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16voll-Beitrag vom 31.01.2022: „Antifaschistischer Monatsbericht Januar 2022 (2): Landkreis Oldenburg“

16voll-Beitrag vom 31.01.2022: Rechte Aktivitäten der Freien Niedersachsen in Wardenburg

Die Versammlungen in Wardenburg fanden sonntags am 02., 09. und 16.01 statt, an den ersten beiden Tagen berichtete das Bündnis für solidarische Intervention (BfsI) auf Twitter. Außerdem bestätigte ein Sprecher der Gemeindeverwaltung Wardenburg in einem NWZ-Artikel vom 05.01 unsere Beobachtung, dass ein Großteil der Teilnehmenden bei den Versammlungen im Dezember aus der näheren Region angereist sind.

Am 02.01 befand sich Martin Henning vom Kreisverband der Partei dieBasis unter den etwa 90 Teilnehmenden. Laut BfsI waren außerdem AfD-MdL Harm Rykena sowie Anke Wolff, Jeannette Harmjanz und Alexander Goretzki von dieBasis anwesend. Bemerkenswert war außerdem eine Person in einem Pullover des extreme Rechten Kampfsportevents „Kampf der Nibelungen“ (KdN).

Auch aus dem Landkreis Wittmund reisten zwei Vertreter*innen der Partei dieBasis an. Kennzeichen: WTM-B-322.

Anke Wolff, die bereits bei Querdenken441 mitmischte, ist seit dem Frühjahr 2021 weniger in der Öffentlichkeit präsent. Sie wohnt in Ahlhorn und ist bundesweit in der Szene vernetzt, u.a wird sie als „Gewerkschaftsführerin“ der Schein-Gewerkschaft „Demokratische Gewerkschaft“ aufgeführt, welche bis auf einen Internet-Auftritt und einigen dort veröffentlichten Berichten keine real existierenden Strukturen zu haben scheint.

Impressum der Scheingewerkschaft „Demokratische Gewerkschaft“. Inhaltlich verantwortlich ist der Verein „Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand“ (KDW) von Anselm Lenz. Bildquelle: Screenshot von der Seite www.demokratischegewerkschaft.de

Am 09.01 kamen bei schlechtem Wetter etwa 60 Personen. Diesmal war die Polizei mit einem großen Aufgebot vor Ort, kesselte die Demonstration zu Beginn und verhängte Auflagen. Im weiteren Verlauf kam es zu einem unübersichtlichen Katz- und Maus-Spiel, das für viele der Demonstrant*innen in einer Maßnahme endete. Gegen Personen wurden Ordnungswidrigkeitenverfahren aufgrund von Verstößen gegen die Maskenpflicht eingeleitet. Auch hier war Harmjanz anwesend.

Bild der Partei dieBasis vom 18.07.2021. Zu sehen: Alexander Goretzki (1), Anke Wolff (2) und Jeannette Harmjanz (3). Bildquelle: www.diebasis-oldenburg.de

Am 16.01 bot sich ein ähnliches, jedoch etwas weniger chaotisches Bild. Die Anzahl der Teilnehmenden stagnierte in etwa, darunter der einschlägig bekannte Paul de Vries, der sich am Rande der Veranstaltung aufhielt. De Vries, der bereits in Wildeshausen und Hude an Übergriffen beteiligt gewesen war, fungierte in der selben Woche am 10.01 bei einer Versammlung von Freie Niedersachsen in Rastede als Anmelder einer Spontanversammlung. Auch Martin Henning war wieder mit von der Partie. Auch dieser hat eine Vorgeschichte, da er am 14.08.2021 in Oldenburg mit einem Übergriff auf einen freien Journalisten im Rahmen einer Versammlung von Querdenken441 aufgefallen war, bei der er auch Reichsbürgerglaubenssätze verbreitete.

Etwa 8 Personen änderten die klassische Taktik des „Spazierengehens“ und stellten sich mit Kerzen, Musik und Tröten in einer Reihe auf Höhe des Bioladens an die vielbefahrene Oldenburger Straße.

Martin Henning, neben Anne Müller, kurz nach dem Angriff auf einen freien Journalisten. Beide waren an der Gründung des dieBasis-Kreisverbands „Hunte-Weser-Ammerland“ beteiligt. Bildquelle: Pixel Matsch

In der Folge wurde entschieden, die Versammlungen künftig auf montags zu verschieben. Wie zu erwarten, sank die Teilnehmendenzahl am Montag, den 24.01 auf etwa 20 Personen, da ein Großteil der Teilnehmenden der vergangenen Versammlungen aus dem näheren Umland kamen und deshalb vermutlich an den Versammlungen in Oldenburg und in den Landkreisen Ammerland und Oldenburg teilnahmen. Entsprechend wurde sich an der Aktion des vorangegangenen sonntags orientiert und eine stationäre Versammlung mit Kerzen an der Oldenburger Straße/Ecke Friedrichsstraße abgehalten. Der Form nach erinnern die Proteste an die rechten Protestaktionen entlang der Bundesstraßen 96 und 6 bei Görlitz. Dass diese das Vorbild sein könnten liegt auch deshalb im Bereich des Möglichen, da die Neonationalsozialistin Nicole Dobiasch bei der Aktion gesehen worden ist. Weitere Informationen zu Nicole Dobiasch: www.antifaelf.blogsport.de/2021/02/19/dassindwiroldenburg-eine-vernetzung-von-ganz-rechts

Nicole Dobiasch mit Mikro am 09.05.2020 auf der „Menschenwürde Demo“ in Oldenburg.

Am 31.01 sanken die Teilnehemendenzahlen weiter auf maximal ein Dutzend, wobei man sich fortan ganz auf das Stehen an der Oldenurger Straße konzentrierte. Zuvor veröffentlichte der Rat der Gemeinde Wardenburg mit Unterstützung vieler Vereine die sogenannte „Wardenburger Erklärung“, in welcher die „Corona-Spaziergänge“ wegen der Organisation durch „demokratie- oder verfassungsfeindliche Organisationen“ kritisiert werden.

Links: Ankündigung in der Facebook-Gruppe „Wardenburg, meine Gemeinde“ von Romano Winter für den 24.01 im bekanntem Wardenburger-Layout. Bildquelle: Screenshot Facebook
Rechts: Ankündigung der Versammlung für den 31.01 in der Telegram-Gruppe „Freie Niedersachsen“. Bildquelle: Screenshot von dem Telegram-Kanal „Freie Niedersachsen“

Rechte Sticker- und Propaganda im Landkreis

Auch im Januar haben wir wieder diverse rechte Sticker im Landkreis dokumentieren können. In Ahlhorn (Gemeinde Großenkneten) organisierte die Gruppe „Mit-Denken Ahlhorn“ gegen die Vielzahl an Stickern, u.a. von der Identitären Bewegung (IB) und aus dem Online-Shop des Hallenser Neonazis Sven Liebich, „politaufkleber“, eine Reinigungsaktion. Sticker aus Liebichs Online-Shop wurden in den letzten Monaten auch in anderen Gemeinden im Landkreis gefunden, vor allem in Wardenburg. Stephan Heide schrieb für „der rechte rand“ in Ausgabe 189 im März 2021 zu Liebich:

Seit den 1990er Jahren gehörte der heute 50-Jährige zu den führenden Neonazis in Sachsen-Anhalt. Neben seinem früheren Job als Angestellter des Finanzamts war er Straßenaktivist, Versandhändler, Ladenbetreiber und galt als treibende Kraft hinter der »Blood-&-Honour«-Sektion Sachsen-Anhalt.

[…] Nachdem er 2020 die Verantwortung für den »Shirtzshop« an seine Schwester abgegeben hat, betreibt er ein weiteres Unternehmen, das Shirts und Utensilien für den politischen Aktivismus bedruckt und über seine Plattform vertreibt. Dieses Sortiment zeichnet sich durch die unverhohlene Zurschaustellung seines Vulgär-Rassismus aus, durch unangemessene NS-Vergleiche und die Verhöhnung der Opfer.

Rechte Sticker, u.a. von der IB, traten geballt in der Nähe der Wohnorte von Harm Rykena (Visbeker Straße 17) und Dierk Horstmann (Wildeshauser Straße 56) in Ahlhorn auf. Bei Horstmanns Privatadresse fand am 01.09.2019 im übrigen das Sommerfest des AfD Kreisverbands Oldenburg Land statt. Eingeladen hatte der ehemalige Ortsvorsitzende Daniel Kuper.

Bereits im August 2018 waren die Aufkleber der IB so massiv im Ortsbild von Ahlhorn präsent, dass sich sogar die Gemeindeverwaltung in Form der Integrationsbeauftragten einschaltete und der Bauhof Dutzende Sticker entfernte. Dies berichtete damals die „Kreiszeitung“.

Einer der in Ahlhorn 10.08.2018 gefundenen am Aufkleber. Bildquelle: Gemeinde Großenkneten

Dass die Sticker von Dierk Horstmann direkt stammen, erscheint möglich. Wie wir im Monatsbericht November 2021 dokumentiert haben, teilte er Inhalte der IB auf Facebook.

Links: IB-Sticker „Ja Europa, nein Union“ vom 05.01 Ecke Wildeshauser Straße/Schulweg.
Rechts: Rundaufkleber „Unser Land – Unsere Werte“ mit dem IB-Logo entdeckt am 23.01 an der Kreuzung Wildeshauser Straße/Visbeker Staße.

Auffällig oft wurden außerdem Motive „Gesundheitsempfehlung deiner Regierung“ verklebt, die mutmaßlich in Kooperation von AfD MdL Harm Rykena und Querdenken-Strukturen rund um Luise de Bruin und die „Freiheitsboten Oldenburg“ entstanden sind. Das gehäufte Auftreten an Rykenas Wohnort dürfte den Verdacht erhärten, den wir im Monatsbericht Dezember 2021 folgendermaßen artikulierten:

Über den Druck im großen Stil eines sehr ähnlichen Motivs [wie dem als Sticker gefundenen] wurde in der Gruppe ‚Freiheitsboten Oldenburg‘ zwischen dem AfD MdL Harm Rykena und der Querdenken441-Mitorganisatorin Luise de Bruin diskutiert. Rykena bot an, dass sich der Druck ‚regeln lasse‘, wenn es eine bessere Druckvorlage gäbe. Dass die Sticker durch diese Strukturen verbreitet werden, liegt Nahe.

Mehrere verklebte „Gesundheitsempfehlung deiner Regierung“-Aufkleber an der Bushaltestelle „Brandes“, Wildeshauser Straße am 05.01. Im Hintergrund links schlecht zu erkennen der Aufkleber „Stopp Tierversuche – nehmt Poltiker der Altparteien!“ aus dem Online-Shop „politaufkleber“.

Zudem wurden, in durchschaubarer Absicht, in der Nähe der drei Ahlhorner Schulen, einem Kindergarten und einem Test-Zentrum Aufkleber mit den Aufschriften „UNMASK OUR KIDS“, „UNMASK OUR KIDS #WETHEPARENTS“ und „UNMASK OUR CHILDREN #LETSKIDSBEKIDS“ angebracht. Desweiteren wurde dort das Schild des Test-Zentrums beschädigt. Die Organisator*innen „Mit-Denken Ahlhorn“ schrieben dazu in einer Pressemitteilung:

Was aber nicht geht sind dubiose Sticker in der Nähe zu Kindergärten und Schulen. Hier werden bewusst Eltern und vor allem auch Kinder verunsichert“, erläutert Michael Schäfer. Neben Stickern und Schmierereien wurde auch Müll gesammelt. „In den Wohngebieten findet sich doch so einiges, was achtlos in den Straßengraben weggeworfen wird.

