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16voll-Beitrag vom 23.10.2021: „Nachbericht: Antifa-Demo in Ganderkesee am 16.10.2021“

16voll-Beitrag vom 23.10.2021: „„Aufruhr, Widerstand: Es gibt kein ruhiges Hinterland!“ schallte es am Samstagnachmittag des 16.10.2021 durch Ganderkesee. Etwa 50 Antifaschist:innen folgten dem Aufruf zur Demonstration am Jahrestag des rechten Brandanschlags auf das „Don Gantero“. Aufgrund der geringen Teilnehmendenzahl wollte die Polizei die Demo zunächst nur au den Gehwegen laufen lassen. Die Demonstration nahm sich jedoch selbstbewusst den Raum der Straße, was die Polizei schließlich widerwillig akzeptierte. Allerdings sorgten mangelnde Kenntnisse der genauen Route seitens der Demonstration und der Weg durch menschenleere Gewerbegebiete und (teilweise ebenso menschenleere) Wohngebiete zeitweise für eher belustigte Stimmung.

Antifa-Demo in herbstlicher Landidylle. Bild: Fabian Steffens

Los ging es am Bahnhof mit dem Verlesen des Demo-Aufrufs vom „Bündnis für solidarische Intervention Oldenburg“, welcher über den Brandanschlag vom 14.10.2020 aufklärte und die Reaktion der Gemeinde Ganderkesee kritisierte. Außerdem wurde die Tat als Teil einer Anschlagsserie im Bremer Umland eingeordnet. Diese Einordnung wurde von späteren Beiträgen geteilt.

Während sich die Bürgermeisterin der Gemeinde Ganderkesee unmittelbar nach dem Brandanschlag noch schockiert gezeigt hatte, offenbarten die folgenden Taten der Verwaltung eine ganz andere Haltung. Die betroffenen Betreiber:innen des Restaurants wurden von der Gemeinde Ganderkesee nicht unterstützt. Stattdessen wurde innerhalb kürzester Zeit ein neuer Pachtvertrag mit einem bekannten Ganderkeseer Gastronom abgeschlossen und sie mussten das Gebäude Ende Mai 2021 verlassen. Wenn sich hinter dem Brandanschlag eine rechte Täter:innenschaft verbergen sollte, so hat diese ihr Ziel erreicht. Die Betreiberinnen des ‚Don Gantero‘ verloren ihr Restaurant und ihre Existenzgrundlage. Das sendet ein fatales Signal: potentielle Opfer rechtsextremer Gewalt können in Ganderkesee nicht mit angemessener Solidarität rechnen.

Ganzer Aufruf: https://buendnisfsi.wordpress.com/2021/10/06/brandanschlag-in-ganderkesee-solidaritat-mit-den-betroffenen-rechten-terrors/

Die erste Zwischenkundgebung fand dann auch folgerichtig vor dem Ganderkeseer Rathaus statt. Hier wurde unser Redebeitrag abgespielt, der im wesentlichen auf unserem Demo-Aufruf basierte und somit auch maßgeblich auf der NIKA-Broschüre „Ganderkesee. Eine Gemeinde mit rechter Kontinuität“. Auch hier wurde natürlich erneut über rechte Strukturen konkreter aufgeklärt und das Handeln der Gemeinde Ganderkesee kritisiert.

Mehr noch: Menschen sitzen auf gepackten Koffern und werden unter Zustimmung eines großteils der Gemeinde von dort vertrieben. Ja Ganderkesee, euer Schweigen legitimiert diesen Anschlag! Das ist ekelhaft und macht uns unfassbar wütend!

Weiter ging es mit einem Besuch beim „Life Studio“ in Ganderkesee. Hier darf der Neonazi Danny Gierden weiterhin Kinder und Jugendliche im Kampfsport trainieren. Unter anderem hierauf nahm der Redebeitrag von NIKA OL-WHV Bezug, welcher hier abgespielt worden ist.

Das Life Fitness Studio Ganderkesee ist durch Werbeplakate in der ganzen Stadt bekannt. Facebook Fotos zeigen weiterhin, dass Danny Gierden mit anderen Nazis wie Felix Stolte im Life Studio trainierten. Gierden ist außerdem Betreiber eines Kampfsport Studios in Prinzhöfte, das dafür bekannt ist, Neonazis zu trainieren, die unter anderem am so genannten ‘Kampf der Nibelungen’ teilnehmen. Gierden hat bei Hools und Neonazis keine Berührungsängste, nimmt selbst an so genannten ‘Wald und Wiesen Schlägereien’ teil und lässt sich gerne mit bekannten Kadern fotografieren. Es ist unglaubwürdig, dass dies niemandem in der Gemeinde aufgefallen ist.

Zwischenkundgebung vor dem „Life Studio“. Bild: Fabian Steffens

Zudem wurde auf eine „Faschisierung der ländlichen Regionen“ Bezug genommen, welche den Brandanschlägen als Kontext zur Seite gestellt worden ist.

In Ganderkesee ist aber noch viel mehr los als das. Was jetzt weder in unserer ohnehin schon 39 Seiten langen Broschüre und auch in diesem Redebeitrag keinen Platz mehr gefunden hat sind Strukturen von AfD, NPD, JN, Identitäre Bewegung, Bruderschaften, Verschwörungsideolg:innen und Reichsbürger:innen. Diese sind entweder in Verbindung mit den zuvor genannten Strukturen oder als weiterer Aspekt der Faschisierung der ländlichen Regionen zu nennen.

Wir wollen an dieser Stelle aber nur einen kleinen Überblick darüber geben welche rassistische Grundhaltung in Ganderkesee herrscht. Das erklärt vielleicht auch, warum die Gemeinde Ganderkesee sich, nach dem Anschlag, weder großartig schockiert noch in irgend einer Art und Weise supportive gegenüber den Betroffenen gezeigt hat. Im Gegenteil. Anstatt Haltung zu zeigen gegen rechte und rassistische Gewalt, versucht die Gemeinde, genau wie die Bullen, ihr rechtes Problem mit Schweigen unter den Teppich zu kehren und zu relativieren. Das am Ende dadurch solche rassistischen Taten legitimiert werden scheint ihnen scheisz egal zu sein.

Zuletzt macht die Demonstration vor dem Schützenhof Ganderkesee halt, wo das Wildeshauser Bündnis „So.Wi.WIR“ eine einen Monat nach dem Brandanschlag verfasste Solidaritätserklärung verlas. Der Redner verwies darauf, dass sich an der damals verfassten Kritik aus heutiger Perspektive größtenteils immer noch aktuell ist.

Zwischenkundgebung vor dem Schützenhof in Ganderkesee. Bild: Twitter-Kanal „Bündnis für solidarische Intervention Oldenburg“

Auch vier Wochen nach dem Brandanschlag in Ganderkesee gibt es aus der lokalen Parteienlandschaft bisher weder Reaktionen, noch Solidaritätsbekundungen für die von der Gewalt betroffenen Personen. Umso wichtiger ist es, dass wir als zivilgesellschaftliches Bündnis unsere Solidarität aussprechen und die umfassende Aufklärung der Tat durch die Ermittlungsbehörden fordern, denn auch wir fürchten, dass eine Serie von Brandanschlägen nicht konsequent verfolgt und falsch eingeschätzt wird.

Seit 2018 wurden im Bremer Umland Brandanschläge auf eine Wohnung, Bars und Restaurants von Menschen mit Migrations- und Fluchtgeschichte verübt. Die Existenzen der Betroffenen wurden weitgehend vernichtet und die Angst in den Communitys ist gewachsen. Die Polizei sieht keine Zusammenhänge zwischen den sechs unterschiedlichen Brandanschlägen auf Unterkünfte von Geflüchteten sowie migrantisch geführten Geschäften und geht nicht von einer Brandserie aus.

Ganzer Beitrag: https://antifainfowhs.blackblogs.org/2020/11/14/solidaritaetserklaerung-des-buendnisses-so-wi-wir-vom-13-11-2020-zum-brandanschlag-in-ganderkesee/

In der Zwischenzeit gab es Reaktionen der Parteien „Die Linke“ und „B90/Die Grünen“, ansonsten sind diese Worte nach wie vor aktuell.

Der Ort der Zwischenkundgebung ist gewählt worden, da sich die AfD in der Vergangenheit des öfteren im Schützenhof treffen durfte. Auf die Kundgebung aufmerksam geworden, machte ein neuer Pächter auf sich aufmerksam, der darauf verwies, dass er Anfragen der AfD abgelehnt habe und die Veranstaltungen der Partei in die Zeit seines Vorgängers fielen. Tatsächlich hat der Schützenhof laut einem Bericht des Weser-Kuriers seit August 2020 einen neuen Pächter. Seitdem sind keine AfD-Veranstaltungen dort bekannt.

Die Demonstration zieht am Vodafone/Kabel Deutschland Standort von Wigand Klepp vorbei. Dieser organisierte in der Vergangenheit den Ordnungsdienst bei den AfD-nahen „Frauenmärschen“ in Delmenhorst und Papenburg.

Danach ging es zurück zum Bahnhof Ganderkesee. Erfreulich waren die im Ortsbild präsenten Plakate von NIKA-Nordwest, die über die jüngste rechte Anschlagsserie im Nordwesten aufklären. Ansonsten enttäuschte jedoch die recht schwache Beteiligung trotz der eigentlich kurzen Anfahrtswege aus Oldenburg und Bremen. Außerdem zogen sowohl die Kundgebungen als auch die vorangegangene Mahnwache vom „Breiten Bündnis gegen Rechts“ aus Delmenhorst und „So.Wi.WIR“ aus Wildeshausen augenscheinlich nur sehr wenig Ganderkeseer Publikum an. Passant:innen waren quasi nicht vorhanden. Zumindest eine Vorbeikommende Person äußerte dabei auch noch den Verdacht, der Betroffene habe sein Restaurant selbst angezündet, um die Versicherung zu betrügen. Selbst die Polizei schließt das aus, dennoch scheint diese falsche Verdächtigung eine willkommene Ausrede zu sein, um vor rechtem Terror die Augen zu verschließen.

