Versammlung benutzt worden ist, im Hintergrund aus zwei Bildern zusammensetzt, welche die AfD auf ihrem Blog verwendete, um das Versammlungsgeschehen in Wildeshausen und Delmenhorst in der Vergangenheit zu bebildern. Anwesend war zudem AfD MdL Harm Rykena.

Links: Das Werbebild für die Versammlung am 31.01. Bildquelle: www.afd-oldenburg-land.de
Rechts: Der untere Teil des linken Bildes, ursprünglich von der AfD. Es zeigt eine Versammlung in Delmenhorst am 24.01. Bildquelle: Screenshot von der Seite www.afd-oldenburg-land.de“.“ Quelle: 16voll

Der Link zu dem Beitrag der Antifaschistische Vernetzung Oldenburger Land mit weiteren Informationen: https://16voll.noblogs.org/post/2022/01/31/antifaschistischer-monatsbericht-januar-2022-2-landkreis-oldenburg/

„Nachdenken statt Querdenken“ am 14.02.2022 in Wildeshausen

Das Bündnis Mit COURAGE gegen Rechts – Wildeshausen ruft dazu auf, sich um 18:00 Uhr auf den Marktplatz Wildeshausen zu treffen, um dann an dem Protest gegen die Querdenken-Demonstration in Wildeshausen am 14.02.2022 teilzunehmen.

Quelle: MiCOU

Aufruf von dem MiCOU-Bündnis: Nachdenken vor dem Querdenken – Gegen rechtes Gedankengut!

Der Schriftsteller Albert Camus äußerte einmal: „Das Absurde hat nur insofern Sinn, als dass man sich nicht damit abfindet.“ Und keineswegs abfinden darf man sich mit den Absurditäten, die von der Querdenken-Bewegung verbreitet werden. Denn sie ziehen Woche für Woche, auch in Wildeshausen, durch die Straßen, behaupten aber, in einer Diktatur zu leben. Wenn ihre abstrusen
Parolen kritisiert werden, behaupten sie, es gäbe keine Meinungsfreiheit. Und wenn sie aufgefordert werden, sich impfen zu lassen, erwidern sie wahlweise, die Impfungen seien Giftspritzen, oder, die Impfstoffe würden nicht hundertprozentig schützen, seien also sinnlos. So oder so, die Querdenkenden schlüpfen immer in die Opferrolle!
 
Stattdessen ist es nötig und angemessen, die wirklichen Opfer der Corona-Pandemie in den Blick zu nehmen. In Deutschland sind es mittlerweile über 117.000 Tote, im Landkreis Oldenburg aktuell 131.
 
An die im Landkreis Oldenburg Verstorbenen soll am 14.02.22 auf dem Marktplatz Wildeshausen erinnert werden. Es werden 131 kleinere Kreidekreise auf das Pflaster gemalt, in die jeweils eine Blume gelegt werden soll. Die Teilnehmer:innen an der Kundgebung werden gebeten, eine Blume mitzubringen und diese in einen dieser Kreise zu legen. Es können sowohl frische Blumen, Trockenblumen, grüne Zweige, kleine Sträußchen, Papierblumen oder Holzblumen mitgebracht werden. Nach dem Ende der Kundgebung können die Blumen wieder mitgenommen werden.
 
Außerdem wird auf der Kundgebung eine aktuelle „Wildeshauser Erklärung“ gegen Querdenken und rechte Hetze verlesen werden. Die Erklärung kann anschließend auf vorbereiteten Listen vor Ort und in Kürze auch im Internet unterstützt werden.
 
Um den Abstandsregeln gerecht zu werden, soll diese möglichst kreativ in Form von, Transparenten, Fahnen oder Schals zwischen den Teilnehmenden gestaltet werden. ußerdem wird es zu Beginn und während der Menschenkette kurze Redebeiträge geben.
 
Über ein zahlreiches Erscheinen freuen wir uns. Haltet euch bitte an die bestehenden Hygienemaßnahmen. Bitte kommt mit FFP2-Maske, haltet ausreichend Abstand und testet euch. Achtet miteinander aufeinander!
 
Mit COURAGE gegen Rechts!
 
Wir freuen uns auf Euch, bitte verbreitet den Aufruf weiter.
 
 
Den Link zu dem Beitrag von dem MiCOU-Bündnis mit weiteren Informationen: https://www.facebook.com/events/1040254383229282/

„Nachdenken statt Querdenken“ am 31.01.2022 in Wildeshausen

Das Bündnis Mit COURAGE gegen Rechts – Wildeshausen ruft dazu auf, sich um 18:00 Uhr auf den Marktplatz Wildeshausen zu treffen, um dann an dem Protest gegen die Querdenken-Demonstration in Wildeshausen am 31.01.2022 teilzunehmen.

Quelle: MiCOU

Aufruf von dem MiCOU-Bündnis: Gegen rechtes Gedankengut!

In den letzten Wochen sind die „Spaziergänger:innen“ in Wildeshausen immer leiser geworden. Die Zivilgesellschaft hat gezeigt, dass Querdenken keinen Platz in Wildeshausen hat. Wildeshausen stellt sich Schwurbelei und einer von Rechten durchsetzten Bewegung entgegen.
 