Aufkleber mit den Aufschriften „UNMASK OUR KIDS“, „UNMASK OUR KIDS #WETHEPARENTS“ und „UNMASK OUR CHILDREN #LETSKIDSBEKIDS“ alle gefunden am 06.01 in Ahlhorn.

Bei der einer Schmierereien handelt sich es um ein mit weißer Sprühfarbe gemaltes Hakenkreuz, welches an einem Laternenpfahl in der Sandhörn-Straße, ganz in der Nähe von dem Haus von Siemone H., gefunden und entfernt wurde. Die Nordwest-Zeitung berichtete im Nachhinein über die Aktion.

Ähnliche Motive, vor allem die Karl-Lauterbach-Booster-Aufkleber (bundesweit verbreitet, vor allem auch in Oldenburg) sowie die Sticker aus den Kreisen der „Freiheitsboten Oldenburg“ fanden sich auch in Wildeshausen. Die Sticker sind auch bestellbar in dem Online-Shop „Phalanx Europa“ von der IB.

Aufkleber „Booster Abo“ in Ahlhorn; Ecke Wildeshauser Straße/Waldstraße . Am 29.12 klebte auf dem selben Mülleimer ein „Gesundheitsempfehlung deiner Regierung“-Aufkleber.

Auch im nahegelegenden Winkelsett (Colnrade; Samtgemeinde Harpstedt) wurden diese Propaganda-Artikel entdeckt. Darüber hinaus wurden auch hier bzw. im angrenzenem Hunteweg (Gemeinde Dötlingen) Sticker der IB verklebt. Als zusätzliches „Wildeshauser Phänomen“ sind die aus den letzten Monaten bekannten, von Impfgegner*innen selbst-kreierten Sticker zu benennen.

Diverse Sticker „Heimatschutz statt Mundschutz!“, „Mensur“ und „Still not loving Antifa“ aus dem Online-Shop „Phalanx Europa“ der IB, gefunden am 09.01 in Wildeshausen und Dötlingen.

In der Gemeinde Wardenburg wurde am 01.01 ein weiterer „Impfen macht frei“-Sticker in Hundsmühlen an der Bushaltestelle „Hunteweg“ gefunden. Zwei Tage später, am 03.01, wurde ein Aufkleber des verschwörungsideologischen Telegram-Kanals „THE WHITE ROSE“ an einer Laterne auf dem Parkplatz des Test-Zentrums an der Oldenburger Straße 221 gefunden. Diese finden seit einigen Monaten auch in Oldenburg rege Verbreitung. Am 24.01 wurden ebensolche Sticker der verschwörungsideologischen Kampagne „Join the White Rose“ auf der Demonstration von „Freie Oldenburger“ verteilt. Außerdem wurden am 24.01 erstmals Aufkleber mit der Aufschrift „Freiheit statt Sozialismus“ und „AfD – Die Realisten“ aus dem AfD-Onlineshop in Tungeln an der Bushaltestelle „Tjarks“ gefunden.

Links: Antisemitischer „Impfen macht frei“-Sticker in Hundsmühlen an der Bushaltestelle „Hunteweg“.
Rechts: Aufkleber der Kampagne „Join the White Rose“ auf dem Parkplatz vor dem Testzentrum an der Oldenburger Straße 221.

Corona-Rechte in der Gemeinde Großenkneten mit Schwerpunkt Ahlhorn

Wie die regen Propaganda-Aktivitäten in Ahlhorn schon vermuten lassen, gab es auch im Januar Aktivitäten auf der Straße, indem sich die „Montagsspaziergänge“ fortsetzten. Die Teilnehmendenzahlen bewegten sich permanent im Bereich von maximal einigen Dutzend, sanken aber zum Ende des Monats.

Am 03.01 versammelten sich etwa 30 Personen und gingen, ohne Maske oder Abstand, die Wildeshauser Straße entlang und legten am Polizeistein Kerzen ab. Die AfD Oldenburg Land vermeldete dies als „Erfolg“ und schrieb über „verdoppelte Teilnehmerzahlen“ (45), lieferte jedoch ein Video mit, das diese Einschätzung widerlegt. Mit dabei unter anderem AfD Kreisvorsitzender und Landtagsabgeordneter Harm Rykena.

Am 10.01 versammelte sich erneut eine Menge in ähnlicher Größe am Treffpunkt an der Polizeiwache und zog die Wildeshauser Straße entlang. Unter ihnen war auch wieder Harm Rykena. Diesesmal stoppte die Polizei nach Angaben der AfD Oldenburger Land den Aufzug zur Durchsetzung der Maskenpflicht (und fotografiert ihn angeblich sogar ab), wobei es zu einer Auseinandersetzung zwischen Polizei und Demonstrant*innen gekommen sein soll, dabei wurde eine Person festgenommen.

Am 17.01 organisierte ein Parteien-Bündnis von SPD, B90/Die Grünen und der Linkspartei unter dem Namen „Mit-Denken Ahlhorn“ erstmals Gegenprotest in Ahlhorn, welcher promt etwa 60 Menschen anzog und insofern erfolgreich war, als dass es nicht wie üblich eine Versammlung der Corona-Rechten bei der Volksbank gab. Jedoch filmte Martin Gramsch, regelmäßiger Teilnehmer*innen der „Spaziergänge“, die Kundgebung ab. Diese Videoaufnahme wurde dann auf dem Blog der AfD Oldenburger Land veröffentlicht.

Ein Screenshot von dem Blog, das Martin Gramsch von der Gegenkundgebung aufnahm und welches noch am selben Abend bei der AfD Oldenburger Land veröffentlich worden ist. Bildquelle: Screenshot von der Seite www.afd-oldenburg-land.de

Einige der Ahlhorner*innen wichen nach Großenkneten aus, wo sich maximal 25 Personen (AfD-Angaben, eigenes Video 16 Personen) versammelten und beim Rathaus Kerzen hinstellten. Diese Ausweichversammlung wurde vorher nicht öffentlich angekündigt, was zeigt, dass es auch im ländlichen Raum eine mobilisierbare Szene gibt, die sich koordinieren kann, auch wenn diese nicht bedrohlich groß ist.

Links: Ein eigenes Video der AfD, das 16 Teilnehmende zeigt, während von 25 geschrieben wird. Bildquelle: Screenshot von der Seite www.afd-oldenburg-land.de
Rechts: Nachricht im Kanal der „Freie Niedersachsen“, die von ca. 20 Teilnehmenden spricht. Bildquelle: Screenshot von dem Telegram-Kanal „Freie Niedersachsen“

Am 24.01 fand wiederum eine Versammlung aus dem Spektrum der Corona-Rechten statt, allerdings kamen dieses Mal nur 9 Personen zum Teil mit auf Fahrrädern.

Corona-Rechten unterwegs mit Fahrrädern und Lichterketten entlang der Wildeshauser Straße.

Am 31.01 versammelten sich ebenfalls kleine Grüppchen mit insgesamt 15 Leuten, von denen zwei Leute in einer Polizeimaßnahme auf der Polizeiwache landeten. Gegen drei Personen wurden Ordnungswidrigkeitenverfahren aufgrund von Verstößen gegen die Maskenpflicht eingeleitet.

Regelmäßige Teilnehmer*innen der Aufzüge waren die Familien Gramsch und Tegeler. Martin Gramsch wohnt mit seiner Familie in Ahlhorn (Vogelbeerweg 2) und arbeitet bei Clever Etiketten – Nord im Außendienst.

Geschäftsführer bei Clever Etiketten ist Steffen Gramsch. Auch im „Team“ Martin Gramsch. Bildquellen: Screenshot von der Seite www.clever-nord.de

Die Familien von Martin und Christine Tegeler (Ahlhorn, Breslauer Straße 5) traffen sich auch außerhalb der genannten Daten zum Spaziergehen mit einer Lichterkette in Ahlhorn.

AufAbstand schreibt zu Friedrich Tegeler, dem Mann von Christine Tegeler:

Am 6. Juli [2020] schreibt er in der Telegram-Gruppe [Querdenken441] der sog. ‚Volkslehrer’ Nikolai Nerling sei nicht rechtsextrem und er würde den Großteil seiner Ansichten unterstützen. Außerdem kenne er ihn persönlich ziemlich gut.

Seine Verlinkungen zum ‚Volkslehrer’ waren zuvor auf Kritik gestoßen, da eine Verbindung zu Rechtsextremisten es den Medien ermögliche, die Gruppe in ein schlechtes Licht zu rücken.

Zudem behauptete er, an einem Treffen verschiedener ‚Weltanschauungen’ teilgenommen zu haben, bei welchem auch ‚hochrangige’ Vertreter*innen des Christentums, Heidentums, des Nationalsozialismus, des Liberalismus und der ‚Ludendorffer-Philosophie’ anwesend gewesen sein sollen.

Privates Bild von Friedrich Tegeler. Bildquelle: AufAbstand

Darüber hinaus wurde in der Vergangenheit auf dem vorherigen Grundstück der Familie die Reichskriegsflagge gehisst, was zu Informationen passt, nach denen am VW-Bus der Familie 2020 ein „Q“-Aufkleber klebt. Dieser bezieht sich auf den antisemitischen Verschwörungsmythos QAnon. Außerdem ist die Familie dafür bekannt, an der Grundschule Ahlhorn wegen Corona-bezogenen Themen für Stress zu sorgen. Friedrich Tegeler postete außerdem am 26.02.2021 in der Telegram-Gruppe „DasSindWirCloppenburger“ ein geschnittenes Video, auf dem er, von Marschmusik unterlegt, an einem mit „Stop Racism“ bemalten Stromkasten an der Hauptstraße in Großenkneten die verleumdnerische Parole „Anti White“ anbringt.

Propagandistisch sticht in Ahlhorn vor allem ein Ort heraus: Das Atelier „Kunstbaude“ von Annette Lübke auf dem Sandhörn 2A. Die Schaufenster des Ateliers sind voll mit Material der verschwörungsideologischen Kleinpartei dieBasis, ausgedruckten Link-Sammlungen und Statistiken sowie bekannten Motiven aus der Querdenken-Szene wie Motive der „THE WHITE ROSE“-Sticker oder Zitate aus den Flugblättern der tatsächlichen NS-Widerstandgruppe „Weiße Rose“. Dieser Vergleich relativiert ganz offensichtlich den Terror des NS-Regimes gegen seine Gegner*innen.

Die Kanalbeschreibung einer der dort auf einem Zettel beworbenen Telegram-Kanäle, „Graphene Research“, spricht ebenfalls für sich: „Graphene Research – Verhaltenskontrolle der Bevölkerung durch ferngesteuert, angeregte Graphenoxid-Nanopartikel (5G Technologie) – Vaccine – Covid19 – Mind Control – 1984 – Transhumanismus“

Bilder von den Schaufenstern des Ateliers „Kunstbaude“ in Ahlhorn.

Corona-Rechte in Wildeshausen mit Verbindung zu Polizeibeamten?