Das Presseecho fiel entsprechend schwach aus. Im Weser-Kurier gab es nur die Textbausteine der Polizeipressemeldung zu lesen. In der Neuen Osnabrücker Zeitung machte man sich zumindest augenscheinlich die Mühe, vor Ort zu recherchieren. Allerdings entlarven auffällige Fehler wie die Übernahme der Behauptung der Polizei, die Demo sei auf den Gehwegen gelaufen, dass dem nicht so war.

In geschlossener Formation mit mannshohen Transparenten, schwarz gekleidet und – über das zum Schutz vor Corona übliche Maß hinaus – vermummt […] Bei Kundgebungen an den Zwischenstationen prangerte eine Sprecherin vom Band und mit verfremdeter Stimme rechtsextreme Aktivitäten in der Gantergemeinde und der Region an. In den Fokus wurde dabei der Betreiber eines Fitnessstudios gerückt, der laut der Antifa-Sprecherin der Neonazi-Szene zuzurechnen ist.

Inhaltlich wurde sich dann auch nicht den öffentlich zugänglichen Quellen bedient, um über rechte Strukturen aufzuklären. Stattdessen wartete der Bericht mit einer unpräzisen Zusammenfassung der Redebeiträge auf. Was allerdings eine Erwähnung wert zu sein scheint, ist die Vermummung der Antifaschist:innen – dass diese als Selbstschutz vor militanten Neonazis dienen könnte, wird dabei nicht in Betracht gezogen.

Patriotischer Sticker „Wir lieben Deutschland“; im Hintergrund das vom Brand beschädigte „Don Gantero“. Ein weiteres Beispiel dafür, dass wir hier noch viel zutun haben werden.

Die Demo ist vorbei, aber unsere Arbeit geht weiter. Wir setzen unsere Behmühungen fort, den lokalen rechten Akteur:innen ihre Sicherheit und gesellschaftliche Akzeptanz zu nehmen und sie aus der Deckung zu holen. Nach wie vor gilt: Solidarität mit den Betroffenen rechten Terrors – Rechte Strukturen aufdecken und bekämpfen!Quelle: 16voll

Der Link zu dem Beitrag der Antifaschistische Vernetzung Oldenburger Land mit weiteren Informationen: https://16voll.noblogs.org/post/2021/10/23/nachbericht-antifa-demo-in-ganderkesee-am-16-10-2021/

 

Pressemitteilung des Bündnisses So.Wi.WIR vom 07.10.2021 zum Brandanschlag in Ganderkesee

Das Bündnis So.Wi.WIR – Solidarisches Wildeshausen WIR und ihre AG MiCou – Mit Courage gegen Rechts haben haben eine Pressemitteilung zum Brandanschlag in Ganderkesee veröffentlicht.

Hinweise von dem Bündnis So.Wi.WIR – Solidarisches Wildeshausen WIR und ihre AG MiCou – Mit Courage gegen Rechts zu einer Demonstration am 16.10.2021: Zugtreffpunkt: Bahnhof Wildeshausen, Gleis 2 (Ticketautomat), 13:45 Uhr Quelle: https://www.facebook.com/sowiwir/posts/3037897249831535

Quelle: So.Wi.WIR

Pressemitteilung von dem So.Wi.WIR-Bündnis und ihrer AG MiCou vom 07.10.2021: „Trauriger Jahrestag des Brandanschlags in Ganderkesee: Der zweite Anschlag gegen die Betroffenen

Vor einem Jahr am 14. Oktober 2020 zerstörte ein Brand das ehemalige Bahnhofsgebäude in der Wittekindstraße weitgehend, in dem sich das Restaurant „Don Gantero” befunden hatte. Die Polizei erkannte Spuren einer vorsätzlichen Brandstiftung, konnte aber keine Täter*innen ermitteln. Die Ermittlungen wurden eingestellt. Am Brandortfanden sich Symbole der rechten Szene wie ein Hakenkreuz sowie die Ziffer „88“, die für „HH”: „Heil Hitler” steht. Während sich die Bürgermeisterin unmittelbar nach dem Brandanschlag noch schockiert gezeigt hatte, offenbarten die folgenden Taten der Verwaltung eine ganz andere Haltung: Die betroffenen Betreiber, die einen „Migrationshintergrund“ aufweisen, wurden von der Gemeinde Ganderkesee nicht unterstützt, sondern innerhalb kürzester Zeit wurde ein neuer Pachtvertrag mit einem bekannten Ganderkeseer Gastronom abgeschlossen. Die betroffenen Betreiber mussten Ende Mai 2021 das Gebäude verlassen. Wenn sich hinter dem Brandanschlag eine rechte Täterschaft verbergen sollte, so hätten sie ein Ziel des Brandanschlags erreicht: Die Betreiber verloren ihr Restaurant und ihre Existenzgrundlage. Das sendet ein fatales Signal, weil deutlich wird, dass potentielle Opfer rechtsextremer Gewalt in Ganderkesee nicht mit Solidarität zu rechnen haben.
In Ganderkesee wird die Haltung der Verwaltung in der Politik fast nicht thematisiert. Außer von der Partei DIE LINKE (Ratsfrau Susanne Steffgen) gab es keine Stellungnahme zu dem Vorgehen der Verwaltung. Im Fernsehbeitrag des NDR („Hallo Niedersachsen“ vom 5. Juli 2021) äußerten sich lediglich Bündnis 90/Die Grünen. Die Bürgermeisterin blieb stumm. Für die Betroffenen bedeutet diese Haltung der Ganderkeseer Politik, dass sie nach dem Anschlag ein zweites Mal Opfer sind: zunächst traf sie ein Brandanschlag, dann die Ausgrenzung des Verwaltungsausschusses Ganderkesees.
Seit dem Februar 2020 häufen sich die Brandanschläge im Bremer Umland. In Syke, Gnarrenburg und Ganderkesee wurden Brandanschläge auf Restaurants nach einem ähnlichen Muster verübt: Immer nachts wurden die jeweils von Menschen mit Flucht- und Migrationsgeschichte geführten Restaurants Opfer der Brandanschläge und immer wurden Hakenkreuze hinterlassen. Am 13. Februar 2020 wurde ein Brandanschlag auf das Syker Restaurant „Martini“ verübt. Am 24. Juli folgte ein Brandanschlag auf den „Hexenkeller“ in Gnarrenburg und am 14. Oktober 2020 schließlich das Restaurant „Don Gantero“ in Ganderkesee. An den Wänden oder im unmittelbaren Umfeld fanden sich immer Hakenkreuze und teilweise auch rassistische Parolen. Trotz dieser Häufung von Gemeinsamkeiten konnte die Polizei hinter diesen Taten keine eindeutigen Hinweise auf einen politischen Hintergrund und eine rechte Tatmotivation ermitteln.
Auch Brandanschläge in der Region wie z.B. in Bremen im Februar 2020 müssen in diesem Zusammenhang mitgedacht werden.
Expert*innen wie die Mobile Beratung Niedersachsen gegen Rechtsextremismus für Demokratie weisen darauf hin, dass es im Bremer Umland seit Jahren eine aktive rechtsextreme Szene gibt. Es darf nicht zugelassen werden, dass rechtsextreme Taten die Menschen mit Flucht- und Migrationsgeschichte im Bremer Umland einschüchtern. Es besteht die Gefahr weiterer rechter Anschläge, die Menschen verletzen oder töten können.
Anlässlich des traurigen Jahrestags des Anschlags findet vor dem Gebäude des ehemaligen „Don Gantero“ (Wittekindstraße 3) am Samstag, den 16. Oktober von 13.00-15.00 Uhr eine Mahnwache statt, um sich mit den Betroffenen solidarisch zu erklären. Daran anschließend findet eine Demonstration statt, für die das Bündnis für solidarische Intervention aufruft.“ Quelle: https://www.facebook.com/sowiwir/posts/3037897249831535

lkolpatriotinnen-Beitrag vom 19.06.2021: „«AfD Oldenburg Land»: Teilt ein Video von «AfD TV»“

„Am 19.05.2021 teilt «AfD Oldenburg Land» ein Video von «AfD TV». In der Videobeschreibung steht: „„Deutschland. Aber normal“ – so lautet der Leitspruch der AfD-Kampagne für die Bundestagswahl 2021. Hier sehen Sie das gleichnamige Kampagnen-Video.“.“ Quelle: lkolpatriotinnen

„Am 11.04.2021 teilt Patrick Scheelje ein Video von der «AfD». In der Videobeschreibung steht: „Deutschland. Aber normal.
– so heißt das Motto zu Kampagne, mit der Ihre AfD im Bundestagswahlkampf 2021 um Wählerstimmen werben wird.
Sagen Sie uns Ihre Meinung zu unseren Kampagnenfilm zum Bundesparteitag 2021!“.“
Quelle: lkolpatriotinnen

kolpatriotinnen-Beitrag vom 19.06.2021: „Am 11.06.2021 schreibt «belltower.news» in einem in einem Beitrag «Wie die AfD mit Sehnsüchten nach „deutscher Normalität“ Wahlkampf führt»: „Klimaaktivismus, antirassistische Proteste und die Lockdownmaßnahmen der Bundesregierung: Für die AfD nur Störungen einer vermeintlichen „deutschen Normalität“. Doch der inhaltsleer wirkende Wahlslogan der rechtsradikalen Partei „Deutschland. Aber normal.“ ist komplexer, als er zunächst erscheint. Eine Analyse.