Die Querdenker:innen sind aber nicht völlig verschwunden. Auch auf der letzten Veranstaltung wurde probiert, öffentlich Raum für rechtes Gedankengut einzunehmen. Dem werden wir, das Bündnis MiCOU, die Jusos sowie die Parteien DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen und die SPD, uns weiterhin entgegen stellen. Wir rufen alle Wildeshauser:innen dazu auf, sich uns anzuschließen und dasselbe zu tun!
 
Wir wollen ein weiteres Zeichen für ein solidarisches Miteinander setzen!
Ein Zeichen für unseren Zusammenhalt und gegen rechtes Gedankengut.
 
Das werden wir am nächsten Montag in Form einer Menschenkette auf dem Wildeshauser Marktplatz tun.
 
Um den Abstandsregeln gerecht zu werden, soll diese möglichst kreativ in Form von, Transparenten, Fahnen oder Schals zwischen den Teilnehmenden gestaltet werden. Außerdem wird es zu Beginn und während der Menschenkette kurze Redebeiträge geben.
 
Über ein zahlreiches Erscheinen freuen wir uns. Haltet euch bitte an die bestehenden Hygienemaßnahmen. Bitte kommt mit FFP2-Maske, haltet ausreichend Abstand und testet euch. Achtet miteinander aufeinander!
 
Mit COURAGE gegen Rechts!
 
Wir freuen uns auf Euch, bitte verbreitet den Aufruf weiter. Quelle: MiCOU
 
Den Link zu dem Beitrag von dem MiCOU-Bündnis mit weiteren Informationen: https://www.facebook.com/events/634381927896637/

„Nachdenken statt Querdenken“ am 17.01.2022 in Wildeshausen

Das Bündnis Mit COURAGE gegen Rechts – Wildeshausen ruft dazu auf, sich um 18:00 Uhr auf den Marktplatz Wildeshausen zu treffen, um dann an dem Protest gegen die Querdenken-Demonstration in Wildeshausen am 17.01.2022 teilzunehmen.

Quelle: MiCOU

Aufruf von dem MiCOU-Bündnis: Kreis der Solidarität – Kein Platz für Querdenken und rechte Hetze!

Vielfach haben die Wildeshauser:innen in den vergangenen Wochen, ob im Netz oder auf der Straße, gezeigt, dass unangemeldete „Spaziergänge“ in Wildeshausen nicht erwünscht sind. Auch die Polizei zeigte sich stets einsatzbereit und ließ den Querdenken-Protest in der vergangenen Woche nicht zu, da keine Anmeldung vorlag und auch das Tragen von FFP2-Masken abgelehnt wurde.
 
Eben hier zeigt sich das unsolidarische Verhalten, dem wir, das Bündnis MiCOU, die Jusos und die Parteien DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen sowie die SPD, uns gemeinsam mit unseren Mitmenschen aus Wildeshausen entgegen stellen.
 
Wir wollen ein weiteres Zeichen für ein solidarisches Miteinander setzen.
 
Ein Zeichen für unseren Zusammenhalt.
 
Das werden wir am nächsten Montag in Form einer Menschenkette auf dem Wildeshauser Marktplatz tun.
 
Um den Abstandsregeln gerecht zu werden, soll diese möglichst kreativ in Form von Schildern, Transparenten, Schals oder Fahnen zwischen den Teilnehmenden gestaltet werden.
Außerdem wird es zu Beginn der Menschenkette einige kurze Redebeiträge geben.
 
Über ein zahlreiches Erscheinen freuen wir uns. Haltet euch bitte an die bestehenden Hygienemaßnahmen. Bitte kommt mit FFP2-Maske, haltet ausreichend Abstand und testet euch. Achtet miteinander aufeinander!
 
Mit COURAGE gegen Rechts!
 
Wir freuen uns auf Euch, bitte verbreitet den Aufruf weiter. Quelle: MiCOU
 
Den Link zu dem Beitrag von dem MiCOU-Bündnis mit weiteren Informationen: https://www.facebook.com/events/1037467363479716

16voll-Beitrag vom 31.12.2021: „Antifaschistischer Monatsbericht Dezember 2021“

16voll-Beitrag vom 30.11.2021: Erneuter Zerfall der „Liberal-Konservativen Reformer“ (LKR)

Die AfD-Abspaltung „Liberal-Konservative Reformer“ hat aufgrund interner Steiterein am 18.12 eine Austrittswelle erfasst, an der sich auch der stellvertretende Landesvorsitzende Thomas Michael Rappers aus Klein Henstedt (Prinzhöfte, Samtgemeinde Harpstedt) beteiligt hat. Rappers, noch im September 2020 auf dem AfD Landesparteitag in Braunschweig gesichtet worden, ist erst Anfang des Jahres für den LKR, u.a. als Gründungsmitglied des Kreisverbandes Ammerland, öffentlich in Erscheinung getreten. Rappers überaus rege Facebook-Aktivitäten zeigen einen klaren Hang zu Verschwörungserzählungen (u.a. zu Chemtrails und im Zuge der Corona-Pandemie), was seinem weiteren politischen Werdegang in der rechten Parteienlandschaft nicht im Wege stehen dürfte.