Martin Gramsch heißt auf Telegram vermutlich „Cloosed“. Unter diesem Namen schlug er in den Kommentaren der rechten Freien Niedersachsen vor, in Wildeshausen auch an anderen Tagen der Woche zu demonstrieren, um den „linksradikalen“ vom Bündnis „Mit COURAGE gegen Rechts“ (MiCOU) auszuweichen. Das war 03.01.2022, dem Tag, an dem den Freien Niedersachsen erstmals wieder ein kleiner Spaziergang in Wildeshausen gelang. Mehrere Personen liefen gegen 17.30 Uhr mit großen Kerzen durch die Innenstadt und wurden später von der Polizei angehalten den Marktplatz zu betreten. Es kam zu einigen Diskussionen mit der Polizei, während vor dem Rathaus eine Gegenkundgebung von MiCOU startete. An diesem Gegenprotest nahmen etwa 80 Personen teil. An dem kleinen Aufmarsch nahmen ungefähr 15 Personen teil. Auch diese Ausweichversammlung wurde vorher nicht öffentlich angekündigt. Ein weiteres Beispiel, dass es hier im Landkreis eine mobilisierbare Szene gibt, die sich koordinieren kann.

Links: Screenshot von der Cloosed-Unterhaltung. Bildquelle: Sreenshot Telegram
Rechts: Ankündigung der Versammlung in der Telegram-Gruppe „Freie Niedersachsen“. Bildquelle: Screenshot von dem Telegram-Kanal „Freie Niedersachsen“

Eine Woche später (10.01) waren nur 20 Personen auf der Seite der „Spaziergänger*innen“ anwesend. Einige dieser Personen waren einen Tag später (11.01) in Harpstedt beim Aufmarsch mit dabei.

Von der angekündigten „Null-Toleranz“ der Polizei konnte nichts in Wildeshausen festgestellt werden. Vorort wurden keine Personalien festgestellt. Auch wurde dem wiederholten provokanten Fehlverhalten seitens der Corona-Rechten nicht nachgegangen. Stattdessen wurde nur darauf hingewiesen, dass nicht mit mehr als drei Personen ohne Maske zusammen stehen dürfen. Der Aufmarsch der Corona-Rechten verlief sich schnell. Erfreulicherweise waren einige Gegendemonstrant*innen auf dem Marktplatz anwesend, trotz fehlender Gegenkundgebung von dem Bündnis MiCOU.

Auch am darauffolgenden Montag (17.01) blieb die Beteiligung an den Aktionen der Corona-Rechten in Wildeshausen gering, im Umfeld einer Menschenkette vom Bündnis MiCOU mit dem Titel „Nachdenken statt Querdenken – kein Platz für Querdenken und rechte Hetze!“ mit ca. 80 Menschen versammelten sich wieder zwischen etwa 15-20 Personen, die keine Maske tragen wollten und teilweise dazwischen riefen. Wieder dabei war Markus Milke („Schrotti Milke“) der schon in der Vergangenheit mit Zwischenrufen die Aufmerksamkeit auf sich zog. Bei der Schweigeminute war es aber immerhin still auf dem Marktplatz, als den Opfern der Corona-Pandemie gedacht wurde. Erwähnenswert ist es, dass die Polizei zum ersten Mal anscheinend Videoaufnahmen von den Corona-Rechten anfertigte.

Personen am Rande der Gegenversammlung, die bereits auf den „Spaziergängen“ gesehen wurden. Bildquelle: MiCOU

Dass Wildeshausen ein schwieriges Pflaster für Corona-Rechte ist, beklagte anschließend Sven André Debicki auf seinem Telegram-Kanal „Wildeshausen“. Dort verbreitet er seit Dezember 2021 Aufrufe für Versammlungen von Corona-Rechten in der Region u.a. in Hude und kommentiert vereinzelt das Geschehen rund um die Proteste, wobei er auch auf Aussagen von AfD-Mann Harm Rykena zurückgreift. Debicki ist laut der Internetseite der „Unabhängigen Wählergemeinschaft“ (UWG), für die er bis 2021 im Wildeshauser Stadtrat saß, Polizeibeamter. Ein NWZ-Artikel von 2014 erwähnt die Betätigung als Bundespolizeibeamter in Uelzen, von der er für sein Ratsmandat freigestellt worden sei. Er verkündete im August 2021, dass er und seine Frau Vera Debicki, die für die SPD von 2011-2021 in den Stadtrat gewählt worden war, bei der Kommunalwahl 2021 nicht mehr antreten werden. Als Grund nannte er die „Corona-Diktatur“ und den „Great Reset“. Verbreitet wurde diese und andere Mitteilungen auf seinem Twitter-Account „Herzanlage“. Dort teilt er Inhalte des rechtsextremen Medienprojekts „AUF1“ aus Österreich, welche den Verschwörungsmythos einer von „den Mächtigen“ geplanten Pandemie beinhalten. Eine weitere gerne geteilte Quelle ist „klagemauer.tv“, das Internetportal der „Organische Christus Generation“-Sekte. Dieser widmete sich Belltower-News in einem längeren Artikel, aber so viel sei an dieser Stelle gesagt: es handelt sich bei „klagemauer.tv“ um ein zutiefst antisemitisches Medienportal einer zutiefst antisemitischen Sekte. Vervollständigt wird das rechte Weltbild von der Einbildung einer mächtigen queerfeministischen und antirassistischen Lobby (Wortlaut: „Propaganda-Loge“).

Oben: Debicki gibt seinen Rückzug und den seiner Frau aus der Kommunalpolitik bekannt. Bildquelle: Twitter
Mitte: Debicki auf der Website der UWG-Fraktion im Widleshauser Stadtrat 2016-2021.
Bildquelle: Screenshot von der Seite www.uwg-wildeshausen.de
Unten: Kandidat*innenbild von Vera Debicki für die SPD bei der Kommunalwahl 2016. Bildquelle: www.spd-wildeshausen.de

Sind das nur Ausrutscher bei der Quellenauswahl? Nein, das zeigt sein Telegram-Kanal.

Geraunt wird dort in selbst geschriebenen Textem über die gekaufte Presse, die „Flüchtlingskrise 2015“, 9/11 oder was auch immer den Erleuchteten (Verschwörungsideolog*innen) gerade noch so zur Projektion ihres Kontrollverlustes dient. Das politische System wird scheinbar wahllos als kommunistisch, faschistisch oder feudal diffamiert. Auch wird dort mit Shoa-Relativierungen kokettiert, wenn er etwa schreibt, Demonstrierende gegen die Corona-Rechten würden diese „mit stigamatisierender und diffamierender Art und Weise in den nächsten gedanklichen Diktatur-Eisenbahnwaggon Richtung Impflager schicken“ wollen (vom 19.01.2022). Diesen Eindruck bestätigt ein „Impfung macht frei“-Bild, das Debicki am 15.07.2021 auf seinem Twitter-Account veröffentlichte. Für ein solches Bild auf Facebook verurteilte das Amtsgericht Aichach im Januar 2022 einen Mann wegen Volksverhetzung.

Das gleiche Shoa-relativierende Motiv, wie es auf zahlreichen Aufklebern Verbreitung fand, auf dem Twitter-Account von Debicki. Bildquelle: Screenshot Twitter

Dazu kommen die üblichen verschwörungsideologischen Vorstellungen über „die“ lügende, allmächtige, globale Elite („Pharmafirmen plus BlackRock“), sowie die Berufung auf ein vermeintlich privilegiertes Wissen um das große Ganze, das die „Schlafschafe“ nicht verstehen würden. Verbunden wird diese angebliche priviligierte Erkenntniszugang mit dem Verweis auf Gott, Liebe und Licht („Krieger des Lichts“, „Gott ist Liebe“ und „Ich möchte zurück ins Licht“).

Die alles verbindende Erzählung ist natürlich der „Great Reset“. Neben seinen eigenen Texten teilt er fleißig verschwörungsideologische Größen wie Ken Jebsen, Xavier Naidoo, Tim K. oder Aktivist Mann. Der Kanal an sich ist von der Reichweite her jedoch irrelevant (26 Follower, Stand: 03.01.2022) und nur insofern von Interesse, als das er die höchst problematischen Ansichten eines (ehemaligen?) Bundespolizisten zeigt.

Debicki postet ein Bild, das seinen Telegram-Account mit Schreibzugriff auf den Kanal „Wildeshausen“ zeigt bei Twitter. Zudem ist die aufgenommene Nachricht mit seinem Namen unterschrieben. Bildquelle: Screenshot Twitter

Am 24.01 versammelten sich etwa 20-25 Personen in Kleingruppen auf dem Marktplatz, unter ihnen auch Stefan S. der erstmals am 20.12.2021 im Umfeld der Gegenkundgebung identifiziert wurde. Obwohl der Polizeichef Jörn Stilke von der Polizeiinspektion Delmenhorst/Oldenburg-Land/Wesermarsch nach dem Erlass der Allgemeinverfügungen von der Stadt Delmenhorst sowie die Landkreise Wesermarsch und Oldenburg, welcher ab dem 08.01 ihre Wirkung entfalten sollte, in einer Pressemitteilung angekündigt hat, dass bei Verstößen bei den kommenden Versammlungslagen im Zuständigkeitsbereich der Polizeiinspektion „niedrigschwellig und konsequent“ eingeschritten werden soll, gab es laut Polizeiangaben keine Verstöße, auch wenn die Teilnehmer*innen der angekündigten Versammlung, wie auch zuvor, keine Masken trugen. Weiter hieß es in der Pressemitteilung vom 07.01:

Eine Verweigerung der Maskenpflicht stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die seitens der Polizei entschlossen verfolgt werden wird. Das bedeutet die Identitätsfeststellung von betroffenen Personen, eine gezielte Verfolgung der Verstöße, gegebenenfalls den Ausschluss von Teilnehmenden sowie das Aufstoppen der Aufzüge bis hin zu Auflösen der jeweiligen Versammlungen.

Das nicht eingeschritten worden ist, bestädigte auch die AfD Oldenburger Land auf ihrem Blog und widmete sich, wie auch in der Woche zuvor, den Montagsversammlungen und schrieb in dem Sammelbericht zu der Versammlung in Wildeshausen: „Anders als die letzten Male in Ahlhorn oder Harpstedt reagierte die anwesende Polizei diesmal sehr deeskalierend, in dem sie die Menschen aus einiger Ferne beobachtete und ansonsten nicht einschritt.“

Oben: Der Wildeshauser Marktplatz kurz nach 18:00 Uhr. Die Versammlung steht in Kleingruppen ohne Masken auf dem Platz verteilt.
Unten: Der gleiche Platz später am Abend. Masken sind immer noch nicht zu erkennen. Bildquelle: www.afd-oldenburg-land.de

Eine Woche später, am 31.01, wurde die Versammlung zum ersten Mal angemeldet. Es kamen nach Polizeiangaben etwa 70 Personen, zur Gegenversammlung kamen etwa 80 Personen. Beworben wurde die Versammlung u.a. von Martin Gramsch. Einige der Teilnehmenden trugen dabei blaue Mützen der AfD-Kampagne „Gesund ohne Zwang“, die auch im AfD-Onlineshop zu kaufen ist. Eine weitere Verbindung zur AfD stellt die Tatsache dar, dass sich das Bild, welches zur Bewerbung der Versammlung benutzt worden ist, im Hintergrund aus zwei Bildern zusammensetzt, welche die AfD auf ihrem Blog verwendete, um das Versammlungsgeschehen in Wildeshausen und Delmenhorst in der Vergangenheit zu bebildern. Anwesend war zudem AfD MdL Harm Rykena.