[…]Die Wahlkampfkampagne der wissenschaftlich mittlerweile als rechtsextrem einzustufenden Alternative für Deutschland (AfD) zielt darauf ab, drei Fliegen mit einem Slogan zu schlagen: Das Kampagnenmotto versucht nicht nur eine völkische Ideologie und entsprechende politische Positionen und Forderungen zu normalisieren, sondern stellt politisch Andersdenkende als Gefahr für das „normale“ Leben der Deutschen dar, während es gleichzeitig das Gedenken an den Holocaust als zentrales Element des modernen deutschen Selbstverständnisses ablehnt.

Die Kampagne wurde auf dem 12. Bundesparteitag der AfD im April 2021 vorgestellt, der aus zwei Gründen für Schlagzeilen sorgte: Zum einen fand der Parteitag mitten in der dritten Covid-19-Welle als Präsenzveranstaltung statt und diente der AfD als Bühne für das zur Schau stellen von „Normalität“ trotz steigender Infektionszahlen, mit dem die Partei ihre ablehnende Haltung gegenüber den Covid-19-Restriktionen und somit ihre Solidarität mit teilweise rechtsextremem Protesten von Querdenken und Co. einmal mehr Ausdruck verlieh (siehe taz). Zum anderen war das Verabschieden des Wahlprogramms für die diesjährige Bundestagswahl ein zentraler Punkt auf der Parteitagsagenda. Das nach zwei Tagen zäher, parteiinterner Diskussionen verabschiedete Programm enthält deutlich radikalere politische Positionen als das vorherige und fordert beispielsweise den Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union, Grenzzäune, die Abschiebung und „Re-Migration“ von Asylsuchenden und eine strikte Einwanderungspolitik nach japanischem Vorbild (siehe Spiegel). Während die AfD sich also klar für einen zunehmend extrem-rechtsnationalen politischen Kurs entschieden hat, versucht das Motto des Parteitages, das zugleich als Wahlkampfmotto fungiert, radikale Programmatik der Partei herunterzuspielen und lautet vermeintlich schlicht: „Deutschland. Aber normal.“

In seiner scheinbaren Einfachheit und Inhaltsleere erinnert der AfD-Spruch an andere bekannte und berüchtigte rechtspopulistische Slogans, wie etwa „Take back control“, den Slogan der „Leave“-Kampagne während des Brexit-Referendums oder Trumps „Make America Great Again“. Wie auch seine erfolgreichen Geschwister, sollte der AfD-Slogan keinesfalls unterschätzt werden, denn er ist komplexer, als er auf den ersten Blick erscheint. In der Tat ist der Slogan so strategisch inhaltsleer, dass er auf mindestens drei verschiedene Arten eine Sehnsucht nach „deutscher Normalität“ formuliert. Dies wird unter anderem im dazugehörigen Wahlwerbespot deutlich.

Das 80 Sekunden lange Video zeigt Aufnahmen von weißen, vermeintlich deutschen, Familien in Vergangenheit und Gegenwart in 1990er-Jahre-Homevideo-Ästhetik und hochauflösender Bildqualität, Kinder und Erwachsene die alltäglichen Tätigkeiten nachgehen, Luftaufnahmen von deutschen Städten und Landschaften sowie einen kleinen Hund, der auf einem Staubsaugerroboter durchs Bild reitet. Die Bildlandschaft wird von generisch-erbaulicher Musik begleitet, während eine freundliche Männerstimme die politischen Forderungen der AfD nach „sicheren Grenzen“ oder einer ethnonational definierten deutschen Heimat als „normal“ deklariert. Diese betonte Harmlosigkeit und Wohlfühlatmosphäre des Wahlkampfspots veranschaulichen die recht offensichtliche, wortwörtliche Lesart des Slogans, nämlich den Versuch, rechtsextreme politische Inhalte und ethnonationalistische Idealvorstellungen als „normal“ und somit legitime politische Position und erstrebenswerte Zukunftsvision zu etablieren.

Andere Sequenzen des Wahlkampfvideos kombinieren die von der freundlich-warmen Männerstimme gestellte Frage „Ist nicht ‚normal‘ genau das, was uns heute fehlt?“ mit Bildern junger Klimaaktivist:innen, linker Protestierender und Szenen, die die Auswirkungen der Covid-19-Restriktionen illustrieren. Klimaaktivismus, antirassistische Proteste und die Lockdownmaßnahmen der Bundesregierung werden somit als Störung einer idealisierten ”Normalität“ dargestellt. Ähnlich wie der berüchtigte Alt-Right Slogan „It’s ok to be white“ dienen diese Darstellungen dazu, das rechtsnationale Streben nach der Aufrechterhaltung einer etablierten, ethno-deutschen Vorherrschaft als die bloße Verteidigung des „normalen“, alltäglichen Leben der „gewöhnlichen Deutschen“ umzudeuten. Dabei wird die „Normalität“ einer strukturell rassistischen, den Klimawandel leugnenden und die Gefahren rechtsextremer Gewalt verharmlosenden Gesellschaft nicht nur zum Ideal konstruiert, sondern erscheint zudem als kostbar, gefährdet und schützenswert. Dies mobilisiert eine militante Normalität als gefühlt widerständische und geradezu heroische politische Position und impliziert die Notwendigkeit einer ständigen Wachsamkeit und einer Bereitschaft das „normale Leben durchschnittlicher Deutscher“ gegen „unnormale“ politische Gegner und progressive gesellschaftliche Strömungen verteidigen zu müssen.

Zu guter Letzt spricht der Slogan das geschichtsrevisionistische Verlangen an, sich als Deutsche:r „wieder normal zu fühlen“. Während diese Lesart des Kampagnenmottos nicht explizit formuliert ist, fällt sie doch jeder:m ins Auge, der:dem die Versuche der AfD bekannt sind, die deutsche Erinnerungskultur zu verändern und insbesondere den Holocaust und die Verbrechen der Deutschen im Zweiten Weltkrieg und während des Nazi-Regimes zu verharmlosen und zu relativieren (siehe Centre for Analysis of the Radical Right). Nahezu untergehend in der Flut aus generischer Bild- und Musiklandschaft (und gleich nach dem staubsaugerreitenden Spitz), zeigt das Wahlkampfvideo eine fröhliche junge Frau, die ein mit Deutschlandfahne bedruckten T-Shirt trägt und zwei kleine Deutschlandfahnen schwenkt. Diese Szene, die unweigerlich an Fanmeilen und Fußballgroßveranstaltungen denken lässt, kommentiert die männliche Stimme aus dem Off mit den Worten: „Und ja, auch Deutschland ist normal“.

Was anderswo als geradezu banale Aussage oder Understatement gelten würde, kann in einem deutschen Kontext als implizite Ablehnung der „besonderen“ deutschen Erinnerungskultur gelesen werden und reproduziert indirekt die grundsätzliche AfD-Position, dass „die aktuelle Verengung der deutschen Erinnerungskultur auf die Zeit des Nationalsozialismus […] zugunsten einer erweiterten Geschichtsbetrachtung aufzubrechen [ist], die auch die positiven, identitätsstiftenden Aspekte deutscher Geschichte mit umfasst“, wie die Partei in ihrem 2016 beschlossenen Das Grundsatzprogramm schreibt.

In dieser Lesart wird „normal“ somit zu einer Chiffre für einen neu-rechten Ideologie- und Vorstellungsraum, der es erlaubt, das moderne Deutschland als völkische Gemeinschaft zu denken, die sich über „positive“ historische Errungenschaften und Ereignissen sowie ethnonationale Kontinuitäten definiert und für die Nazivergangenheit und Völkermord keine oder nur eine sehr untergeordnete Rollen spielen. Während diese Dimension des Wahlkampfmottos nicht auf den ersten Blick offensichtlich sein mag, kann der Slogan als zentrales Element in den „dog whistle politics“ der AfD gedeutet werden, in dem eine deutsche Sehnsucht nach dem sprichwörtlichen Schlussstrich unter dem Gedenken an Holocaust und Nazizeit widerhallt. Damit versucht die AfD vor allem jene 25 Prozent der deutschen Bevölkerung zu adressieren, die sich einer Umfrage zufolge nach einem Ende des Holocaustgedenkens sehnen und bereits überproportional unter den AfD-Wähler*innen vertreten sind (siehe Deutsche Welle).

Es wird sich zeigen, ob der Slogan sich im 2021-Wahlkampf als erfolgreich erweist und ob er es insbesondere vermag, parteiinterne Konflikte, die zu einer zentralen Herausforderung für sich die AfD werden könnten, zu überwinden oder zumindest zu überlagern. Es kann jedoch festgehalten werden, dass das Wahlkampfmotto weder ausschließlich ein verzweifelter Versuch ist die Partei, angesichts ihrer Beobachtung durch den Verfassungsschutz und dessen Einstufung der AfD als in Teilen rechtsextrem, als „normal“ und „harmlos“ darzustellen (siehe Spiegel und taz). Noch zielt der Slogan nur darauf ab, die Coronamüdigkeit und entsprechende Frustrationen in der deutschen Bevölkerung politisch auszunutzen, nachdem die AfD während der Pandemie leicht an Unterstützung verloren hatte, da das AfD-Kernthema, eine restriktive und ausgrenzende Migrationspolitik, kaum eine Rolle auf der politischen Agenda spielte.