Rappers diskutiert mit seiner Frau Marion Rappers über Chemtrails. Bildquelle: Screenshot Facebook

AfD Kreisverband im „Corona-Fieber“

Der AfD Kreisverband Oldenburg Land beteiligt sich weiterhin rege am verschwörungsideologischen Protestgeschehen rund um die Corona-Pandemie. Im Nachgang der Übergriffe in Wildeshausen am 29.11 kam sie unkommentiert in der „Kreiszeitung“ durch ihren Vorstand Harm Rykena zu Wort, welcher die Angriffe der Versammlungsteilnehmenden auf Antifaschist:innen letzteren anlastete und von „martialisch gekleideten Kämpfern“ sprach.

Außerdem hielt Adam Golkontt, bei der vergangenen Bundestagswahl Direktkandidat im Wahlkreis 28 (Landkreis Oldenburg, Delmenhorst, Wesermarsch), bei einer Versammlung „Gegen den Impfzwang“ der AfD Niedersachsen am 18.12 in Hannover eine Rede. Er sagte u.a., dass er aufgrund seiner familiären Situation, gemeint ist wohl seine polnische Herkunft, die „Errichtung einer Diktatur“ vorausgesehen habe. Er war auch bei einer vorangegangenen Demonstration am 04.12, ebenfalls in Hannover, gemeinsam mit seiner Familie anwesend. Golkontt ist mittlerweile Kommunalpolitiker ist seinem Wohnort Hannover.

Beworben wurde die Demonstration am 04.12 auch von der AfD Oldenburg Land auf Facebook. An der Versammlung nahmen laut Recherche-Nord Mitglieder der lokalen Neonazi-Szene teil. Zudem waren viele niedersächsische Mitglieder des Flügels unter den etwa 100 Teilnehmenden.

Adam Golkontt, katholischer Sprecher der „Christen in der AfD“, spricht am 18.12 vor dem Landtag in Hannover. Bildquelle: recherche-nord

Auf ihrer Internetpräsenz geht es ebenfalls überwiegend um die Corona-Pandemie. Im Dezember sind vor allem zwei Facebook-Posts bemerkenswert. Der erste ist vom 11.12 und ruft zu einer „Gedenkveranstaltung“ von „Oldenburg & Region steht auf“ vor dem Oldenburger Rathaus am selben Tag auf. Gedacht werden sollte einer sogenannten „Tragödie“ in Senzig (König Wusterhausen), wo ein Familienvater, der in der Querdenken-Szene aktiv war, seine Familie samt seinen Kindern ermordete und sich anschließend selbst tötete. Der Grund waren offenbar die gängigen Verschwörungsnarrative und die damit einhergehende Endkampfstimmung in der Szene. Unmittelbarer Auslöser war das Auffliegen einer Impfpassfälschung. Belltower-News machte in einem Artikel außerdem treffend auf das autoritäre Männlichkeitsbild aufmerksam, das hinter solchen Taten steckt.

Die AfD Oldenburg Land beteiligte sich durch diesen Aufruf an der Verdrehung und Relativierung des Mordes, welche bundesweit durch die Querdenken-Szene stattfand und den Täter als Opfer der Corona-Maßnahmen darstellte. Auf der Versammlung war u.a. die Shoa-Leugnerin und ehemaliges Parteimitglied der „Bund freier Bürger“ (BfB), Imke Barnstedt, anwesend.

Ein zweiter Post vom 15.12 vergleicht den Diskurs um die (Nicht-)Impfung von Joshua Kimmich mit dem Antisemitismus der NS-Zeit. Dies zeigt noch einmal, dass die Relativierung von Nationalsozialismus und Antisemitismus in der AfD Oldenburg Land keine Einzelfälle sind.

NS-relativierender und antisemitischer Post der AfD Oldenburg Land vom 15.12. Bildquelle: Screenshot Facebook

Auf ihrem Blog dokumentiert die AfD weiterhin die Versammlungen der Querdenken-Szene im „Oldenburger Land“ und berichtet über die Teilnahme ihrer Mitglieder und Funktionäre an diesen. Dennoch behauptete der Wildeshauser Ratsherr Frank Voigt am 16.12 im Stadtrat, dass er kein AfD-Mitglied kenne, das an solchen Veranstaltungen teilgenommen habe, was diesen entweder der Lüge überführt oder seine isolierte Position in der Partei aufzeigt.

Versammlungen und Morddrohung von Corona-Rechten in Hude

Wie bereits im letzten Monatsbericht erwähnt, war für den 03.12 die insgesamt zweite Versammlung aus dem Querdenken-Spektrum in Hude angekündigt. Diese Versammlung wurde erstmals auch in der Gruppe der Vernetzungsstruktur „Freie Niedersachsen“ beworben. Zu diesem Zeitpunkt war sie mit 133 Mitgliedern noch recht unbedeutend, mittlerweile hat sich der Kanal jener Gruppe mit mehreren Tausend Mitgliedern zur wichtigsten Plattform der Corona-Rechten in Niedersachsen entwickelt.