Links: Das Werbebild für die Versammlung am 31.01. Bildquelle: www.afd-oldenburg-land.de
Rechts: Der untere Teil des linken Bildes, ursprünglich von der AfD. Es zeigt eine Versammlung in Delmenhorst am 24.01. Bildquelle: Screenshot von der Seite www.afd-oldenburg-land.de“.“ Quelle: 16voll

Der Link zu dem Beitrag der Antifaschistische Vernetzung Oldenburger Land mit weiteren Informationen: https://16voll.noblogs.org/post/2022/01/31/antifaschistischer-monatsbericht-januar-2022-2-landkreis-oldenburg/

lkolpatriotinnen-Beitrag vom 07.07.2021: „07.06.2017: Patriotischer Aufkleber“

kolpatriotinnen-Beitrag vom 07.07.2021:

Am 07.06.2017 wurde der Aufkleber «Islamists not welcome» mit dem Logo der «Identitäre Bewegung» in der Pestruper Straße in Wildeshausen entdeckt. – Bildquelle: lkolpatriotinnen (Bearbeitung und Anonymisierung)

Der Aufkleber «Islamists not welcome» mit dem Logo der «Identitäre Bewegung» (nah). Auf dem Aufkleber steht: „STAY BACK OR WE’LLKICK YOU BACK […]phalanx-europa.com“. – Bildquelle: lkolpatriotinnen (Bearbeitung und Anonymisierung)
Am 26.01.2015 schreibt «belltower.news» in einem in einem Beitrag «Kleidung von Identitären für Identitäre»: „Auch das in der linksalternativen Szene weitverbreitete Motiv „Refugees welcome! Bring your families“ wurde von den Machern von „Phalanx Europa“ zweckentfremdet und zu einem rassistischen Statement umgeformt. Auf dem „Phalanx Europa“-Hemd ist ein Ritter zu Pferd mit einer Lanze zu sehen, der zwei Menschen mit Maschinengewehren davonjagt. Die Überschrift „Islamists not welcome. Stay back or we’ll kick you back“ zeigt die eindeutige rassistische Einstellung, die hinter der Identitären Bewegung steckt. Die offene Stereotypisierung der Muslime als terroristische Islamist_innen ist mehr als nur eine Anspielung. Und der Ritter, der nur mit einer Lanze bewaffnet ist, soll wohl den tapferen (aber nicht sonderlich schlauen?) Europäer darstellen, der auch angesichts der gefährlichen Islamist_innen nicht den Mut verliert und sie davonjagt. Der „deutsche Ritter“ mit seiner altbackenen Lanze symbolisiert neben der Verteidigung des Abendlandes gleichzeitig das Traditionsbewusstsein und markiert es als positiv und gewinnend.“. – Quelle: Belltower News

«dasversteckspiel.de» schreibt/schrieb in einem Artikel «Islamfeindliche Symbole»: „Antiislamische Symbole sind in der extrem Rechten überaus populär, auch weil sie damit Anschluss an die gesellschaftliche Mitte finden. Die Vorbehalte, die vielfach »gegen den Islam« vorgetragen werden, gehen in der Regel über eine Religionskritik hinaus und drücken einen antimuslimischen Rassismus aus. Dieser bringt die angeblich zivilisierte »westliche« Welt (Abendland) gegen eine angeblich unzivilisierte »orientalische« Welt in Stellung. Menschen mit vermeintlich türkischen oder arabischen Migrationshintergrund wird generell eine muslimische Religionszugehörigkeit unterstellt, die zugleich zur ethnisch-kulturellen Kategorie gemacht wird. Über die pauschale Gleichsetzung Islam = Islamismus = islamistischer Terrorismus werden sie nicht allein als fremd sondern als gefahrvoll konstruiert.

[…]Auf Shirts und Aufklebern wird zur Verteidigung Europas (»Defend Europe«) und des Abendlandes (»Defend The Occident«) gegen Islam und Geflüchtete aufgerufen. Ein Sinnbild dieses Kampfes ist der Kreuzritter. Auf dem Motiv »Islamists not welcome« […]treibt eine als Kreuzritter gezeichnete Figur mit seiner Lanze eine verschleierte Frau und einen bärtigen Mann mit Gewehr vor sich her. Verbreitet wird dieses Motiv insbesondere von der Identitären Bewegung.“. – Quelle: Das Versteckspiel Quelle: lkolpatriotinnen

Der Link zu dem Beitrag von lkolpatriotinnen mit weiteren Informationen: https://lkolpatriotinnen.wordpress.com/2021/07/07/07-06-2017-patriotischer-aufkleber/

16voll-Beitrag vom 23.10.2021: „Nachbericht: Antifa-Demo in Ganderkesee am 16.10.2021“

16voll-Beitrag vom 23.10.2021: „„Aufruhr, Widerstand: Es gibt kein ruhiges Hinterland!“ schallte es am Samstagnachmittag des 16.10.2021 durch Ganderkesee. Etwa 50 Antifaschist:innen folgten dem Aufruf zur Demonstration am Jahrestag des rechten Brandanschlags auf das „Don Gantero“. Aufgrund der geringen Teilnehmendenzahl wollte die Polizei die Demo zunächst nur au den Gehwegen laufen lassen. Die Demonstration nahm sich jedoch selbstbewusst den Raum der Straße, was die Polizei schließlich widerwillig akzeptierte. Allerdings sorgten mangelnde Kenntnisse der genauen Route seitens der Demonstration und der Weg durch menschenleere Gewerbegebiete und (teilweise ebenso menschenleere) Wohngebiete zeitweise für eher belustigte Stimmung.

Antifa-Demo in herbstlicher Landidylle. Bild: Fabian Steffens

Los ging es am Bahnhof mit dem Verlesen des Demo-Aufrufs vom „Bündnis für solidarische Intervention Oldenburg“, welcher über den Brandanschlag vom 14.10.2020 aufklärte und die Reaktion der Gemeinde Ganderkesee kritisierte. Außerdem wurde die Tat als Teil einer Anschlagsserie im Bremer Umland eingeordnet. Diese Einordnung wurde von späteren Beiträgen geteilt.

Während sich die Bürgermeisterin der Gemeinde Ganderkesee unmittelbar nach dem Brandanschlag noch schockiert gezeigt hatte, offenbarten die folgenden Taten der Verwaltung eine ganz andere Haltung. Die betroffenen Betreiber:innen des Restaurants wurden von der Gemeinde Ganderkesee nicht unterstützt. Stattdessen wurde innerhalb kürzester Zeit ein neuer Pachtvertrag mit einem bekannten Ganderkeseer Gastronom abgeschlossen und sie mussten das Gebäude Ende Mai 2021 verlassen. Wenn sich hinter dem Brandanschlag eine rechte Täter:innenschaft verbergen sollte, so hat diese ihr Ziel erreicht. Die Betreiberinnen des ‚Don Gantero‘ verloren ihr Restaurant und ihre Existenzgrundlage. Das sendet ein fatales Signal: potentielle Opfer rechtsextremer Gewalt können in Ganderkesee nicht mit angemessener Solidarität rechnen.

Ganzer Aufruf: https://buendnisfsi.wordpress.com/2021/10/06/brandanschlag-in-ganderkesee-solidaritat-mit-den-betroffenen-rechten-terrors/

Die erste Zwischenkundgebung fand dann auch folgerichtig vor dem Ganderkeseer Rathaus statt. Hier wurde unser Redebeitrag abgespielt, der im wesentlichen auf unserem Demo-Aufruf basierte und somit auch maßgeblich auf der NIKA-Broschüre „Ganderkesee. Eine Gemeinde mit rechter Kontinuität“. Auch hier wurde natürlich erneut über rechte Strukturen konkreter aufgeklärt und das Handeln der Gemeinde Ganderkesee kritisiert.

Mehr noch: Menschen sitzen auf gepackten Koffern und werden unter Zustimmung eines großteils der Gemeinde von dort vertrieben. Ja Ganderkesee, euer Schweigen legitimiert diesen Anschlag! Das ist ekelhaft und macht uns unfassbar wütend!

Weiter ging es mit einem Besuch beim „Life Studio“ in Ganderkesee. Hier darf der Neonazi Danny Gierden weiterhin Kinder und Jugendliche im Kampfsport trainieren. Unter anderem hierauf nahm der Redebeitrag von NIKA OL-WHV Bezug, welcher hier abgespielt worden ist.

Das Life Fitness Studio Ganderkesee ist durch Werbeplakate in der ganzen Stadt bekannt. Facebook Fotos zeigen weiterhin, dass Danny Gierden mit anderen Nazis wie Felix Stolte im Life Studio trainierten. Gierden ist außerdem Betreiber eines Kampfsport Studios in Prinzhöfte, das dafür bekannt ist, Neonazis zu trainieren, die unter anderem am so genannten ‘Kampf der Nibelungen’ teilnehmen. Gierden hat bei Hools und Neonazis keine Berührungsängste, nimmt selbst an so genannten ‘Wald und Wiesen Schlägereien’ teil und lässt sich gerne mit bekannten Kadern fotografieren. Es ist unglaubwürdig, dass dies niemandem in der Gemeinde aufgefallen ist.

Zwischenkundgebung vor dem „Life Studio“. Bild: Fabian Steffens

Zudem wurde auf eine „Faschisierung der ländlichen Regionen“ Bezug genommen, welche den Brandanschlägen als Kontext zur Seite gestellt worden ist.

In Ganderkesee ist aber noch viel mehr los als das. Was jetzt weder in unserer ohnehin schon 39 Seiten langen Broschüre und auch in diesem Redebeitrag keinen Platz mehr gefunden hat sind Strukturen von AfD, NPD, JN, Identitäre Bewegung, Bruderschaften, Verschwörungsideolg:innen und Reichsbürger:innen. Diese sind entweder in Verbindung mit den zuvor genannten Strukturen oder als weiterer Aspekt der Faschisierung der ländlichen Regionen zu nennen.

Wir wollen an dieser Stelle aber nur einen kleinen Überblick darüber geben welche rassistische Grundhaltung in Ganderkesee herrscht. Das erklärt vielleicht auch, warum die Gemeinde Ganderkesee sich, nach dem Anschlag, weder großartig schockiert noch in irgend einer Art und Weise supportive gegenüber den Betroffenen gezeigt hat. Im Gegenteil. Anstatt Haltung zu zeigen gegen rechte und rassistische Gewalt, versucht die Gemeinde, genau wie die Bullen, ihr rechtes Problem mit Schweigen unter den Teppich zu kehren und zu relativieren. Das am Ende dadurch solche rassistischen Taten legitimiert werden scheint ihnen scheisz egal zu sein.

Zuletzt macht die Demonstration vor dem Schützenhof Ganderkesee halt, wo das Wildeshauser Bündnis „So.Wi.WIR“ eine einen Monat nach dem Brandanschlag verfasste Solidaritätserklärung verlas. Der Redner verwies darauf, dass sich an der damals verfassten Kritik aus heutiger Perspektive größtenteils immer noch aktuell ist.