Vielmehr hat das Motto das Potential zu einem „Catch-All“-Slogan, der so vage ist, dass er bedeutsam und somit ansprechend für verschiedene, sich teilweise überschneidende Wähler:innengruppen sein kann: Solche, die sich nach dem endgültigen Ende von Kurzarbeit und Maskenpflicht sehnen, solche die nicht auf Diesel, SUV, und ein extragroßes Steak auf dem Kohlegrill verzichten möchten, solche die weiterhin von rassistischen, antisemitischen, islamfeindlichen, patriarchalen und LGBTIQ*-diskriminierenden Strukturen profitieren und ausgrenzende Begriffe und Denkmuster „ja wohl noch sagen dürfen“ wollen, solche, die sich nur in einer Gesellschaft unter deutscher Vorherrschaft wohlfühlen, und solche, die sich einen „unbeschwert-normalen“ deutschen Patriotismus wünschen, der die Nazivergangenheit, den Holocaust und andere deutsche Verbrechen als, um den AfD-Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland zu zitieren, „Vogelschiss in unserer über 1000-jährigen Geschichte“ trivialisiert.“.“ Quelle: lkolpatriotinnen

Der Link zu dem Beitrag von lkolpatriotinnen mit weiteren Informationen: https://lkolpatriotinnen.wordpress.com/2021/06/19/afd-oldenburg-land-teilt-ein-video-von-afd-tv/

Rechter Terror im Nordwesten

Das Bündnis So.Wi.WIR – Solidarisches Wildeshausen WIR weisen auf die Recherche: „Rechter Terror im Nordwesten“ von der Kampagne Nationalismus ist keine Alternative hin.
 
Den Facebook-Link zu dem Beitrag von dem So.Wi.WIR-Bündnis mit weiteren Informationen: https://www.facebook.com/sowiwir/posts/3008434396111154
 
 

In der Nacht auf den 13.02.2020 brannte das Restaurant „Martini“ in Syke. An der Außenwand sowie auf dem Pflaster vor dem Gebäude wurden Hakenkreuze und die Parole «Ausländer raus» gesprayt. Ein paar Tage zuvor hatte sich das Bündnis gegen Rechts im Martini getroffen.

Am 24.07.2020 brannte das syrische Restaurant “Hexen Keller” in Gnarrenburg. Wie in Syke wurden auch hier am Tatort gesprühte Hakenkreuze gefunden. Der Brand wurde mit Hilfe von Brandbeschleuniger herbeigeführt.
Die Cocktailbar “Don Gantero“ in Ganderkesee wurde am 14.10.2020 in Brand gesetzt. Auch hier wurden Brandbeschleuniger sowie ein Hakenkreuz und die Zahl “88” am Tatort festgestellt.
Am 16.02.2020, kam es zu einem Brandanschlag auf das alternative Jugendzentrum “Friese” im Bremer Viertel. Während eines laufenden Konzertes legten Unbekannte Feuer im Backstagebereich. Dieser brannte vollständig aus. Am Eingang wurden Nazi-Aufkleber gefunden, die zuvor nicht dort gewesen waren.
Zu einem Brandanschlag auf das Antifaschistische Café im Braunschweig kam es am 09.03.2021. Die Braunschweiger Naziszene gilt als besonders gewaltbereit und aktiv. Einige von ihnen wurden in der Nacht des Brandes in unmittelbarer Nähe des Antifa Cafés gesehen.

Rassistischer Normalzustand

Die psychischen und existenziellen Folgen für die Betroffenen sind enorm. Sowohl die Betreiber*innen des “Martinis” in Syke, als auch die Betreiber*innen des “Don Ganteros” in Ganderkesee verloren dabei ihre Existenzgrundlage. Die Stimmung in den Gemeinden ist häufig wenig solidarisch und zeugt nicht selten selbst von einer rassistischen Grundhaltung. In Gnarrenburg wurde schnell nach dem Brand der Vorwurf des Versicherungsbetruges in den Raum geworfen. In Syke wurde behauptet, dass es sich um keinen rechten Anschlag handeln könnte. Ausschlaggebend war, dass das Hakenkreuz falsch herum gesprüht wurde und dieses an der Rückseite des Gebäudes zu finden war. Dabei befand sich der Eingang des Restaurant auf der Rückseite des Gebäudes.
Zumindest in Gnarrenburg gab es eine Solidaritätsveranstaltung, um unter dem Motto “Wir sind alle Hexenkeller”,die die Betroffenen unterstützte. In Syke organisierten Antifaschist*innen mehrere solidarische Demonstrationen. Solche Veranstaltungen fehlen in Ganderkesee bis heute.
In Ganderkesee wurde das Restaurant kurz nach dem Anschlag weiter vermietet. Auch das Restaurant „Martini“ in Syke musste endgültig schließen, nun soll dort ein Craftbierladen entstehen.
Der Hexenkeller in Gnarrenburg kämpft seither ums Überleben.

Nazis am Werk

Auch in Bremen und Braunschweig kam es im gleichen Zeitraum zu rechten Brandanschlägen, auf das alternative Jugendzentrum im Bremer Viertel und auf das Antifaschistische Café in Braunschweig. Auch hier wurde der potentielle Verlust von Menschenleben billigend in Kauf genommen.
Zwischen den Brandanschlägen aus dem Bremer Umland sowie den Anschlägen in Bremen und Braunschweig muss differenziert werden, da es sich bei den einen um Angriffe auf die alternative Linke Szene und bei den anderen um rassistisch motivierte Gewalt handelt.
Die Gemeinsamkeiten sehen wir bei den Täter*innen. Terroristische Nazi-Netzwerke haben eine lange Kontinuität in der BRD. Sie sind bewaffnet, organisiert und entschlossen, dies ist nicht zuletzt eine Erkenntnis aus dem NSU. Die politische Schlussfolgerung daraus muss sein, bei rassistischen Anschlägen von einer neonazistischen Täter*innenschaft auszugehen.

Auf den Staat kein Verlass!

Während der Ermittlungen versuchen die Bullen immer wieder ihre rassistischen Denkmuster aufrecht zu erhalten. Sie würden eher von „Versicherungskriminalität“ als von Rechtsterrorismus ausgehen. Weiterhin behaupten die Bullen, dass es vor Ort keine rechte Szene gäbe. So wird in der Antwort auf die kleine Anfrage der Grünen an die Landesregierung zu allen drei Orten geschrieben, dass es keine organisierten Rechten Strukturen vor Ort gäbe. Diese Behauptung wurde auch bei der Antwort auf die kleine Anfrage der Grünen im Landtag, weiter aufrechterhalten. Dies ist schlichtweg falsch. Dass sich Nazis an all diesen Orten etablieren konnten, sich fest in das gesellschaftliche Leben der Gemeinden integriert haben und es eine Kontinuität von rechten Vorkommnissen gibt, werden wir aufzeigen.
In Bremen gibt es auch anderthalb Jahre nach dem Anschlag keine Ermittlungserfolge, gleichzeitig wird der Anwältin der Betroffenen die Akteneinsicht verwehrt.
Die Ermittlungen zum Brandanschlag in Syke wurden bereits eingestellt.

Die Gemeinderäte in den Dörfern versuchen ebenfalls, die unbequeme Thematik von rechter Gewalt in der Region zu verschweigen. So äußerte sich ein Gemeinderat in Worpswede in Bezug zu Gnarrenburg: „Es ist doch jetzt erledigt, wir müssen weiter in die Zukunft schauen“.
Bereits vor dem Bränden hat die Mobile Beratungsstelle gegen Rechts die Landkreise Delmenhorst und Ganderkesee um Zusammenarbeit gegen Nazistrukturen gebeten. Dies lehnten die Landkreise jedoch ab, da sie kein Problem mit Rechtsextremismus vor Ort hätten. Nur wenige Wochen später brannte es.

Die Geister die ihr rieft…

Rassistische und rechte Gewalt findet nicht im luftleeren Raum statt, sondern ist Ergebnis einer gesellschaftlichen Stimmung. Überall auf der Welt sind rechte Parteien im Aufwind und rangeln um die Hegemonie in Parlamenten, auf der Straße und in Diskursen. Diese autoritäre Formierung beschränkt sich in Deutschland nicht auf die AfD, sondern wird von nahezu allen Parteien – allen voran den Unionsparteien – bereitwillig aufgenommen und fortgeführt.
Im Umgang mit rechtem Terror sind die sogenannten Sicherheitsbehörden schon immer Teil des Problems. Nazis haben sich in den staatlichen Institutionen dieses Landes vernetzt und eigene Organisationen aufgebaut. Das Aufdecken dieser Organisationen, sei es der selbsternannte NSU 2.0 in der Frankfurter Polizei oder die Hannibal-Netzwerke in der Bundeswehr, blieben für ihre Akteur*innen weitgehend ohne Konsequenzen.
Inwiefern die lokalen Nazis für die Brandanschläge verantwortlich sind, können wir nicht sagen. Wir wissen jedoch, dass es innerhalb eines gesellschaftlichen Klimas, in dem die Polizei die rechte Szene vor Ort verharmlost, indem sich der Staat fortwährend autoritär formiert und wo rassistische sowie nationalistische Äußerungen längst Teil der gesellschaftlichen Debatte sind, es nur eine Person braucht, die sich dadurch sicher, oder mehr noch, berufen fühlt, eben jenes Klima in letzter Konsequenz in die Tat um zu setzten.