Links: Ankündigung der Versammlung in der Telegram-Gruppe „Freie Niedersachsen“. Bildquelle: Twitter-Kanal „nutshell fotografie“
Rechts: Ankündigung im Telegram-Kanal „Wildeshausen“ von Sven André Debicki, ehemaliges Ratsmitglied der „Unabhängigen Wählergemeinschaft“ (UWG). Beide Ankündigungen stammen vom 02.12. Bildquelle: Screenshot Telegram-Kanal „Wildeshausen“

Das Bündnis für solidarische Intervention Oldenburg schrieb zu den „Freien Niedersachsen“ in einem Aufruf zum Gegenprotest in Hude am 20.12:

In den letzten Wochen konnte die Szene durch die Vernetzung der Telegram-Gruppe ‚Freie Niedersachsen‘ ihre Anhänger*innen nach einer langen Phase von Misserfolgen wieder in größeren Scharen mobilisieren, indem sie dezentralen Demonstrationen sichtbar machte und so viele Nachahmer*innen animierte. Am vergangenen Montag [13.12] haben alleine die ‚Freien Niedersachsen‘ 70 sogenannte ‚Spaziergänge‘ beworben. Die meisten dieser Versammlungen waren zwar marginal, allerdings versteht es die Gruppe, durch eine Flut von Bildern aus allen Orten ein Gefühl der Größe zu vermitteln. […] Das hat zu einem gefährlichen Gefühl der Selbstermächtigung unter den Corona-Rechten geführt, welches ihre Aktivitäten vergrößert.

Angelehnt ist die Struktur an die Kleinstpartei „Freien Sachsen“, welche Anfang 2021 als gemeinsames Projekt von lokalen neofaschistischen Kadern und der dortigen Querdenken-Szene gegründet wurde und die oben genannte Strategie erfolgreich einführte.

Zu der Versammlung in Hude am 03.12 kamen etwa 50 Personen. Paul de Vries war erneut in eine Situation verwickelt, die im Angriff einer anderen Person auf einen freien Journalisten endete. Dieser musste daraufhin und wegen der allgemein bedrohlichen Stimmung seine Berichterstattung abbrechen. Der Angreifer beteiligte sich am 11.12 in Oldenburg an einem weiteren Übergriff auf Gegendemonstrant:innen.

Die Bilder auf dem Screenshot zeigen den Angriff (links) und die angreifende Person (rechts). Bildquelle: Screenshot Twitter-Kanal „nutshell fotografie“

Am 13.12 fand eine ebenfalls bei den „Freien Niedersachsen“ beworbene Versammlung statt, zu der etwa 35 Personen kamen. Neben der gängigen Kerzen-Symbolik hatten Teilnehmende auch zwei Fackeln dabei. Sie versammelten sich vor einer Huder Apotheke, die für ihre Impf-Aktionen im Ort bekannt ist.

Demonstrierende mit zwei Fackeln auf der Parkstraße in Richtung Rathaus am 13.12. Bildquelle: Screenshot Twitter-Kanal „Freie Niedersachsen“

Am 20.12 rief das Bündnis für solidarische Intervention daher zusammen mit lokalen Akteuren erstmals zu einer Gegendemonstration auf, zu der 80 Personen kamen. Am selben Tag wurde bekannt, dass es eine Morddrohung gegen eine:n Impfhelfer:in gegeben hat.

Unter den circa 100 Teilnehmenden des „Spaziergangs“ waren nach eigenen Angaben Vorstände und Mitglieder von AfD und dieBasis anwesend, welche die Versammlung offenbar gemeinsam geplant hatten. Namentlich genannt wurde der AfD Kreisvorsitzende und MdL Harm Rykena, welcher in der Woche zuvor eine Versammlung in Hannover beobachtete. Die Polizei ließ die Versammlung dieses Mal nicht ungehindert ziehen und obendrein kam es zu einer Auseinandersetzung mit zwei Antifaschist:innen, die laut AfD und Polizei in eine Schubserei verwickelt waren.

Am 27.12 kamen etwa 50 Personen zusammen. Dieses Mal fehlten jedoch die AfD Vorstände. Von der Basis war zumindest die Vorständin Jeannette Harmjanz anwesend. Diese hatte auch den „Spaziergang“ am 03.12 angeführt.

Ein während des Aufzugs am 27.12 hastig verklebter Sticker des rechtsextremen Medienprojekts „AUF1“.

Bei beiden Versammlungen wurden in Abgrenzung zu den Aktionen von „Freie Niedersachsen“ keine Kerzen vor dem Rathaus oder an ähnlichen Institutionen abgelegt. Treffpunkte waren die Parkplätze der Volksbank und der Oldenburger Landesbank. Die Versammlungen am 20.12 und am 27.12 waren nicht bei „Freie Niedersachsen“ oder in den einschlägig bekannten Gruppen beworben worden.

Verschwörungsideologische Stickeraktivitäten

Im Vorfeld der ersten Proteste gegen die Versammlungen der Corona-Rechten am 06.12 in Wildeshausen kam es im Innenstadtbereich vermehrt zum Verkleben von Stickern aus diesem Milieu. Neben bekannten antisemitischen „Gib Gates keine Chance!“-Aufklebern fielen vor allem offenbar selbst-kreierte Sticker minderer Qualität auf. Sticker ähnlicher Machart sind schon länger in Wildeshausen verbreitet. Mittlerweile sind diese auch außerhalb der Innenstadt zu finden.

Verschiedene in der Wildeshauser Innenstadt verklebte Sticker.