Zwischenkundgebung vor dem Schützenhof in Ganderkesee. Bild: Twitter-Kanal „Bündnis für solidarische Intervention Oldenburg“

Auch vier Wochen nach dem Brandanschlag in Ganderkesee gibt es aus der lokalen Parteienlandschaft bisher weder Reaktionen, noch Solidaritätsbekundungen für die von der Gewalt betroffenen Personen. Umso wichtiger ist es, dass wir als zivilgesellschaftliches Bündnis unsere Solidarität aussprechen und die umfassende Aufklärung der Tat durch die Ermittlungsbehörden fordern, denn auch wir fürchten, dass eine Serie von Brandanschlägen nicht konsequent verfolgt und falsch eingeschätzt wird.

Seit 2018 wurden im Bremer Umland Brandanschläge auf eine Wohnung, Bars und Restaurants von Menschen mit Migrations- und Fluchtgeschichte verübt. Die Existenzen der Betroffenen wurden weitgehend vernichtet und die Angst in den Communitys ist gewachsen. Die Polizei sieht keine Zusammenhänge zwischen den sechs unterschiedlichen Brandanschlägen auf Unterkünfte von Geflüchteten sowie migrantisch geführten Geschäften und geht nicht von einer Brandserie aus.

Ganzer Beitrag: https://antifainfowhs.blackblogs.org/2020/11/14/solidaritaetserklaerung-des-buendnisses-so-wi-wir-vom-13-11-2020-zum-brandanschlag-in-ganderkesee/

In der Zwischenzeit gab es Reaktionen der Parteien „Die Linke“ und „B90/Die Grünen“, ansonsten sind diese Worte nach wie vor aktuell.

Der Ort der Zwischenkundgebung ist gewählt worden, da sich die AfD in der Vergangenheit des öfteren im Schützenhof treffen durfte. Auf die Kundgebung aufmerksam geworden, machte ein neuer Pächter auf sich aufmerksam, der darauf verwies, dass er Anfragen der AfD abgelehnt habe und die Veranstaltungen der Partei in die Zeit seines Vorgängers fielen. Tatsächlich hat der Schützenhof laut einem Bericht des Weser-Kuriers seit August 2020 einen neuen Pächter. Seitdem sind keine AfD-Veranstaltungen dort bekannt.

Die Demonstration zieht am Vodafone/Kabel Deutschland Standort von Wigand Klepp vorbei. Dieser organisierte in der Vergangenheit den Ordnungsdienst bei den AfD-nahen „Frauenmärschen“ in Delmenhorst und Papenburg.

Danach ging es zurück zum Bahnhof Ganderkesee. Erfreulich waren die im Ortsbild präsenten Plakate von NIKA-Nordwest, die über die jüngste rechte Anschlagsserie im Nordwesten aufklären. Ansonsten enttäuschte jedoch die recht schwache Beteiligung trotz der eigentlich kurzen Anfahrtswege aus Oldenburg und Bremen. Außerdem zogen sowohl die Kundgebungen als auch die vorangegangene Mahnwache vom „Breiten Bündnis gegen Rechts“ aus Delmenhorst und „So.Wi.WIR“ aus Wildeshausen augenscheinlich nur sehr wenig Ganderkeseer Publikum an. Passant:innen waren quasi nicht vorhanden. Zumindest eine Vorbeikommende Person äußerte dabei auch noch den Verdacht, der Betroffene habe sein Restaurant selbst angezündet, um die Versicherung zu betrügen. Selbst die Polizei schließt das aus, dennoch scheint diese falsche Verdächtigung eine willkommene Ausrede zu sein, um vor rechtem Terror die Augen zu verschließen.

Das Presseecho fiel entsprechend schwach aus. Im Weser-Kurier gab es nur die Textbausteine der Polizeipressemeldung zu lesen. In der Neuen Osnabrücker Zeitung machte man sich zumindest augenscheinlich die Mühe, vor Ort zu recherchieren. Allerdings entlarven auffällige Fehler wie die Übernahme der Behauptung der Polizei, die Demo sei auf den Gehwegen gelaufen, dass dem nicht so war.

In geschlossener Formation mit mannshohen Transparenten, schwarz gekleidet und – über das zum Schutz vor Corona übliche Maß hinaus – vermummt […] Bei Kundgebungen an den Zwischenstationen prangerte eine Sprecherin vom Band und mit verfremdeter Stimme rechtsextreme Aktivitäten in der Gantergemeinde und der Region an. In den Fokus wurde dabei der Betreiber eines Fitnessstudios gerückt, der laut der Antifa-Sprecherin der Neonazi-Szene zuzurechnen ist.

Inhaltlich wurde sich dann auch nicht den öffentlich zugänglichen Quellen bedient, um über rechte Strukturen aufzuklären. Stattdessen wartete der Bericht mit einer unpräzisen Zusammenfassung der Redebeiträge auf. Was allerdings eine Erwähnung wert zu sein scheint, ist die Vermummung der Antifaschist:innen – dass diese als Selbstschutz vor militanten Neonazis dienen könnte, wird dabei nicht in Betracht gezogen.

Patriotischer Sticker „Wir lieben Deutschland“; im Hintergrund das vom Brand beschädigte „Don Gantero“. Ein weiteres Beispiel dafür, dass wir hier noch viel zutun haben werden.

Die Demo ist vorbei, aber unsere Arbeit geht weiter. Wir setzen unsere Behmühungen fort, den lokalen rechten Akteur:innen ihre Sicherheit und gesellschaftliche Akzeptanz zu nehmen und sie aus der Deckung zu holen. Nach wie vor gilt: Solidarität mit den Betroffenen rechten Terrors – Rechte Strukturen aufdecken und bekämpfen!Quelle: 16voll

Der Link zu dem Beitrag der Antifaschistische Vernetzung Oldenburger Land mit weiteren Informationen: https://16voll.noblogs.org/post/2021/10/23/nachbericht-antifa-demo-in-ganderkesee-am-16-10-2021/

 

lkolpatriotinnen-Beitrag vom 30.06.2021: „30.05.1999: Schändung des jüdischen Friedhofes in Wildeshausen“

Screenshot: lkolpatriotinnen

lkolpatriotinnen-Beitrag vom 30.06.2021: „Am 29.08.2013 schreibt der «weser-kurier.de» in einem Artikel zur Schändung des jüdischen Friedhofes in Wildeshausen am 30.05.1999: „Zuletzt wurde der jüdische Friedhof Wildeshausen am 30. Mai 1999 Opfer von Vandalismus. Damals entstanden an acht Grabsteinen Schäden von insgesamt rund 15000 D-Mark.“.“ Quelle: lkolpatriotinnen

Der Link zu dem Beitrag von lkolpatriotinnen mit weiteren Informationen: https://lkolpatriotinnen.wordpress.com/2021/06/30/30-05-1999-schandung-des-judischen-friedhofes-in-wildeshausen/

Aufruf: Antifa-Demo in Ganderkesee am 16.10.2021

Die Antifaschistische Vernetzung Oldenburger Land ruft zu der Antifa-Demonstration in Ganderkesee am 16.10.2021 auf.
 
Aufruf von der „Antifaschistische Vernetzung Oldenburger Land zu einer Antifa-Demo in Ganderkesee am 16.10.2021: „Am 14.10 jährt sich der Brandanschlag auf das Ganderkeseer Restaurant “Don Gantero” im ehemaligen Bahnhofsgebäude zum ersten Mal. Die Tat ist rassistisch motiviert und vermutlich Teil einer Anschlagsserie, welche an drei Orten im Bremer Umland; in Syke, Gnarrenburg und Ganderkesee, begangen worden ist.
 
FIGHT BACK! Solidarität mit den Betroffenen rechten Terrors – Rechte Strukturen aufdecken und bekämpfen!
 

Wann: 16.10.2021 um 15 Uhr

Wo: Bahnhof Ganderkesee

„Das systematische Vorgehen war an den Orten jeweils gleich: alle drei Restaurants wurden von Personen betrieben, die eine Migrationsgeschichte haben. Es wurde [immer nachts] eingebrochen, es wurden mit Brandbeschleuniger im Innern der Gebäude Feuer gelegt und an allen drei Orten Hakenkreuze hinterlassen.“ [1] ~ Jan Krieger, Mobilen Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus für Demokratie Niedersachsen

Keine der Taten ist bisher aufgeklärt worden. Trotz eindeutig hinterlassenen Botschaften werden viele der Fälle, wie auch in Ganderkesee, von staatliche Stellen nicht als rechte, rechtsextreme oder rassistische Anschläge bewertet und die Ermittlungen abgeschlossen. Ein weiterer Fall, der wohl niemals aufgeklärt wird.

„Wenn man nicht Willkommen ist, dann packt man sein Koffer und geht halt einfach.“ [2] ~ Saman Ghorbani, Betroffener des Brandanschlags in Ganderkesee

Ebenso bleibt eine breite öffentliche Empörung und die Solidarität mit den Betroffenen der Anschläge weitestgehend aus. Anstatt sich mit dem Opfer dieser Tat zu solidarisieren, hat der Verwaltungsausschuss der Gemeinde Ganderkesee den Pachtvertrag für die Räumlichkeiten wegen „Unmöglichkeit der weiteren Nutzung“ gekündigt. Folgend gab es dennoch ein öffentliches Vergabeverfahren, auf das sich vier Gastronomen, darunter auch die bisherigen Betreiber, beworben haben. Das Kriterium für die Vergabe sei die Qualität des Konzepts gewesen, woraufhin das Gebäude an Ulf und Heike Thiemann, die bereits in Ganderkesee Gastronomie betreiben, vermietet wurde. Es bleibt die Frage offen, warum das Objekt neu vermietet wird, obwohl der vorherige Pächter wegen „Unmöglichkeit der weiteren Nutzung“ gekündigt und im Bewerbungsverfahren „ohne Berücksichtigung“ gewertet wurde [3]. Den Betroffenen wird damit nicht nur ein Grundstein der eigenen Existenz entrissen, sie werden auch mit der Angst vor weiteren Anschlägen alleine gelassen. Wir sind wütend, dass die Faschist:innen mit Unterstützung der Gemeinde Ganderkesee offenbar ihr Ziel erreicht haben; Menschen sitzen auf gepackten Koffern und wurden ihrer Lebensgrundlage beraubt.

„Es stellt für mich ‘nen Brückenschlag dar zu Aktionen von Neonazis. Die bedrohen eben Menschen, greifen sie an oder ermorden sie, die sie nicht als deutsch wahrnehmen. Nicht als Teil der deutschen Gesellschaft. Das erweitert diese Aktion, um Menschen aus dem Stadtbild zu vertreiben.“ [2] ~ Marc Weber, Betroffenenberatung Niedersachsen

Das zeigt uns, wie wichtig es ist, Solidarität mit den Betroffenen von rechtem Terror zu üben. Wir können und wollen uns dabei nicht auf den Staat verlassen! Auch lässt sich beobachten, dass die Faschist:innen für den Erfolg ihre Taten auf ein gesellschaftliches Klima angewiesen sind, das ihren Umtreiben zumindest gleichgültig gegenübersteht. Antifaschistischer und antirassistischer Selbstschutz muss in Eigenregie und gemeinsam mit den Betroffenen organisiert werden.