Antifa bleibt Handarbeit

Es ist nicht die Aufgabe antifaschistischer Gruppen, die Ermittlungen der Polizei zu ersetzen oder ihnen zuzuarbeiten. Unsere Aufmerksamkeit gilt der offenkundigen politischen Motivation von Bullen und Staatsanwaltschaften, die Zusammenhänge zwischen den Anschlägen zu ignorieren und eine potentielle rechtsterroristische Struktur damit zu decken.
Wenn Nazis Brandanschläge verüben und der Staat sein Bestes gibt, um die Taten zu entpolitisieren, ist konsequenter Antifaschismus auf allen Ebenen gefragt: von der direkten Unterstützung der Betroffenen über die öffentliche Thematisierung auf Kundgebungen und Demonstrationen bis hin zur Konfrontation der lokalen Nazis.
Die Brände haben Nazis gelegt. Den Brandbeschleuniger lieferte die Gesellschaft.

NIKA Nordwest im Auguts 2021 Quelle: https://www.nationalismusistkeinealternative.net/kampagnenstart-rechter-terror-im-nordwesten/

lkolpatriotinnen-Beitrag vom 05.06.2021: „05.05.2018: «Frauenmarsch»-Demonstration in Delmenhorst“

„Am 05.05.2018 nimmt Frank Voigt (rechts) an der «Frauenmarsch»-Demonstration in Delmenhorst teil. Am 23.07.2019 schreibt «Wilhelmshavener Wanderfreund*innen» zu dem Bild: „Zu sehen: Jannik Scheel im schwarzen Polohemd mit dem Zeichen der “Identitären Bewegung”.“.“ Quelle: lkolpatriotinnen

„Am 05.05.2018 nimmt Oliver Gräfing (4.v.r.) an der «Frauenmarsch»-Demonstration in Delmenhorst teil.“ Quelle: lkolpatriotinnen

„Am 05.05.2018 nimmt Harm Rykena (3.v.r.) an der «Frauenmarsch»-Demonstration in Delmenhorst teil.“ Quelle: lkolpatriotinnen

„Am 05.05.2018 nehmen Florian Lautenschläger (3.v.l.) und Patrick Scheelje (4.v.l.) an der «Frauenmarsch»-Demonstration in Delmenhorst teil.“ Quelle: lkolpatriotinnen

kolpatriotinnen-Beitrag vom 05.06.2021: „«antifa-bremen» schreibt/schrieb in einem Beitrag zur «Frauenmarsch»-Demonstration in Delmenhorst am 05.05.2018: „Etwa 100 Leute nehmen am Samstagmittag an einem selbsternannten „Frauenmarsch“ in Delmenhorst teil. Der von der AfDlerin Ina Raabe aus Leer organisierte schwarz-rot-golden-braune Aufzug setzt sich maßgeblich aus AfD-Aktiven und -Fans, Mitgliedern der „Identitäten Bewegung“ sowie handfesten Neonazis zusammen. Die Füllmasse bilden versprengte Deutschpatriot*innen und Merkelhasser*innen, darunter etwa der völkische AfD-Vorsitzende Diepholz, Andreas Iloff, oder der Bremer AfD-Bürgerschaftsabgeornete und Höcke-Fan Alexander Tassis.

Für die rassistischen Sprechchöre verantwortlich zeichnet währenddessen Lars Steinke, niedersächsischer Vorsitzender der „Jungen Alternative“, mit seinem Megafon. Der Ordnerdienst des braunen Umzugs wird durch Wigand Klepp organisiert, Inhaber eines Vodafone / Kabel Deutschland-Ladens in Ganderkesee sowie einer Securityfirma unter gleicher Anschrift.

Vorschreier rassistischer Parolen: Lars Steinke aus Göttingen (Vorsitzender der JA in Niedersachsen)

Links in schwarzer Jacke, mit Funkgerät: Wigand Klepp aus Ganderkesee

Bildmitte: Andreas Iloff mit Begleitung

Regionale Nazis aus den Reihen von „Blood Brother Nation“: Kevin Rotert (mit „Unfair“-Shirt, aus Vechta) und Nico Becker (vorne mit kariertem Hemd, aus Lohne). Mittendrin: Alexander Tassis von der Bremer AfD (graue Haare)

Hinten links mit Sonnenbrille: Richard Ritsch (Bremen) im Kameradenkreise

Aus Bremen nach Delmenhorst gefahren ist auch Richard Ritsch (siehe Abschnitt unten) von der rechten Bremer „Bruderschaft Nordic 12“. Er bewegt sich dort zusammen mit Nazis der „Blood Brother Nation“ aus der Region Oldenburg/Vechta, die mit „Nordic 12“ eng verbunden sind.

Das gesamte Nazigeklüngel innerhalb des Marsches ist kein Zufall, sondern belegt die regionalen Strukturen hinter einem vordergründig unscheinbaren Motto und unbekannten Personen.“. – Quelle: Antifa Bremen

Am 25.06.2018 schreibt «antifaelf» in ihrem Recherche-Text «„Frauenmarsch Niedersachsen“ – ein Label der AfD» zur «Frauenmarsch»-Demonstration in Delmenhorst am 05.05.2018: „Seit März 2018 organisieren sich Rassist*innen unter dem Label „Frauenmarsch Niedersachsen“. Zwei Demonstrationen, in Delmenhorst und in Papenburg, folgten. Der folgende Artikel soll einen Überblick über die Struktur liefern.

Bild: recherche-nord

Es ging durch nahezu sämtliche Medien: Im Dezember 2017 töte ein Geflüchteter im rheinland-pfälzischen Kandel die 15-jährige Mia. Eine Beziehungstat. Doch anstatt Pietät walten zu lassen und die Angehörigen in Ruhe trauern zu lassen, formierte sich innerhalb kürzester Zeit ein rassistischer Mob, um die schreckliche Tat zu instrumentalisieren und rassistisch aufzuladen. Nachdem mehrere Kundgebungen, unter anderem von der AfD, der NPD sowie einem selbsternannten „Frauenbündnis“ in Kandel stattfanden, kam es im März 2018 zum traurigen Höhepunkt. An einer Demonstration, die von Szenebeobachter*innen als Schulterschluss der AfD mit militanten Neonazis und Hooligans bewertet wird, nahmen rund 4000 Rassist*innen verschiendster Couleur teil. Auf der Demonstration herrschte eine äußerst aggressive Stimmung, unter anderem kam es zu Angriffen auf anwesende Journalist*innen und Gegendemonstrant*innen. Um den Tod eines Mädchens ging dabei nie. Es ging um Hass und Rassismus.
Offenbar beeindruckt von der Wucht dieser Demonstration wurden bald in vielen Orten Deutschland Versuche gestartet, Demonstrationen unter dem Motto „Kandel ist überall“ zu etablieren, unter anderem in Bremen, dort jedoch äußerst erfolglos.

Auch im ostfriesischen Leer war man offenbar gewillt, politischen Profit aus der Gewalttat zu schlagen.

Das AfD-Mitglied Ina Raabe gründete Ende März 2018 den sogenannten „Frauenmarsch Niedersachsen“. In einem Interview mit dem AfD-nahen Onlinevideoformat „RIKO TV“ aus dem Landkreis Osnabrück erklärte Raabe, dass man sich von dem AfD-“Frauenmarsch“ in Berlin, der sich auf die Vorfälle in Kandel bezog, hat beeindrucken lassen und dass man ein solches Format auch im Nordwesten Niedersachsens etabliereren wolle.

Erste öffentliche Aktion: Demonstration in Delmenhorst

Zu einer ersten Aktion suchte man sich Delmenhorst aus. Etwa 100 Personen nahmen am 5.Mai 2018 an der Demonstration teil, darunter ein Großteil aus Strukturen der AfD und ihrer Jugendorganisation „Junge Alternative“ (JA). Sämtliche Redner*innen, unter ihnen die prominente Aktivistin Leyla Bilge, kamen von der Partei. Auffällig: Es waren viele AfD-Vertreter*innen mit Bezügen in das völkisch-neofaschistische Milieu vor Ort: JA-Chef Lars Steinke und der Oldenburger Rechtsanwalt Gerhard Vierfuß mit ihren Kontakten zur „Identitären Bewegung“, Andreas Iloff aus dem Landkreis Diepholz, der in der Neonaziszene seit vielen Jahren bestens vernetzt ist und auch schon neonazistische Veranstaltungen auf seinem Grundstück organisierte oder der Bremer Alexander Tassis, der unter anderem Schriftführer in der vom Verfassungsschutz beobachteten „Patriotischen Plattform“ (PP) ist.
Da verwundert es auch nicht, dass es auch eine Gruppe offensichtlich militanter Neonazis nach Delmenhorst verschlug: Oldenburger und Vechtaer Mitglieder einer selbsternannten „Bruderschaft“ mit dem Namen „Blood Broter Nation“ sowie der Hooligangruppierung „Querschläger Vechta“ stellten für die Organisator*innen des „Frauenmarschs“ offenbar kein Problem dar. Lediglich ein T-Shirt mit der neonazistischen Losung „White Power“ musste auf links gedreht werden.

Bildmitte mit Kapuze: Julian Klein aus Oldenburg, Mitglied der „Bruderschaft“ „Blood Brother Nation“ mit Käppi und kariertem Hemd: Nico Becker aus Lohne (Landkreis Vechta)
Bild: recherche-nord

Rechts: Kevin Rotert aus Vechta, der auch an einer „OLGIDA-Kundgebung“ am 16.März 2015 in Oldenburg teilnahm
Bild: recherche-nord

Neben „Blood Brother Nation“- Mitglied Julian Klein fanden noch einige weitere Personen aus Oldenburg den Weg in den Bremer Vorort. Von dem hiesigen AfD-Kreisverband machte sich neben dem bereits erwähnten Gerhard Vierfuß auch der Berufssoldat Andreas Paul, erfolgloser Direktkandidat zur Bundestagswahl 2017, auf den Weg nach Delmenhorst, ebenso wie einige andere AfD-Mitglieder.