In Kirchhatten (Gemeinde Hatten) und Hundsmühlen (Gemeinde Wardenburg) wurden mehrere Shoa-relativierende Sticker verklebt. Diesen waren Anfang des Jahres 2021 bereits in Oldenburg massiv verklebt worden und lösten dort sogar eine Berichterstattung der NWZ aus. Die Koordinierungsstelle gegen Rechtsextremismus Oldenburg schrieb dazu im März 2021:

Die am vergangenen Wochenende verteilten Aufkleber zeigen vermutlich eine Fotomontage des Eingangstores des Konzentrationslagers Sachsenhausen. Angesichts des Leids der im Holocaust verfolgten Menschen sind die zynischen Vergleiche der ‚Querdenker‘ im besten Falle Ausdruck einer beschämenden Unkenntnis der historischen Tatsachen und im schlimmsten Falle Belege einer ungezügelten antisemitischen Verschwörungsideologie.

Der gleiche Aufkleber mit der Aufschrift „Impfung macht frei“ am 23.07.2021 in Wildeshausen.

Darüber hinaus verbreiten sich im Landkreis (bisherige Fundorte: Wardenburg, Tungeln, Ahlhorn, Hude) verschwörungsideologische Sticker, welche sich gegen das Maskentragen, die Impfung und eine angebliche staatliche Gehirnwäsche durch die Medien richten. Über den Druck im großen Stil eines sehr ähnlichen Motivs wurde in der Gruppe „Freiheitsboten Oldenburg“ zwischen dem AfD MdL Harm Rykena und der Querdenken441-Mitorganisatorin Luise de Bruin diskutiert. Rykena bot an, dass sich der Druck „regeln lasse“, wenn es eine bessere Druckvorlage gäbe. Dass die Sticker durch diese Strukturen verbreitet werden, liegt Nahe. Neben dem im Chat diskutierten Motiv sind zwei weitere Motive mit ähnlicher Grundaussage im gleichen Layout bekannt. In Wardenburg wurde gezielt vor der Everkamp-Schule gestickert.

Links: Konversation über den Sticker-Druck zwischen Harm Rykena und Luise de Bruin. Bildquelle: Twitter-Profil Auf Abstand
Rechts: Verschiedene Stickermotive im gleichen Layout, darunter ein dem Diskutierten sehr ähnlichen.

Corona-Rechte in Wildeshausen

Nachdem es während des ersten „Spaziergangs“ am 29.11 aus dem Querdenken-Spektrum zu Übergriffen gekommen war, ist für den darauf folgenden Montag (06.12) eine Gegenkundgebung von „Mit COURAGE gegen Rechts“ (MiCOU) angemeldet worden, zu der auch wir mit einem eigenen Aufruf mobilisierten. Es kamen etwa 80 Personen. Da die Polizei dieses Mal die Versuche der Querdenker:innen verhinderte, durch die Stadt zu laufen, sammelten sich zeitweise etwa 40 Personen im Umfeld oder sogar auf der Kundgebung „Nachdenken statt Querdenken“. Auffällig war dabei Markus Milke („Schrotti Milke“). Der bereits in der Vergangenheit gewalttätig aufgefallen Rechte, der regelmäßig in der „Kleine Kneipe“ in Wildeshausen verkehrte, telefonierte auffällig laut neben der Kundgebungsfläche auf einer Bank und sprach davon, sein CS-Gas von Zuhause zu holen. Zudem zog er mit Zwischenrufen die Aufmerksamkeit auf sich.

Markus Milke diskutiert mit der Polizei. Bildquelle: Pixel Matsch

Identifiziert wurden außerdem Lixia C., Daniel V., Peer B. und Joshua B., welche in der Einrichtung „Himmelsthür“ der Diakonie in Wildeshausen arbeiten. Die Gruppe fiel bereits am Arbeitsplatz durch das Verbreiten verschwörungsideologischer Inhalte auf.

Links: 3. v. rechts: Lixia C.; 5. v. rechts: Joshua B. und ganz rechts ein:e AfD-Aktivist:in auf dem Marktplatz. Bildquelle: Facebook-Profil MiCOU
Rechts: Ganz links Daniel V.; 4. v. rechts: Peer B. später auf der von der Polizei angebotenen stationären Kundgebung auf dem Stellmacherplatz. Bildquelle: Pixel Matsch

Der Weiteren fiel eine Gruppe von etwa 6 vermummten, zum Teil Sturmhauben tragenden Personen auf, welche die Kundgebung zunächst aus einem Hauseingang heraus beobachtete. Bei zwei Personen dieser Gruppe konnte das Tragen der Marke „Amstaff“ festgestellt werden. „Das Versteckspiel“ schrieb dazu:

Marken, die Kampfhunde zeigen, sind bei extrem Rechten beliebt. Das Image des Kampfhundes dient einem Selbstbild, das auf der Kombination von Selbstüberhöhung und Opferstilisierung aufbaut […] Marken wie Amstaff und Pitbull sind auf rechten Versammlungen häufig zu sehen. Deren Betreiber können keiner rechten Szene zugeordnet werden.