„Wer gegen Nazis kämpft, kann sich auf den Staat nicht verlassen.“ ~ Esther Bejarano, Überlebende des KZ Ausschwitz

Dass der Staat kein geeigneter Bündnispartner im Kampf gegen den Faschismus ist, zeigt die Geschichte der BRD eindrucksvoll. Seit seiner Entstehung trifft dem Staat eine Mitverantwortung beim Wiedererstarken faschistischer Gewalt. Ein wichtiger Faktor dieser Entwicklung ist die Hufeisentheorie, welche den Umgang staatlicher und staatstragender Organisationen mit dem Faschismus prägt. Diese hat nicht zuletzt für die Verfolgung von Antifaschist:innen gesorgt. Auch behauptet sie eine politische Mitte, welche frei von Antisemitismus, Rassismus und Nationalismus sei – und somit nichts mit den faschistischen Umtrieben an ihrem „rechten Rand“ zutun habe. Diese Ansicht ist von der Realität oft genug widerlegt worden, es sei an dieser Stelle auf das besonders rassistische gesellschaftliche Klima der 1990er Jahr und die damit einhergehenden Progrome, aber auch die politischen Maßnahmen wie die faktische Abschaffung der Asylrechts verwiesen.

Die Rolle der Sicherheitsbehörden ist dabei auch geprägt von einer Kontinuität des Personals zwischen dem NS und der BRD (in BND, Verfassungsschutz, Bundeswehr, Polizei etc.). Rechte Netzwerke bei Polizei und Bundeswehr, wie sie mittlerweile quasi monatlich ans Licht kommen, haben somit Tradition. Aber auch ohne den expliziten Einfluss faschistischer Netzwerke erweist sich der Staat nicht als Partner im Kampf gegen den Faschismus, wie zum Beispiel die Ermittlungen und der Prozess rund um den NSU zeigen.

„Es spielt den Rechten in die Karten. Es ist ‘n klares Signal in die rechte Szene, die sich bestätigt sieht so vorzugehen. Es wird keine klare Kante gezeigt.“ [2] ~ Jan Krieger

Auch in Ganderkesee ist auf Polizei und die „Mitte der Gesellschaft“, z.B. in Form von medialer Berichterstattung, kein Verlass. Die Recherchearbeit zu den verschiedenen rechten Akteuren in der Gemeinde Ganderkesee hat NIKA-Nordwest im Rahmen der Kampagne “Rechter Terror im Nordwesten” geleistet, welche dabei vor allem auch auf die langjährige Arbeit von Antifaschist:innen zurückgreifen konnten.

Die Polizei möchte sich nicht auf einen rechten Hintergrund festlegen [4]. Und auch die veröffentlichten Recherchen ändern nichts daran, dass die Nordwest-Zeitung wiederholt unkommentiert die Aussage übernimmt, es gebe keine „rechte Szene“ in Ganderkesee, gleichwohl diverse Akteure mit Verbindungen zu rechten Strukturen in der Gemeinde belegt sind [5, 6]. Auch wenn es unterschiedliche Ansichten über die Definition von „Szene“ geben mag, scheint doch kein größeres Interesse daran zu bestehen, über die lokale extreme Rechte zu informieren. Daher geben wir an dieser Stelle nochmals einen kleinen Überblick, ohne jedoch alle Akteure berücksichtigen zu können.

Im Bereich des Kampfsports unterrichtet besipielsweise der Neonazi und Betreiber des szenebekannten Kampfsportstudios „Chang Tong Gym“ in Prinzhöfte (Samtgemeinde Harpstedt), Danny Gierden, seit Jahren im Fitnesssportstudio „Life Studio“ in Ganderkesee. Er verfügt außerdem über bundesweite Kontakte in der rechten (Kampfsport-)Szene, insbesondere zu Hooligangruppen aus Bremen. Über seine Aktivitäten ist die Ganderkeseer Öffentlichkeit u.a. mit 1000 Flugblättern informiert worden. [7] Konsequenzen gab es bisher keine. Es ist also offenbar möglich, dass ein Neonazi nicht nur andere Rechte in seinem Kampfsportstudio in Prinzhöfte im Straßenkampf trainiert, er darf auch noch unbehelligt mit Kindern und Jugendlichen arbeiten [5; S.30].

Danny Gierden (1. von links) im Team des „Life Studio“ Ganderkesee. Bildquelle: Screenshot Facebook
 
Erklärung der Kooperation zwischen dem „Life Studio“ und Gierdens „Chang Tong Gym“. Bildquelle: Screenshot von der Seite www.changtong.de
 
Teil der Informationskampagne von NIKA-Nordwest war außerdem ein Onlineshop Namens „Trecker Deko“, bei welchem sich rechtsextremer Merchandise, u.a. bedruckt mit Pflug und Schwert, erwerben lässt. Auch hier läuft der Vertrieb unbehelligt weiter. Die Produkte sind deutschlandweit auf den s.g. „Bauernprotesten“ zu finden und der völkischen Landvolkbewegung zuzuordnen. Die Adresse des Online Shops führt natürlich nach Ganderkesee. Bei derselben Adresse, Gewerbestraße 4 in 27777, befindet sich auch der Druckshop „DRUCKSACHEN“ [5; S.10].
 
Nach wie vor vertreibt der Ganderkeseer Onlinehandel u.a. die völkische Fahne der “Landvolk-Bewegung”. Bildquelle: Screenshot von der Seite www.treckerdeko.de
 

Die historischen Bezüge zur Blut und Boden Ideologie prägen die Gemeinde Ganderkesee über die Freilichtbühne hinaus bis heute. In Bookholzberg (Gemeinde Ganderkesee) wurde 1934 von den Nazis eine Freilichtbühne für ihre Blut und Boden Ideologie gebaut. Aufgeführt wurde dort das propagandistische Stück „De Stedinger“. Rechte, neonazistische Kreise bedienen sich in der Bundesrepublik des Stedinger-Motivs und das ganz im Sinne der nationalsozialistischen Interpretation. Als Beispiel widmete die Rechtsrock Band „Stahlgewitter“ dem Thema ein ganzes Lied [5; S.6]. In Bezug auf Bookholzberg ist einer Aufarbeitung der Freilichtbühne „Stedingsehre“ bis Weilen nur sehr sporadisch gegeben. In diesem Herbst soll dort eine Gedenkstätte errichtet werden [8].

Die AfD schickte zur diesjährigen Bundestagswahl den ehmaligen Lehrer (u.a. in Bookholzberg und Wildeshausen) Adam Golkontt als Direktkandidaten für den Wahlkreis 28 ins Rennen. Gollknott gilt als Flügel-naher christlicher Fundamentalist mit Kontakten in die Hooligan-Szene [9].

Fakt ist: Die Kommunal- und Bundestagswahlergebnisse für die AfD liegen in der Region nicht signifikant über dem niedersächsischen Durchschnitt. Bei den diesjährigen Kommunalwahlen halbierten sich die AfD-Sitze im Kreistag von 4 auf 2. Der Ganderkesser Sven Erichsen, der sich bereits zum zweiten Mal für die Kreiswahl aufstellen ließ [10], verlor sein Mandat. Gleichzeitig jedoch scheint die AfD-Niedersachsen den Landkreis Oldenburg zunehmend als ruhiges Hinterland für die Organisation ihrer Strukturen wahrzunehmen, was zum Beispiel die Ausrichtung des Sommerfests 2018 in Ganderkesee oder der landesweite Wahlkampfauftakt zur Bundestagswahl 2021 in Brettorf zeigen [5 (S.24), 11].

Daneben ist auch die verschwörungsideologische Bewegung in der Gemeinde aktiv. So fand am 02.09.2021 beispielsweise eine vielbeachtete Aktion anlässlich des Besuchs von Jens Spahn in Hoykenkamp (Gemeinde Ganderkesee) statt, an welcher u.a. die Querdenken-Partei „dieBasis“ beteiligt war und die ca. 120 Menschen mobilisierte. Zudem hält die bundesweit vernetzte Reichsbürgerin Martina Dyck in Bookholzberg regelmäßig Mahnwache ab, zuletzt am 05.10.2021 [12]. Allerdings musste die Kundgebung von staatenlos.info mangels Teilnehmenden vorzeitig beendet werden. Auch wenn die Vernetzung auf der Straße offenbar stockt, ist die Reichweite auf ihren YouTube-Kanälen und ihre Vernetzung im Internet nicht zu unterschätzen. Sie scheint zu den ideologischen Hardliner:innen innerhalb der „Reichsbürger“-Szene zu gehören und vertritt zutiefst völkische und antisemitische Positionen. Sichtbarer antifaschistischer Widerstand blieb bisher – wie auch in Bezug auf die anderen extrem rechten Phänomene – weitestgehend aus.

Martina Dyck beschwert sich über die Löschung einer ihrer YouTube-Kanäle „staatenlos.info Hamburg La Paloma – Satire“ mit ca. 1020 Abonnent:innen. Bildquelle: Screenshot dem YouTube-Kanal „Befreiung unseres deutschen Heimatreiches“

Wir wollen und werden das niemals akzeptieren, „Nie Wieder Faschismus!“ ist für uns nicht bloß eine Phrase. Wir, dass sind Antifaschist:innen aus dem Landkreis Oldenburg, welche den rechten Strukturen in ihrer Region nicht bloß zuschauen wollen. Auch wenn die lokalen Faschos nicht in die Taten involviert sein sollten, so stellen sie doch eine Bedrohung für all die Feindbilder ihrer faschistischen Ideologie dar. Wir wollen ihnen ihre Sicherheit und gesellschaftliche Akzeptanz nehmen und sie aus der Deckung holen. Wir knüpfen dabei auch an die antifaschistischen Kämpfe der 00er Jahre an. Beispielsweise gab es 2006 in Bookholzberg und 2008 in Ganderkesee antifaschistische Demonstrationen, welche auf den Anstieg rechter Gewalt reagierten. Damals wie heute: Naziterror stoppen! Den antifaschistischen Widerstand organisieren! Quelle: 16voll

 
Der Link zu dem Aufruf der Antifaschistische Vernetzung Oldenburger Land mit weiteren Informationen: https://16voll.noblogs.org/post/2021/10/10/aufruf-antifa-demo-in-ganderkesee-am-16-10-2021/

Pressemitteilung des Bündnisses So.Wi.WIR vom 07.10.2021 zum Brandanschlag in Ganderkesee

Das Bündnis So.Wi.WIR – Solidarisches Wildeshausen WIR und ihre AG MiCou – Mit Courage gegen Rechts haben haben eine Pressemitteilung zum Brandanschlag in Ganderkesee veröffentlicht.