Oldenburger Beteiligung am Delmenhorster „Frauenmarsch“
Bild: recherche-nor
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links im Bild: Gerhard Vierfuß aus Oldenburg. Bildmitte: Lidia Bernhardt, Mitglied des Oldenburger Stadtrats
Bild: recherche-nord

Der Berufssoldat Andreas Paul aus Oldenburg auf einer Demonstration mit Neonazibeteiligung. Ein Fall für den MAD?
Bild: recherche-nord

Obwohl der Bezug des „Frauenmarschs“ zur AfD offenkundig war, bemühte man sich die gesamte Veranstaltung über um den Eindruck einer bürgerlichen Veranstaltung, die nichts mit der Partei zu tun habe.“. – Quelle: antifa.elf

Am 30.04.2018 schreibt «rechtenfrauenmarschstoppen» in einem Beitrag zur «Frauenmarsch»-Demonstration in Delmenhorst am 05.05.2018: „Am Samstag, den 05. Mai, wollen diverse rechte Akteure in Delmenhorst mit einem sogenannten „Frauenmarsch“ sexistische Gewalt an Frauen* für ihre rassistische Hetze instrumentalisieren. In sozialen Medien rufen Funktionär_innen der Alternative für Deutschland (AfD) und der Identitären Bewegung (IB) zu der Demonstration auf.

Unter anderem haben ihr Kommen angekündigt:
Gerhard Vierfuß aus Oldenburg, Rechtsanwalt verschiedener neofaschistischer Gruppierungen und Einzelpersonen; Alexander Tassis aus Bremen, AfD-Funktionär und Sympathisant der IB; Leyla Bilge, Organisatorin vom sogenannten „Frauenmarsch“ in Berlin.

In den vergangenen Monaten konnten vergleichbare rechte Mobilisierungsstrategien, wie zum Beispiel in Bremen und Kandel verfolgt werden, die zum Teil bundesweit für Schlagzeilen sorgten. Die als bürgerliche „Trauermärsche“ inszenierten Demonstrationen konnte teilweise ein breites Spektrum an Menschenfeinden – von AfD-nahen „besorgten Bürgern“, Neofaschisten der „Identitären Bewegung“ bis hin zu organisierten Neonazis – mobilisiert werden. In Kandel wurde dabei eine Mobilisierung von ca. 3000 Menschen durch die Rechten erreicht. Dabei schafften sie ein Klima der Angst für alle Menschen, die nicht in ihr völkisches und nationalistisches Weltbild passen. Die Strategie dahinter ist eindeutig: Schreckliche Verbrechen werden rassistisch umgedeutet und die Trauer um die Opfer wird instrumentalisiert, um Fans von Abschottung und Ausgrenzung aller Couleur gemeinsam auf die Straße zu bringen. Dazu dient auch die Inszenierung eines heuchlerischen „Feminismus von rechts“, in dem sexualisierte und patriarchale Gewalt als „Importware“ dargestellt und für rassistische Hetze instrumentalisiert wird.
Es geht Ihnen nicht um den Schutz der Menschen vor Gewalt. Wenn Rassist*innen ein Bild zeichnen, in dem das angeblich einheitliche und feministische Europa von dem angeblich unaufgeklärten Rest der Welt bedroht wird, so ist das schlichtweg falsch. Gewalt gegen Frauen*, wird immer noch Großteils im familiären Umfeld ausgeübt. Somit ist diese Instrumentalisierung von Gewalt gegen Frauen* seitens der Rechten in Delmenhorst nicht nur rassistisch, sondern auch eine nicht hinnehmbare Missachtung der Opfer patriarchaler und sexualisierter Gewalt.

Seit langer Zeit ist dies der erste Versuch von reaktionären Akteuren im Oldenburger Raum eine Demonstration zu organisieren. Deshalb rufen wir dazu auf, diesen rechten „Frauenmarsch“ zu stoppen und der rassistisch-sexistischen Hetze entgegen zu treten! Zeigen wir, dass wir Versuche rechter Mobilisierung nicht ohne Widerstand hinnehmen werden!

Solidarität statt Hetze!
Neofaschistischen „Frauenmarsch“ blockieren!
Für eine Gesellschaft, in der alle ohne Angst leben können!“
. – Quelle: Bündnis „Rechten „Frauenmarsch“ stoppen! Quelle: lkolpatriotinnen

Der Link zu dem Beitrag von lkolpatriotinnen mit weiteren Informationen: https://lkolpatriotinnen.wordpress.com/2021/06/05/05-05-2018-frauenmarsch-demonstration-in-delmenhorst/

„Schutz für die, die Schutz suchen – Solidarität mit den Menschen in Blankenburg!“ am 06.06.2021 in Oldenburg

Das Bündnis So.Wi.WIR – Solidarisches Wildeshausen WIR weisen auf den Aufruf: „Schutz für die, die Schutz suchen – Solidarität mit den Menschen in Blankenburg!“ von dem Kollektiv Solidarity without borders Oldenburg hin.
 
Den Facebook-Link zu dem Beitrag von dem So.Wi.WIR Bündnis mit weiteren Informationen: https://www.facebook.com/sowiwir/posts/2941776466110281
 
 
Quelle: Kollektiv Solidarity without borders Oldenburg
 
Aufruf von dem Bündnis in Erinnerung an Qosay zu einer Demo am 05.06.2021: Schutz für die, die Schutz suchen – Solidarität mit den Menschen in Blankenburg!

 

In der Nacht auf den 29. Mai kam es zu einem Brandanschlag auf das Erstaufnahmelager Blankenburg. Der Hintergrund ist noch ungeklärt, doch spätestens jetzt sollte auch den Letzten klar sein: Lager sind keine Orte des Schutzes! Sie berauben Menschen systematisch ihrer Privatssphäre und Bewegungsfreiheit, sie nehmen den Bewohner:innen ihre Individualität, sie dienen der Einschränkung ihrer Freiheit und Autonomie. Unsicherheit und die Angst vor Abschiebungen sind allgegenwärtig. Deshalb rufen wir zu einer Kundgebung in Solidarität mit den Menschen in Blankenburg auf und sagen: Schutz für die, die Schutz suchen – Solidarität mit den Menschen in Blankenburg!

Wann? 06.06.2021, 17 Uhr
Wo? Schlossplatz, Oldenburg
Was? Kundgebung
 
 

Stellt euch vor, #LeaveNoOneBehind wird wahr. Alle Menschen an den EU-Außengrenzen werden evakuiert – nach Gewalt, Angst, Krankheit, Bränden. Einige von ihnen kommen nach Deutschland. Und was finden sie hier vor?

Sie werden erneut in Lager gesteckt. Dort leben sie beengt mit ihnen oft unbekannten Menschen in einem Raum. Ihre Taschen werden durchsucht, ihre Zimmer kontrolliert, was sie essen müssen wird ihnen vorgeschrieben. Polizist:innen kommen, oft ohne Ankündigung mitten in der Nacht und schieben Menschen ab. Auch über die Abschiebepraxis hinaus sind rassistischen Angriffe im Lager allgegenwärtig. Ereut erfahren die Menschen Gewalt, bestehende Traumata können nicht verarbeitet werden, neue Ängste und Unsicherheiten entstehen, Retraumatisierungen können die Folge sein. 

Blankenburg ist ein räumlich und sozial isolierter Ort außerhalb der Stadt, der in der Wahrnehmung vieler Oldenburger:innen gar nicht vorkommt. Der Bedarf einer umfassenden Gesundheitsversorgung ist bei weitem nicht gedeckt. Das ehemaligen Kloster ist immer wieder mit mehr als 200 Menschen belegt. Die Bedingungen in Blankenburg machen wirksamen Schutz vor Corona kaum möglich. Mehrere Male kam es in den vergangenen Monaten zu Corona-Ausbrüchen und Massenquarantänen im Lager. 

In eines der bewohnten Gebäude wurde in der Nacht zum 29. Mai ein Brandsatz geworfen. Nur durch Zufall wurde keine Person körperlich verletzt. Die Hintergründe für den Brandanschlag mögen weiter unklar sein, doch fest steht: Das Feuer in Blankenburg zeigt erneut in aller Dringlichkeit, dass Lager keine sicheren Orte sind und auch niemals sein werden. Die Bewohner:innen sind staatlicher Gewalt durch Abschiebungen und strenge Kontrollen ebenso ausgeliefert wie rechter Gewalt. Über ihre reale Bedrohungssituation durch den Anschlag werden die Betroffenen teilweise nicht einmal informiert. Die Bewohner:innen Blankenburgs leben in einem permanenten Ausnahmezustand – schon vor der Pandemie, schon vor dem Brandanschlag. Das alles aber ist eben keine Ausnahme, sondern die Regel und genau so beabsichtigt. Wir wollen deshalb keine Rückkehr zur Normalität. Denn die Normalität ist das Problem! Kein Mensch sollte an einem Ort wie dem Lager Blankenburg leben müssen! 

Deswegen fordern wir, wie viele Menschen schon seit Jahren und Jahrzehnten immer wieder: Blankenburg dichtmachen, Lager abschaffen! Allen ein Recht auf Schutz und befreites und selbstbestimmtes Wohnen, unagbhängig von ihrem Aufenthaltsstatus. Lasst uns am Sonntag in  Solidarität mit den Menschen in Blankenburg auf die Straße gehen!