Nachdem die Gruppe telefoniert hatte, stoßen noch einmal etwa gleich viele, ähnlich gekleidete Personen dazu. Die Dazugestoßenen kamen vermutlich vom Gildeplatz, wo auch der erste Teil der Gruppe geparkt hatte. Daraufhin patrouillierten sie durch die Straßen. Anweisungen erhielt die Gruppe, die ihrem Auftreten nach der militanten Rechten zuzuordnen ist, von Martin Oltmanns.

Mittig mit Glatze: Martin Oltmanns. Im Hintergrund: Die vermummte Gruppe. Bildquelle: Pixel Matsch

Die abreisenden Antifaschist:innen, die sich aufgrund dieser Bedrohung zusammen auf dem Weg zum Bahnhof gemacht hatten, wurden zwar beobachtet, glücklicherweise geschah aber nicht mehr. Laut dem freien Journalisten „PixelMatsch“ auf Twitter sagte eine Person aus der Gruppe auf Nachfrage, dass sie da seien, um für Sicherheit zu sorgen, da in der letzten Woche eine Freundin von „der Antifa“ geschlagen worden sei. Dieser angebliche Angriff ist nirgendwo, auch nicht auf Seiten der Rechten, dokumentiert worden. Das „Antifaschistisches Recherche Netzwerk – Oldenburg – Friesland – Ostfriesland“ schrieb zu der Gruppe in einem Gedächtnisprotokoll:

Diese Gruppe dachte unter anderem, in Gesprächen untereinander, darüber nach, etwas in die Menge reinzuwerfen und zündelte mit undefinierbaren rum.

Die Bedrohung, die dadurch aufgebaut wurde, war klar erkennbar und wäre keine Polizei dort gewesen und hätte sich geballt zwischen denen und der Kundgebung gestellt, wäre es sehr gefährlich geworden und mit hoher Wahrscheinlichkeit eskaliert.

Der zuerst mit dem Auto angereiste Teil der vermummten Gruppe beobachtet die Kundgebung vom Hauseingang aus. Bildquelle: Pixel Matsch

Am 13.12 folgte ein Aufruf der „Freien Niedersachsen“, woraufhin sich etwa 40 Personen im Umfeld der Gegenkundgebung versammelten. Einem Aufruf zur Gegenkundgebung von MiCOU folgten 80 Teilnehmende. Mit von der Partie war auch wieder Markus Milke, der bereits im Vorhinein auf der Treppe des Stadthauses saß.

Eine Gruppe aus dem Querdenken-Spektrum auf dem Marktplatz. Auf der Treppe im Hintergrund: Markus Milke. Bildquelle: Facebook-Profil MiCOU

Es konnte außerdem die Teilnahme von Dennis Bremermann festgestellt werden. Dieser fällt seit 2015 mit rassistischen und verschwörungsideologischen Äußerungen z.B. zur „geplanten Völkervermischung“ auf. Er schlug bereits im Januar 2016 auf Facebook in einer Konversation mit dem Wildeshauser OLGIDA-Organisator und ehemaligen AfD Kreisvorsitzenden Christian Pothin vor, den Bundestag zu Stürmen.

Rechts mit Flasche: Dennis Bremermann. Links mit Schirmmütze: Person, die regelmäßig an den Versammlungen in Wildeshausen teilnimmt. Bildquelle: Facebook-Profil MiCOU

Am 20.12 versammelten sich 30 Personen aus dem Querdenken-Spektrum im Umfeld der Gegenkundgebung mit 50 Teilnehmenden. Unter den 30 Personen waren bekannte Gesichter von den vorangegangenen Versammlungen, die sich vor „Bökers am Markt“ sammelten. Erstmals identifiziert wurden die Geschwister Jan und Stefan S..

Linkes Bild: Rechts: Stefan S. Rechtes Bild: Links: Jan S. Bildquellen: Facebook-Profil MiCOU
Im Anschluss gelang es erstmals seit dem 29.11. einer 17-köpfigen Gruppe, einen kleinen Aufzug durch die Stadt durchzuführen. Auf einem Video ist zu sehen, dass die Gruppe bei ihrem „Spaziergang“ kaum von anderen Spaziergänger:innen zu unterscheiden gewesen wäre und somit kaum Außenwirkung erzielen konnten. Es konnte zudem festgestellt werden, dass Kerzen, unter anderem mit der Aufschrift „Gott bewahre uns vor dem Übel der Impfpflicht“, abgestellt worden sind. Abgestellte Kerzen tauchen immer wieder auch abseits der Versammlungstage vor dem Stadthaus auf. 
 

Screenshot aus einem Video des „Spaziergangs“ an der Ecke Westerstraße/Kleine Wallstraße, das die Gruppe „Freie Niedersachsen“ am Abend des 20.12 gepostet hat. Bildquelle: Telegram-Gruppe „Freie Niedersachsen“

Am 27.12 setzte die Gegenkundgebung aus, jedoch wird sie ab dem 03.01 wieder stattfinden. Etwa 30 Querdenker:innen versuchten, einen „Spaziergang“ durchzuführen. Laut Kreiszeitung wurden Ansammlungen dieser Gruppe als Versammlung mit entsprechenden Auflagen gewertet, weshalb sich ein Katz- und Maus-Spiel mit der Polizei in der Innenstadt entwickelte. Auch dieses Mal war die Außenwirkung gering.