Hinweise von dem Bündnis So.Wi.WIR – Solidarisches Wildeshausen WIR und ihre AG MiCou – Mit Courage gegen Rechts zu einer Demonstration am 16.10.2021: Zugtreffpunkt: Bahnhof Wildeshausen, Gleis 2 (Ticketautomat), 13:45 Uhr Quelle: https://www.facebook.com/sowiwir/posts/3037897249831535

Quelle: So.Wi.WIR

Pressemitteilung von dem So.Wi.WIR-Bündnis und ihrer AG MiCou vom 07.10.2021: „Trauriger Jahrestag des Brandanschlags in Ganderkesee: Der zweite Anschlag gegen die Betroffenen

Vor einem Jahr am 14. Oktober 2020 zerstörte ein Brand das ehemalige Bahnhofsgebäude in der Wittekindstraße weitgehend, in dem sich das Restaurant „Don Gantero” befunden hatte. Die Polizei erkannte Spuren einer vorsätzlichen Brandstiftung, konnte aber keine Täter*innen ermitteln. Die Ermittlungen wurden eingestellt. Am Brandortfanden sich Symbole der rechten Szene wie ein Hakenkreuz sowie die Ziffer „88“, die für „HH”: „Heil Hitler” steht. Während sich die Bürgermeisterin unmittelbar nach dem Brandanschlag noch schockiert gezeigt hatte, offenbarten die folgenden Taten der Verwaltung eine ganz andere Haltung: Die betroffenen Betreiber, die einen „Migrationshintergrund“ aufweisen, wurden von der Gemeinde Ganderkesee nicht unterstützt, sondern innerhalb kürzester Zeit wurde ein neuer Pachtvertrag mit einem bekannten Ganderkeseer Gastronom abgeschlossen. Die betroffenen Betreiber mussten Ende Mai 2021 das Gebäude verlassen. Wenn sich hinter dem Brandanschlag eine rechte Täterschaft verbergen sollte, so hätten sie ein Ziel des Brandanschlags erreicht: Die Betreiber verloren ihr Restaurant und ihre Existenzgrundlage. Das sendet ein fatales Signal, weil deutlich wird, dass potentielle Opfer rechtsextremer Gewalt in Ganderkesee nicht mit Solidarität zu rechnen haben.
In Ganderkesee wird die Haltung der Verwaltung in der Politik fast nicht thematisiert. Außer von der Partei DIE LINKE (Ratsfrau Susanne Steffgen) gab es keine Stellungnahme zu dem Vorgehen der Verwaltung. Im Fernsehbeitrag des NDR („Hallo Niedersachsen“ vom 5. Juli 2021) äußerten sich lediglich Bündnis 90/Die Grünen. Die Bürgermeisterin blieb stumm. Für die Betroffenen bedeutet diese Haltung der Ganderkeseer Politik, dass sie nach dem Anschlag ein zweites Mal Opfer sind: zunächst traf sie ein Brandanschlag, dann die Ausgrenzung des Verwaltungsausschusses Ganderkesees.
Seit dem Februar 2020 häufen sich die Brandanschläge im Bremer Umland. In Syke, Gnarrenburg und Ganderkesee wurden Brandanschläge auf Restaurants nach einem ähnlichen Muster verübt: Immer nachts wurden die jeweils von Menschen mit Flucht- und Migrationsgeschichte geführten Restaurants Opfer der Brandanschläge und immer wurden Hakenkreuze hinterlassen. Am 13. Februar 2020 wurde ein Brandanschlag auf das Syker Restaurant „Martini“ verübt. Am 24. Juli folgte ein Brandanschlag auf den „Hexenkeller“ in Gnarrenburg und am 14. Oktober 2020 schließlich das Restaurant „Don Gantero“ in Ganderkesee. An den Wänden oder im unmittelbaren Umfeld fanden sich immer Hakenkreuze und teilweise auch rassistische Parolen. Trotz dieser Häufung von Gemeinsamkeiten konnte die Polizei hinter diesen Taten keine eindeutigen Hinweise auf einen politischen Hintergrund und eine rechte Tatmotivation ermitteln.
Auch Brandanschläge in der Region wie z.B. in Bremen im Februar 2020 müssen in diesem Zusammenhang mitgedacht werden.
Expert*innen wie die Mobile Beratung Niedersachsen gegen Rechtsextremismus für Demokratie weisen darauf hin, dass es im Bremer Umland seit Jahren eine aktive rechtsextreme Szene gibt. Es darf nicht zugelassen werden, dass rechtsextreme Taten die Menschen mit Flucht- und Migrationsgeschichte im Bremer Umland einschüchtern. Es besteht die Gefahr weiterer rechter Anschläge, die Menschen verletzen oder töten können.
Anlässlich des traurigen Jahrestags des Anschlags findet vor dem Gebäude des ehemaligen „Don Gantero“ (Wittekindstraße 3) am Samstag, den 16. Oktober von 13.00-15.00 Uhr eine Mahnwache statt, um sich mit den Betroffenen solidarisch zu erklären. Daran anschließend findet eine Demonstration statt, für die das Bündnis für solidarische Intervention aufruft.“ Quelle: https://www.facebook.com/sowiwir/posts/3037897249831535

Rechter Terror im Nordwesten

Das Bündnis So.Wi.WIR – Solidarisches Wildeshausen WIR weisen auf die Recherche: „Rechter Terror im Nordwesten“ von der Kampagne Nationalismus ist keine Alternative hin.
 
Den Facebook-Link zu dem Beitrag von dem So.Wi.WIR-Bündnis mit weiteren Informationen: https://www.facebook.com/sowiwir/posts/3008434396111154
 
 

In der Nacht auf den 13.02.2020 brannte das Restaurant „Martini“ in Syke. An der Außenwand sowie auf dem Pflaster vor dem Gebäude wurden Hakenkreuze und die Parole «Ausländer raus» gesprayt. Ein paar Tage zuvor hatte sich das Bündnis gegen Rechts im Martini getroffen.

Am 24.07.2020 brannte das syrische Restaurant “Hexen Keller” in Gnarrenburg. Wie in Syke wurden auch hier am Tatort gesprühte Hakenkreuze gefunden. Der Brand wurde mit Hilfe von Brandbeschleuniger herbeigeführt.
Die Cocktailbar “Don Gantero“ in Ganderkesee wurde am 14.10.2020 in Brand gesetzt. Auch hier wurden Brandbeschleuniger sowie ein Hakenkreuz und die Zahl “88” am Tatort festgestellt.
Am 16.02.2020, kam es zu einem Brandanschlag auf das alternative Jugendzentrum “Friese” im Bremer Viertel. Während eines laufenden Konzertes legten Unbekannte Feuer im Backstagebereich. Dieser brannte vollständig aus. Am Eingang wurden Nazi-Aufkleber gefunden, die zuvor nicht dort gewesen waren.
Zu einem Brandanschlag auf das Antifaschistische Café im Braunschweig kam es am 09.03.2021. Die Braunschweiger Naziszene gilt als besonders gewaltbereit und aktiv. Einige von ihnen wurden in der Nacht des Brandes in unmittelbarer Nähe des Antifa Cafés gesehen.

Rassistischer Normalzustand

Die psychischen und existenziellen Folgen für die Betroffenen sind enorm. Sowohl die Betreiber*innen des “Martinis” in Syke, als auch die Betreiber*innen des “Don Ganteros” in Ganderkesee verloren dabei ihre Existenzgrundlage. Die Stimmung in den Gemeinden ist häufig wenig solidarisch und zeugt nicht selten selbst von einer rassistischen Grundhaltung. In Gnarrenburg wurde schnell nach dem Brand der Vorwurf des Versicherungsbetruges in den Raum geworfen. In Syke wurde behauptet, dass es sich um keinen rechten Anschlag handeln könnte. Ausschlaggebend war, dass das Hakenkreuz falsch herum gesprüht wurde und dieses an der Rückseite des Gebäudes zu finden war. Dabei befand sich der Eingang des Restaurant auf der Rückseite des Gebäudes.
Zumindest in Gnarrenburg gab es eine Solidaritätsveranstaltung, um unter dem Motto “Wir sind alle Hexenkeller”,die die Betroffenen unterstützte. In Syke organisierten Antifaschist*innen mehrere solidarische Demonstrationen. Solche Veranstaltungen fehlen in Ganderkesee bis heute.
In Ganderkesee wurde das Restaurant kurz nach dem Anschlag weiter vermietet. Auch das Restaurant „Martini“ in Syke musste endgültig schließen, nun soll dort ein Craftbierladen entstehen.
Der Hexenkeller in Gnarrenburg kämpft seither ums Überleben.

Nazis am Werk

Auch in Bremen und Braunschweig kam es im gleichen Zeitraum zu rechten Brandanschlägen, auf das alternative Jugendzentrum im Bremer Viertel und auf das Antifaschistische Café in Braunschweig. Auch hier wurde der potentielle Verlust von Menschenleben billigend in Kauf genommen.
Zwischen den Brandanschlägen aus dem Bremer Umland sowie den Anschlägen in Bremen und Braunschweig muss differenziert werden, da es sich bei den einen um Angriffe auf die alternative Linke Szene und bei den anderen um rassistisch motivierte Gewalt handelt.
Die Gemeinsamkeiten sehen wir bei den Täter*innen. Terroristische Nazi-Netzwerke haben eine lange Kontinuität in der BRD. Sie sind bewaffnet, organisiert und entschlossen, dies ist nicht zuletzt eine Erkenntnis aus dem NSU. Die politische Schlussfolgerung daraus muss sein, bei rassistischen Anschlägen von einer neonazistischen Täter*innenschaft auszugehen.

Auf den Staat kein Verlass!

Während der Ermittlungen versuchen die Bullen immer wieder ihre rassistischen Denkmuster aufrecht zu erhalten. Sie würden eher von „Versicherungskriminalität“ als von Rechtsterrorismus ausgehen. Weiterhin behaupten die Bullen, dass es vor Ort keine rechte Szene gäbe. So wird in der Antwort auf die kleine Anfrage der Grünen an die Landesregierung zu allen drei Orten geschrieben, dass es keine organisierten Rechten Strukturen vor Ort gäbe. Diese Behauptung wurde auch bei der Antwort auf die kleine Anfrage der Grünen im Landtag, weiter aufrechterhalten. Dies ist schlichtweg falsch. Dass sich Nazis an all diesen Orten etablieren konnten, sich fest in das gesellschaftliche Leben der Gemeinden integriert haben und es eine Kontinuität von rechten Vorkommnissen gibt, werden wir aufzeigen.
In Bremen gibt es auch anderthalb Jahre nach dem Anschlag keine Ermittlungserfolge, gleichzeitig wird der Anwältin der Betroffenen die Akteneinsicht verwehrt.
Die Ermittlungen zum Brandanschlag in Syke wurden bereits eingestellt.

Die Gemeinderäte in den Dörfern versuchen ebenfalls, die unbequeme Thematik von rechter Gewalt in der Region zu verschweigen. So äußerte sich ein Gemeinderat in Worpswede in Bezug zu Gnarrenburg: „Es ist doch jetzt erledigt, wir müssen weiter in die Zukunft schauen“.
Bereits vor dem Bränden hat die Mobile Beratungsstelle gegen Rechts die Landkreise Delmenhorst und Ganderkesee um Zusammenarbeit gegen Nazistrukturen gebeten. Dies lehnten die Landkreise jedoch ab, da sie kein Problem mit Rechtsextremismus vor Ort hätten. Nur wenige Wochen später brannte es.

Die Geister die ihr rieft…

Rassistische und rechte Gewalt findet nicht im luftleeren Raum statt, sondern ist Ergebnis einer gesellschaftlichen Stimmung. Überall auf der Welt sind rechte Parteien im Aufwind und rangeln um die Hegemonie in Parlamenten, auf der Straße und in Diskursen. Diese autoritäre Formierung beschränkt sich in Deutschland nicht auf die AfD, sondern wird von nahezu allen Parteien – allen voran den Unionsparteien – bereitwillig aufgenommen und fortgeführt.
Im Umgang mit rechtem Terror sind die sogenannten Sicherheitsbehörden schon immer Teil des Problems. Nazis haben sich in den staatlichen Institutionen dieses Landes vernetzt und eigene Organisationen aufgebaut. Das Aufdecken dieser Organisationen, sei es der selbsternannte NSU 2.0 in der Frankfurter Polizei oder die Hannibal-Netzwerke in der Bundeswehr, blieben für ihre Akteur*innen weitgehend ohne Konsequenzen.
Inwiefern die lokalen Nazis für die Brandanschläge verantwortlich sind, können wir nicht sagen. Wir wissen jedoch, dass es innerhalb eines gesellschaftlichen Klimas, in dem die Polizei die rechte Szene vor Ort verharmlost, indem sich der Staat fortwährend autoritär formiert und wo rassistische sowie nationalistische Äußerungen längst Teil der gesellschaftlichen Debatte sind, es nur eine Person braucht, die sich dadurch sicher, oder mehr noch, berufen fühlt, eben jenes Klima in letzter Konsequenz in die Tat um zu setzten.