+++ Denkt bitte an mediznische Masken und Abstand +++“ Quelle: https://sowibol.noblogs.org/post/2021/06/04/schutz-fur-die-die-schutz-suchen-kundgebung-06-06-2021/

Pressemitteilung u. a. von dem Kollektiv Solidarity without borders Oldenburg vom 29.05.2021: In der Nacht von Freitag auf Samstag wurden in der Außenstelle Oldenburg der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen im Kloster Blankenburg zwei Brandsätze gezündet. Einer davon beschädigte ein Gebäude, in dem zur Zeit Menschen leben. Zu unserer großen Erleichterung wurden keine Personen körperlich verletzt. Nach Angabe der Polizei wurden Staatsschutz und Brandermittler:innen eingeschaltet und Fahndung eingeleitet (Pressemeldung der Polizei).

Wir erklären uns solidarisch mit den Menschen, die gezwungen sind im Lager Blankenburg zu leben. NIKA OL-WHV ruft für heute zu einer spontanen Demonstration in um 20 Uhr auf dem Schlossplatz in Oldenburg auf und sagt: “Auch wenn die Sachlage aktuell nicht klar ist, betrachten wir den Brandanschlag unter dem Verdacht des rechten Terrors. Letztes Jahr gab es in der Nähe Oldenburgs im Bremer Umland in Syke, Gnarrenburg und Ganderkesee drei Brandanschläge auf migrantisch betriebene Restaurants, die sich klar einer rechten Anschlagsserie zuordnen lassen”.

Das Kollektiv Sowib-OL (Solidarity without Borders Oldenburg) kämpft für eine Verbesserung der Situation im Lager Blankenburg und setzt sich gegen Abschiebungen ein. Sowib-OL erklärt: “Das bundesdeutsche Lagersystem ist in vielerlei Hinsicht menschenfeindlich und ein tiefer Eingriff in die Grundrechte der Menschen, die dort leben müssen. Der Brandanschlag zeugt von einer massiven Bedrohungslage. Gleichzeitig leben die Menschen in ständiger Angst vor Abschiebungen und unter massiver Kontrolle. Wir fordern die Schließung von Blankenburg und allen Lagern.”

Die antirassitische Gruppe United Against Racism ergänzt: “Heute ist der Anschlag im nordrheinwestfälischen Solingen 28 Jahre her. In Gedenken an Gürsün İnce, Hatice Genç, Gülüstan Öztürk, Hülya Genç und Saime Genç. Brandanschläge als Form rechter und rassistischer Gewalt sind kein Phänomen einzelner Bundersländer, sondern kommen überall in Deutschland vor und sind keine Seltenheit. Auch die Anschläge in Hanau, Kassel, Halle zeigen, dass rechte Gewalt immer noch ihren Platz in Deutschland findet. Wir sind schockiert und wollen lückenlose Aufklärung und Konsequenten.”

Wir fordern das Angebot psychologischer Betreuung für alle Betroffenen. Solidarität mit allen Menschen, die von rechter Gewalt und dem rassistischen Lagersystem betroffen sind! Evacuate all Camps now! Quelle: https://sowibol.noblogs.org/post/2021/05/29/pressemitteilung-brandanschlag-in-blankenburg-gruppen-aus-oldenburg-erklaren-ihre-solidaritat-mit-den-betroffenen/

„Gerechtigkeit für Qosay – Gegen rassistische Polizeigewalt“ am 05.06.2021 in Delmenhorst

Das Bündnis So.Wi.WIR – Solidarisches Wildeshausen WIR weisen auf den Aufruf: „Gerechtigkeit für Qosay – Gegen rassistische Polizeigewalt“ von dem Bündnis in Erinnerung an Qosay hin.
 
Den Facebook-Link zu dem Beitrag von dem So.Wi.WIR Bündnis mit weiteren Informationen: https://www.facebook.com/sowiwir/posts/2941018116186116
 
 
Quelle: Bündnis in Erinnerung an Qosay
 
Aufruf von dem Bündnis in Erinnerung an Qosay zu einer Demo am 05.06.2021: Wir haben für Samstag den 05.06.2021 um 14 Uhr unsere Demo in Delmenhorst unter den Namen „Gerechtigkeit für Qosay – Gegen rassistische Polizeigewalt“ angemeldet.
 
Wir bitten JEDEN von euch an diesem Samstag zu erscheinen um gemeinsam Druck gegen die Polizei und die Staatsanwaltschaft zu machen, den auf politischer Ebene ist dieser Druck ganz wichtig.
 
Wir sehen auch das die Mensch mittlerweile überall aus Deutschland Solidarität zeigen und sich für Gerechtigkeit einsetzen, seit ein Teil davon und erscheint für Veränderung und für das GUTE !
 
Es sollte jeden bewusst sein, das die rassistische Polizeigewalt Strukturell ist und sie nie aufhören werden !
Es sind in Deutschland schon über 181 Menschen in Polizeigewahrsam ermordet worden und das wird weiter gehen wenn wir nicht gemeinsam auf die Straße gehen und Zeichen dagegen setzten !
 
Ihr solltet erst recht jetzt auf die Straße kommen, genau weil wir gegen die Polizei auf die Straße gehen, denn es ist Fakt das es nicht mehr die Polizei ist die wir uns wünschen !
Davon gibt es leider zahlreiche Videos die das immer wieder bestätigen – TAGTÄGLICH mittlerweile!
 
Gemeinsam sind wir stark!
Jeder soll sich betroffen fühlen, egal welche Hautfarbe oder welche Haarfarbe, egal ob jung oder alt !
 
Save the Date
Samstag 05.06.2021
14 Uhr
Wollepark Wiese (gegenüber Workout)“ Quelle: https://www.facebook.com/qosay.khalaf.5/posts/124782639748562
 

Pressemitteilung von dem Bündnis in Erinnerung an Qosay vom 28.05.2021: Die Staatsanwaltschaft Oldenburg hat am Montag, den 17.05.21 mit einer unerträglichen Pressemitteilung bekannt gegeben, dass die Ermittlungen gegen die Polizisten eingestellt wurden, die die tödliche Festnahme von Qosay Sadam Khalaf zu verantworten haben. Wie in zahllosen anderen Fällen tödlicher Polizeigewalt zeigen die Strafverfolgungsbehörden damit einmal mehr, dass sie keinerlei Willen haben, Polizeigewalt in Deutschland – auch wenn sie tödlich verläuft – aufzuklären und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

Die Anwältin der Familie von Qosay hatte der Staatsanwaltschaft erst kurz vorher mitgeteilt, dass sie nach Akteneinsicht im Namen der Familie eine Stellungnahme abgeben werde. Einen Teil der Akten erhielt die Anwältin erst kurz vor der Mitteilung über die Einstellung, weitere Unterlagen fehlen bis heute. Die Staatsanwaltschaft hat es demnach nicht für nötig gehalten, der Familie des Opfers rechtliches Gehör zu gewähren, genauso wenig wie sie es für nötig hielt, die Familie über die geplante Einstellung zu informieren. Vielmehr erfuhr die Familie und ihre Anwältin von der Einstellung aus der Pressemitteilung. Auch der Zeitpunkt der Veröffentlichung der Pressemitteilung wurde mit 17 Uhr, also kurz vor Redaktionsschluss, geschickt gewählt. Damit wurde gezielt verhindert, dass die Familie oder das „Bündnis in Erinnerung an Qosay“ ihrerseits mit einem Pressestatement auf die Einstellung reagieren konnten. Entsprechend übernahm v.a. die lokale Presse fast ausschließlich die Erklärungen aus der staatsanwaltschaftlichen Pressemitteilung. So sieht also der Umgang mit Angehörigen aus, deren Sohn, Enkel, Bruder, Cousin, Freund im Polizeigewahrsam tödlich kollabierte.

Aber auch der Inhalt der Einstellungsmitteilung ist haarsträubend. So widerspricht sich die Staatsanwaltschaft allein schon in der Darstellung der Geschehnisse vom 05.03.21 selbst. Während sie anfangs entgegen der Zeugenaussagen immer wieder erklärte, Qosay habe Erste Hilfe durch die Rettungssanitäter abgelehnt, behauptet sie nun, eine Untersuchung habe noch vor Ort stattgefunden und alle Parameter seien normal gewesen. Qosay sei laut Staatsanwaltschaft zudem nach der Festnahmesituation eigenständig und in guter Verfassung zum Polizeiauto gelaufen, um dort Platz zu nehmen. Dies widerspricht sehr deutlich den Aussagen des am Tatort anwesenden Freundes. Dieser hatte direkt nach dem Vorfall geschildert, dass Qosay nach dem intensiven Pfeffersprayeinsatz und der langen Zeit, die er unter dem Körpergewicht des Polizisten lag, darüber klagte, keine Luft zu bekommen und nicht mehr in der Lage war, selbst zu laufen und von den Polizisten ins Auto geschleppt werden musste. Auch die Tatsache, dass die mehrfachen, eindringlichen Forderungen Qosays nach Wasser – auch in Reaktion auf den massiven Pfeffersprayeinsatz – weder von den Polizeibeamten noch von den Rettungssanitätern ernst genommen wurden, interessiert die Staatsanwaltschaft nicht. Eine unterlassene Hilfeleistung kann sie nicht erkennen. Warum es jedoch möglich war, Verstärkung zu rufen, aber nicht möglich gewesen sein soll, in dem eng besiedelten Wohngebiet Wasser zu organisieren, bleibt offen.

Eine Tat, ein Toter – aber keine Täter. Mal wieder.

Dabei ist mittlerweile klar: Qosay hatte bereits einen Atemstillstand, als die Rettungskräfte bei der Polizei ankamen. Er musste lange wiederbelebt werden. Qosay starb also im Polizeigewahrsam. Die Staatsanwaltschaft Oldenburg zeigt jedoch keinerlei Interesse, aufzuklären, warum ein mitten im Leben stehender 19-Jähriger in Delmenhorst lebendig auf einer Parkbank sitzen kann und kurze Zeit später nach einem Polizeieinsatz in der Zelle tödlich kollabiert.