Niklas Rothert aus Wildeshausen auf der Westerstraße am 27.12. Bildquelle: Screenshot Twitter-Kanal „Freie Niedersachsen“

Die Facebook-Aktivitäten von Niklas Rothert zeigen klare Sympathien für die Parteien NPD und AfD. Dort finden sich Likes für die Seiten von AfD und NPD Landesverbänden und Politiker:innen. Likes und Freundschaftsbekundungen gibt es außerdem für Pierre Bauer („Die Rechte“), Sebastian Weigler (NPD) und andere militante Neonazis aus Braunschweig sowie dem gesamten Bundesgebiet. Wie weit rechts Niklas steht, lässt sich auch an seinen Sympathien für neofaschistische Subkultur, repräsentiert z.B. durch die mittlerweile verbotene Kameradschaft „Aktionsblog MV“, ablesen. In seinem Wohnumfeld in Wildeshausen tauchten im März 2020 Sticker der NPD Jugendorganisation „Junge Nationalisten“ (JN) und nationalsozialistische Schmierereien auf.

Niklas Rothert („Niki Jo“) liket ein Bild des JN Landesvorsitzenden Sebastian Weigler, das ein Plakat und ein Banner der bundesweiten NPD-Kampagne „Coronawahnsinn stoppen – Deutschland gegen den Coronawahnsinn!“ von einer Kundgebung am 06.06.2020 in Celle zeigt. Bildquelle: Screenshot Facebook

Sonnenwendenfeier im „Clan B“ in Sandhatten

Auf dem Gelände des Wohnprojekts „Clan B“ fand am 21.12 eine sogenannte „Sonnenwendenfeier“ statt, welche jeweils dem längsten und dem kürzesten Tag des Jahres gilt. Dieses Brauchtum ist von den Nationalsozialisten aufgegriffen worden und ist auch heute noch in neonationalsozialistischen Kreisen verbreitet, beispielsweise bei der JN Niedersachsen in Eschede. „Chronik LE“ schrieb zu einer Veranstaltung von Neonazis zur Sommersonnenwende 2012 in Leipzig:

In ihrer völkischen Konstruktion der deutschen Nation stellen sich Nazis gern in die Tradition germanischer Mythen und Riten – zumindest was sie dafür halten. Zur Zeit des Nationalsozialismus belebten die Nazis auch die angeblich altgermanischen Sonnenwendfeiern wieder. ‚Volk, Blut und Boden‘ sollen bei der Feier symbolisch miteinander integriert werden.

Die Sonnenwendenfeier ist deshalb interessant, weil eine große, esoterisch-ausgerichtete Gruppe innerhalb des Wohnprojekts Verschwörungsideologien hinsichtlich Corona-Pandemie und Impfungen anhängt. Beispielsweise sei die Querdenken441-Gründerin Friederike Pfeiffer de Bruin, die dort lebt, genannt. Ein Bezug zu völkischer Ideologie findet sich bei Friederike über ihren Vater Walther Soyka. Dieser war während der NS-Zeit SS-Angehöriger und KZ-Aufseher und in der Nachkriegszeit Mitglied des völkisch-esoterischen „Bund für Deutsche Gotterkenntnis“, auch als „Luddendorfer“ bekannt sowie zusammen mit anderen Luddendorfern und Rechtsextremen Gründer des „Institut für biologische Sicherheit“ in Bremen. Außerdem erlangte er als Atomkraftgegner Bekanntheit. De Bruin verteidigte Soyka im Frühjahr 2020 öffentlich als „Friedensaktivisten“, was darauf hindeutet, dass sie sich nicht in einem kritischen Verhältnis zu seinen Ansichten bewegt .

Es ist wichtig zu betonen, dass es innerhalb des „Clan B“ Konflikte angesichts der Verbreitung von Verschwörungserzählungen und des Engagements im Umfeld von Querdenken gibt. Die Durchführung einer Sonnenwendenfeier muss nicht zwingend einen rechten Hintergrund haben, ist angesichts des völkisch-esoterischen und antisemitischen Hintergrunds einiger Bewohner:innen jedoch denkbar.

Bewohner:innen und Gäst:innen auf dem Gelände des „Clan B“ in Sandhatten (Gemeinde Hatten) am Lagerfeuer während der Wintersonnenwendenfeier.

Erste Aktivitäten aus dem Querdenken-Spektrum in Ahlhorn, Wardenburg, Harpstedt und Neerstedt

Am 20.12 versammelten sich erstmals, einem Aufruf von „Freie Niedersachsen“ folgend, 17 Menschen in Ahlhorn (Gemeinde Großenkneten) zu einer Versammlung. Treffpunkt war der Parkplatz der VR-Bank, Kerzen wurden an einem Stein vor dem Polizei-Revier niedergelegt. Dierk Horstmann, AfD Ratsherr in Großenkneten, nahm laut AfD an der Versammlung teil. In den Wochen davor war er auf den „Spaziergängen“ in Cloppenburg (13.12) und Wildeshausen (29.11) zugegen.

Gruppenbild von den Teilnehmenden der Versammlung am 20.12. Bildquelle: Screenshot Twitter-Kanal „Freie Niedersachsen“

Am 27.12 folgte ein weiterer Aufzug entlang der Wildeshauser Straße, an dem auch Harm Rykena teilnahm. Nach eigenen Angaben nahmen wieder etwa 20 Menschen teil.