Antifa bleibt Handarbeit

Es ist nicht die Aufgabe antifaschistischer Gruppen, die Ermittlungen der Polizei zu ersetzen oder ihnen zuzuarbeiten. Unsere Aufmerksamkeit gilt der offenkundigen politischen Motivation von Bullen und Staatsanwaltschaften, die Zusammenhänge zwischen den Anschlägen zu ignorieren und eine potentielle rechtsterroristische Struktur damit zu decken.
Wenn Nazis Brandanschläge verüben und der Staat sein Bestes gibt, um die Taten zu entpolitisieren, ist konsequenter Antifaschismus auf allen Ebenen gefragt: von der direkten Unterstützung der Betroffenen über die öffentliche Thematisierung auf Kundgebungen und Demonstrationen bis hin zur Konfrontation der lokalen Nazis.
Die Brände haben Nazis gelegt. Den Brandbeschleuniger lieferte die Gesellschaft.

NIKA Nordwest im Auguts 2021 Quelle: https://www.nationalismusistkeinealternative.net/kampagnenstart-rechter-terror-im-nordwesten/

lkolpatriotinnen-Beitrag vom 28.05.2021: „28.04.2021: Patriotischer Aufkleber“

„Am 28.04.2021 wurde der Aufkleber «GIB GATES KEINE CHANCE» an der Kreuzung Katenbäker Berg und Marschweg in Wildeshausen entdeckt.“ Quelle: lkolpatriotinnen

„Der Aufkleber «GIB GATES KEINE CHANCE» (nah).“ Quelle: lkolpatriotinnen

kolpatriotinnen-Beitrag vom 28.05.2021: „Am 21.04.2020 schreibt «belltower.news» in einem in einem Beitrag «Bill Gates als Bösewicht in Zeiten von Covid-19“»: „Wegen seines jahrelangen Einsatzes für Impfungen ist der Microsoft-Gründer Bill Gates zum internationalen Feindbild von Verschwörungsideolog*innen geworden. Sie schaffen eine böse Legende um Gates, dem sie die Schuld an der Corona-Pandemie geben. […]Auch in Deutschland. Im Internet hatte die Gates-Stiftung unter #solidaritypledge zur Solidarität in der Coronavirus-Krise aufgerufen. Die Kampagne fand auch in Deutschland ihren Niederschlag, darunter auch bei Impfgegnern, die mit dem Slogan „Gib Gates keine Chance“ antworteten, angelehnt an eine Kampagne der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung aus den 80er-Jahren.“.“ Quelle: lkolpatriotinnen

Der Link zu dem Beitrag von lkolpatriotinnen mit weiteren Informationen: https://lkolpatriotinnen.wordpress.com/2021/05/28/28-04-2021-patriotischer-aufkleber/

„Schutz für die, die Schutz suchen – Solidarität mit den Menschen in Blankenburg!“ am 06.06.2021 in Oldenburg

Das Bündnis So.Wi.WIR – Solidarisches Wildeshausen WIR weisen auf den Aufruf: „Schutz für die, die Schutz suchen – Solidarität mit den Menschen in Blankenburg!“ von dem Kollektiv Solidarity without borders Oldenburg hin.
 
Den Facebook-Link zu dem Beitrag von dem So.Wi.WIR Bündnis mit weiteren Informationen: https://www.facebook.com/sowiwir/posts/2941776466110281
 
 
Quelle: Kollektiv Solidarity without borders Oldenburg
 
Aufruf von dem Bündnis in Erinnerung an Qosay zu einer Demo am 05.06.2021: Schutz für die, die Schutz suchen – Solidarität mit den Menschen in Blankenburg!

 

In der Nacht auf den 29. Mai kam es zu einem Brandanschlag auf das Erstaufnahmelager Blankenburg. Der Hintergrund ist noch ungeklärt, doch spätestens jetzt sollte auch den Letzten klar sein: Lager sind keine Orte des Schutzes! Sie berauben Menschen systematisch ihrer Privatssphäre und Bewegungsfreiheit, sie nehmen den Bewohner:innen ihre Individualität, sie dienen der Einschränkung ihrer Freiheit und Autonomie. Unsicherheit und die Angst vor Abschiebungen sind allgegenwärtig. Deshalb rufen wir zu einer Kundgebung in Solidarität mit den Menschen in Blankenburg auf und sagen: Schutz für die, die Schutz suchen – Solidarität mit den Menschen in Blankenburg!

Wann? 06.06.2021, 17 Uhr
Wo? Schlossplatz, Oldenburg
Was? Kundgebung
 
 

Stellt euch vor, #LeaveNoOneBehind wird wahr. Alle Menschen an den EU-Außengrenzen werden evakuiert – nach Gewalt, Angst, Krankheit, Bränden. Einige von ihnen kommen nach Deutschland. Und was finden sie hier vor?

Sie werden erneut in Lager gesteckt. Dort leben sie beengt mit ihnen oft unbekannten Menschen in einem Raum. Ihre Taschen werden durchsucht, ihre Zimmer kontrolliert, was sie essen müssen wird ihnen vorgeschrieben. Polizist:innen kommen, oft ohne Ankündigung mitten in der Nacht und schieben Menschen ab. Auch über die Abschiebepraxis hinaus sind rassistischen Angriffe im Lager allgegenwärtig. Ereut erfahren die Menschen Gewalt, bestehende Traumata können nicht verarbeitet werden, neue Ängste und Unsicherheiten entstehen, Retraumatisierungen können die Folge sein. 

Blankenburg ist ein räumlich und sozial isolierter Ort außerhalb der Stadt, der in der Wahrnehmung vieler Oldenburger:innen gar nicht vorkommt. Der Bedarf einer umfassenden Gesundheitsversorgung ist bei weitem nicht gedeckt. Das ehemaligen Kloster ist immer wieder mit mehr als 200 Menschen belegt. Die Bedingungen in Blankenburg machen wirksamen Schutz vor Corona kaum möglich. Mehrere Male kam es in den vergangenen Monaten zu Corona-Ausbrüchen und Massenquarantänen im Lager. 

In eines der bewohnten Gebäude wurde in der Nacht zum 29. Mai ein Brandsatz geworfen. Nur durch Zufall wurde keine Person körperlich verletzt. Die Hintergründe für den Brandanschlag mögen weiter unklar sein, doch fest steht: Das Feuer in Blankenburg zeigt erneut in aller Dringlichkeit, dass Lager keine sicheren Orte sind und auch niemals sein werden. Die Bewohner:innen sind staatlicher Gewalt durch Abschiebungen und strenge Kontrollen ebenso ausgeliefert wie rechter Gewalt. Über ihre reale Bedrohungssituation durch den Anschlag werden die Betroffenen teilweise nicht einmal informiert. Die Bewohner:innen Blankenburgs leben in einem permanenten Ausnahmezustand – schon vor der Pandemie, schon vor dem Brandanschlag. Das alles aber ist eben keine Ausnahme, sondern die Regel und genau so beabsichtigt. Wir wollen deshalb keine Rückkehr zur Normalität. Denn die Normalität ist das Problem! Kein Mensch sollte an einem Ort wie dem Lager Blankenburg leben müssen! 

Deswegen fordern wir, wie viele Menschen schon seit Jahren und Jahrzehnten immer wieder: Blankenburg dichtmachen, Lager abschaffen! Allen ein Recht auf Schutz und befreites und selbstbestimmtes Wohnen, unagbhängig von ihrem Aufenthaltsstatus. Lasst uns am Sonntag in  Solidarität mit den Menschen in Blankenburg auf die Straße gehen!

+++ Denkt bitte an mediznische Masken und Abstand +++“ Quelle: https://sowibol.noblogs.org/post/2021/06/04/schutz-fur-die-die-schutz-suchen-kundgebung-06-06-2021/

Pressemitteilung u. a. von dem Kollektiv Solidarity without borders Oldenburg vom 29.05.2021: In der Nacht von Freitag auf Samstag wurden in der Außenstelle Oldenburg der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen im Kloster Blankenburg zwei Brandsätze gezündet. Einer davon beschädigte ein Gebäude, in dem zur Zeit Menschen leben. Zu unserer großen Erleichterung wurden keine Personen körperlich verletzt. Nach Angabe der Polizei wurden Staatsschutz und Brandermittler:innen eingeschaltet und Fahndung eingeleitet (Pressemeldung der Polizei).

Wir erklären uns solidarisch mit den Menschen, die gezwungen sind im Lager Blankenburg zu leben. NIKA OL-WHV ruft für heute zu einer spontanen Demonstration in um 20 Uhr auf dem Schlossplatz in Oldenburg auf und sagt: “Auch wenn die Sachlage aktuell nicht klar ist, betrachten wir den Brandanschlag unter dem Verdacht des rechten Terrors. Letztes Jahr gab es in der Nähe Oldenburgs im Bremer Umland in Syke, Gnarrenburg und Ganderkesee drei Brandanschläge auf migrantisch betriebene Restaurants, die sich klar einer rechten Anschlagsserie zuordnen lassen”.

Das Kollektiv Sowib-OL (Solidarity without Borders Oldenburg) kämpft für eine Verbesserung der Situation im Lager Blankenburg und setzt sich gegen Abschiebungen ein. Sowib-OL erklärt: “Das bundesdeutsche Lagersystem ist in vielerlei Hinsicht menschenfeindlich und ein tiefer Eingriff in die Grundrechte der Menschen, die dort leben müssen. Der Brandanschlag zeugt von einer massiven Bedrohungslage. Gleichzeitig leben die Menschen in ständiger Angst vor Abschiebungen und unter massiver Kontrolle. Wir fordern die Schließung von Blankenburg und allen Lagern.”

Die antirassitische Gruppe United Against Racism ergänzt: “Heute ist der Anschlag im nordrheinwestfälischen Solingen 28 Jahre her. In Gedenken an Gürsün İnce, Hatice Genç, Gülüstan Öztürk, Hülya Genç und Saime Genç. Brandanschläge als Form rechter und rassistischer Gewalt sind kein Phänomen einzelner Bundersländer, sondern kommen überall in Deutschland vor und sind keine Seltenheit. Auch die Anschläge in Hanau, Kassel, Halle zeigen, dass rechte Gewalt immer noch ihren Platz in Deutschland findet. Wir sind schockiert und wollen lückenlose Aufklärung und Konsequenten.”

Wir fordern das Angebot psychologischer Betreuung für alle Betroffenen. Solidarität mit allen Menschen, die von rechter Gewalt und dem rassistischen Lagersystem betroffen sind! Evacuate all Camps now! Quelle: https://sowibol.noblogs.org/post/2021/05/29/pressemitteilung-brandanschlag-in-blankenburg-gruppen-aus-oldenburg-erklaren-ihre-solidaritat-mit-den-betroffenen/