Schlecht zu erkennen: Harm Rykena, graue Mütze.

Am 26.12 fand zum ersten Mal eine Versammlung aus dem Querdenken-Spektrum in Wardenburg statt. Beworben wurde diese am 22.12 in der Gruppe „Oldenburg & Region steht auf“. Es folgten etwa 50 Personen, die, von einem vergleichsweise großem Polizeiaufgebot begleitet, auf den Gehwegen die Hauptstraßen entlangzogen. Ein Video des Aufzugs tauchte anschließend bei „Freie Niedersachsen“ auf. Zwischen einem Drittel und der Hälfte der Teilnehmenden reiste mit dem Auto an. Die Kennzeichen verwiesen jedoch überwiegend auf dem Landkreis Oldenburg sowie vereinzelt auf den Landkreis Ammerland. Eine Versammlung für den 02.01. ist bereits in der Übersicht von „Freie Niedersachsen“ angekündigt worden.

Links: Die Ankündigung für den 26.12 auf Telegram. Bildquelle: Screenshot Telegram-Kanal „Oldenburg & Region steht auf“
Rechts: Ankündigung auf Facebook von Ingrid Klingenberg für den 02.01 im gleichen Layout. Bildquelle: Screenshot Facebook

Am 28.12 folgt ein erster „Abendspaziergang“ in Harpstedt mit 10 Teilnehmenden, über welchen AfD und „Freie Niedersachsen“ berichteten. Ein identisches Bild von abgestellten Kerzen vor der evangelischen Kirche beim Marktplatz tauchte bei beiden Akteuren auf. Der AfD Blog widmete diesem Ereignis außerdem einen eigenen Bericht, obwohl der gewohnte Sammelbericht von den Montagsversammlungen am 27.12 trotz AfD-Beteiligung ausgeblieben war.

Einen Tag später, am 29.12, wurden in Neerstedt (Gemeinde Dötlingen) zwei Kerzen vor dem Rathaus abgelegt. Ein Bild davon wurde bei „Freie Niedersachsen“ zusammen mit der Bemerkung „So hat es überall einmal begonnen…“ gepostet. Quelle: 16voll

Der Link zu dem Beitrag der Antifaschistische Vernetzung Oldenburger Land mit weiteren Informationen: https://16voll.noblogs.org/post/2021/12/31/antifaschistischer-monatsbericht-dezember-2021/

 

Aufruf: Rechter Gewalt entgegentreten – Keine Homezone für „Querdenken“ in Wildeshausen!

Die Antifaschistische Vernetzung Oldenburger Land ruft dazu auf, sich um 17:30 Uhr auf den Marktplatz Wildeshausen zu treffen, um dann an dem Protest gegen die Querdenken-Demonstration in Wildeshausen am 06.12.2021 teilzunehmen.
 

Aufruf von der „Antifaschistische Vernetzung Oldenburger Land: Wir rufen dazu auf, die Demonstration der Verschwörungsideolog:innen zu stören und ihnen keinen Platz in Wildeshausen zu bieten.

Am Montag den 06.12.2021 um 18:00 Uhr soll die nächste Veranstaltung am Marktplatz in Wildeshausen starten und durch die Stadt führen. Vergangene Woche kam es seitens der Verschwörungsgläubigen zu Gewalt gegen antifaschistische Genoss:innen. Dies werden wir niemals unwidersprochen lassen!
 

Rechter Gewalt entgegentreten – Keine Homezone für „Querdenken“ in Wildeshausen!

Wann: 06.12.2021 um 17:30 Uhr

Wo: Marktplatz Wildeshausen

Bei der ersten Demonstration am 29.11.2021 nahmen ca. 50 Personen teil, die wir der Querdenken-Szene zuordnen. Aus aus den Regionen Vechta, Cloppenburg und Oldenburg kamen die Anhänger:innen zusammen, um einen „Abendspaziergang“ gegen eine „mögliche Impfpflicht und die Grundrechtseinschränkungen“ zu veranstalten. Offenbar weichen viele Akteur:innen aus Oldenburg aufs Umland aus, um ihre antisemitische und nicht selten rassistische und sexistische Ideologie ungestört zu verbreiten. Bei der Veranstaltung kam es zu physischen und verbalen Übergriffen gegen Antifaschist:innen, die die Veranstaltung kritisch begleiten wollten. Die lokale AfD nahm auch am „Spaziergang“ teil und machte sich bereits am nächsten Tag über die Angriffe lustig.
 
 
Wir rufen dazu auf, klare Kante gegen Querdenken, dieBasis, die AfD und sonstige Faschos zu zeigen! Die verschwörungsideologische Vernetzung darf nicht ungestört bleiben! Aufruhr, Widerstand, es gibt kein ruhiges Hinterland!
 

Organisiert euch in Kleingruppen, tragt eine FFP2-Maske, haltet Abstand und testet euch vorher! Kommt nur, wenn ihr euch gesund fühlt! Quelle: 16voll

Der Link zu dem Aufruf der Antifaschistische Vernetzung Oldenburger Land mit weiteren Informationen: https://16voll.noblogs.org/post/2021/12/02/aufruf-rechter-gewalt-entgegentreten-keine-homezone-fur-querdenken-in-wildeshausen/