Stattdessen präsentiert die Staatsanwaltschaft als quasi ultimative Erklärung für Qosays Tod den Hinweis, dass in seinem Mageninhalt sogenannte „Superabsorber“ aufgefunden worden seien (Superabsorber sind Kunststoffe, die extrem viel Wasser aufsaugen können). Völlig unaufgekärt und unhinterfragt bleibt dabei, wie die Superabsorber in Qosays Magen gekommen sein sollen. Völlig unklar bleibt außerdem, woher der Superabsorber kam und warum Qosay ihn geschluckt haben sollte. Aber die Staatsanwaltschaft gibt sich hier mit ihren eigenen absurden Spekulationen zufrieden und stellt sie als vermeintliche Lösung aller Fragen dar. Doch die Staatsanwaltschaft wäre nicht die Staatsanwaltschaft, wenn sie nicht bei jedem Todesfall infolge staatlicher Gewalt entweder eine individuelle medizinische Todesursache präsentieren würde, wie Herzvorerkrankungen (Achidi John, Laye Alama Condé, William Tonou-Mbobda) oder einen Suizid behaupten würde, wie bei Oury Jalloh, Amed Ahmad, Robble Warsame, Yaya Jabbi.

In der gesamten Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft wird deutlich: Jede Verantwortung seitens der Polizeibeamten wird weg-erklärt. Dabei ist weithin bekannt, dass die Polizei in Delmenhorst ein Gewaltproblem hat, dem sich die Stadt Delmenhorst stellen muss – ob sie will oder nicht. Nach dem Tod von Qosay haben sich zahlreiche Delmenhorster Bürger*innen zu Wort gemeldet, die von ständigen rassistischen Kontrollen, Schikanen, aber auch von Übergriffen und Gewalt durch Polizeibeamte der Delmenhorster Polizei berichteten. Auch nach dem Tod von Qosay gab es weitere Fälle von Polizeigewalt in Delmenhorst. Die Polizisten, die Qosay misshandelt und willkürlich auf die Wache gebracht haben und die in seinen Tod verstrickt sind, sind nach wie vor im Dienst und fahren weiterhin Streife, auch im Wollepark. Als Freunde von Qosay werden wir weiterhin durch ungerechtfertigte Kontrollen schikaniert – auch durch die Beamten, die Qosay festgenommen haben. Insgesamt sind die Präsenz und Provokationen der Polizei an Orten wie dem Wollepark extrem angestiegen.

Aber wir schweigen nicht. Und wir vergessen nicht! Als Bündnis in Erinnerung an Qosay werden wir weiter kämpfen – für Aufklärung und Gerechtigkeit, gegen Polizeigewalt und Rassismus!

Die Anwältin hat mittlerweile Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft eingelegt. Wir, die Familie, Freund*innen und solidarische Personen, rufen drei Monate nach der Ermordung von Qosay jetzt zu einer Demonstration in Delmenhorst auf. Die Demonstration ist angemeldet. Wir freuen uns über eine breite Beteiligung !

5. Juni 2021 | 14 Uhr | Große Wollepark-Wiese | Delmenhorst No justice, no peace !! Stoppt Polizeigewalt !!“ Quelle: https://www.fluechtlingsrat-bremen.de/staatsanwaltschaft-bleibt-sich-treu-ermittlungen-gegen-polizisten-nach-to%cc%88dlichem-polizeieinsatz-im-fall-qosay-aus-delmenhorst-eingestellt/#more-6627

 
 

„#BlackLivesStillMatter Laufdemo“ am 25.05.2021 in Oldenburg

Das Bündnis So.Wi.WIR – Solidarisches Wildeshausen WIR weisen auf den Aufruf: „#BlackLivesStillMatter Laufdemou. a. von UnitedAgainstRacism Oldenburg hin.
 
Den Facebook-Link zu dem Beitrag von dem So.Wi.WIR-Bündnis mit weiteren Informationen: https://www.facebook.com/sowiwir/posts/2919699868317941
 
Quelle: UnitedAgainstRacism Oldenburg
 
Aufruf u. a. von UnitedAgainstRacism Oldenburg zu einer Laufdemo am 25.05.2021: „Am 25. Mai 2020 wurde der Schwarze George Floyd in den USA ermordet. ,,I can’t breathe! Ich kriege keine Luft“, das waren die Worte, die George Floyd zu sagen versuchte, während ein weißer Polizist sein Knie auf Georges Nacken presste und Georges Leben beendete.
 
Weltweit gab es Proteste. Auch in Oldenburg gingen viele Menschen auf die Straße und riefen „ I can’t breathe“ und ,,No Justice – No Peace“. Auch wurden Alltagsrassismus, struktureller Rassismus und Diskriminierung thematisiert.
Rassistische Strukturen nahmen gewaltsam Tamir Rice, Eric Harris, Walter Scott, Jonathan Ferrell, Sandra Bland, Breonna Taylor, Samuel DuBose, Freddie Gray, Oury Jalloh, Qosay Khalaf und vielen mehr das Leben. Unzählige Fälle von rassistischer Polizeigewalt werden nicht dokumentiert. Noch seltener werden die Täter*innen zur Rechenschaft gezogen und sanktioniert. Die vielen Ermordeten und von rassistischer Polizeigewalt Betroffenen sind keine Einzelfälle. Rassistische Polizeigewalt ist ein strukturelles und lebensbedrohliches Problem in einem zutiefst rassistischen System – auch hier in Deutschland!
 
Zugleich werden nationalistische, rechtsextremistische und rassistische Töne immer lauter. Die jüngsten Äußerungen z.B. von Boris Palmer oder Hans-Georg Maaßen machen deutlich, dass Antisemitismus und Rassismus gesellschaftlich tief verwurzelt sind.
 
Bis heute gibt es weder auf politischer noch auf gesellschaftlicher Ebene ernsthafte Bemühungen, diese strukturellen Probleme zu ändern. Auch ein Jahr nach dem Mord an George Floyd leben Migrant*innen, migrantisch gelesene Personen, Juden*Jüdinnen, Rom*nja und Sint*ezza, People of Color und Schwarze in Angst.
 
Daher rufen wir: Alle zusammen gegen Rassismus! United against racism! Wir rufen zur Solidarität mit der antirassistischen Protestbewegung BlackLivesMatter und allen Betroffenen von Rassismus, hier und weltweit, auf! Wir stehen gemeinsam gegen Sexismus, Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus, Faschismus und jegliche Form Diskriminierung ein!
 
Wir fordern für unsere Schwestern, Brüder und Mitmenschen Gerechtigkeit, lückenlose Aufklärung sowie eine kritische Aufarbeitung des Kolonialismus und der NS-Zeit.
 
Seid laut, zeigt Solidarität mit allen Betroffenen!
Erhebt eure Fäuste und
sagt ihre Namen!
 
Aufgrund der Pandemie achten wir besonders auf die Schutzmaßnahmen. Bitte tragt alle eine medizinische Maske, haltet 2m Abstand und bildet keine Gruppen. Um den Abstand zu gewährleisten, zeichnen wir Markierungen auf den Boden mit Kreide. Während der Laufdemo haltet ihr bitte zwei Meter Abstand zu einander nach vorne und zu euren Nebenmenschen.
 
Bitte tragt möglichst dunkle und/oder schwarze Kleidung. Wir bitten Euch zudem nationalstaatliche Flaggen, Partei- und Gewerkschaftsfahnen zu Hause zu lassen und euch als Person solidarisch zu zeigen mit den Betroffenen von rassistischer Polizeigewalt.
 
Wir stehen solidarisch hinter dem Aufruf:
 
UnitedAgainstRacism, FridaysForFuture Oldenburg, WeMigrants, Seebrücke Oldenburg, StudentsForFuture Oldenburg, Solidarity Without Borders, Klimakollektiv Oldenburg
 
Start: 18 Uhr Schlossplatz
Zwischenkundgebung: Keine
Ende: etwa 19-19.30 Uhr Schlossplatz
Route: Schlossplatz, Rondell, Bahnhof, Pferdemarkt, Polyester, Lappan, Julius-Mosen-Platz, Schlossplatz“ Quelle: https://www.facebook.com/events/514491492922146/

lkolpatriotinnen-Beitrag vom 15.04.2021: „15.03.2020: Patriotische Aufkleber und Schmiererei“

„Am 15.03.2020 wurde der Aufkleber «DEUTSCHLAND IST BUNT GENUG!» von «Ein Prozent für unser Land» in der Breslauer Straße in Wildeshausen entdeckt.“ Quelle: lkolpatriotinnen

„Der Aufkleber «DEUTSCHLAND IST BUNT GENUG!» von «Ein Prozent für unser Land» (nah).“ Quelle: lkolpatriotinnen

„Am 15.03.2020 wurde der Aufkleber «Bionade-Bourgeoisie entlarven!» mit dem Logo der «Identitäre Bewegung» in der Breslauer Straße in Wildeshausen entdeckt.“ Quelle: lkolpatriotinnen

„Der Aufkleber «Bionade-Bourgeoisie entlarven!» mit dem Logo der «Identitäre Bewegung» (nah).“ Quelle: lkolpatriotinnen

„Am 15.03.2020 wurde der Aufkleber «defend europe» mit dem Logo der «Identitäre Bewegung» in der Breslauer Straße in Wildeshausen entdeckt.“ Quelle: lkolpatriotinnen

„Der Aufkleber «defend europe» mit dem Logo der «Identitäre Bewegung» (nah). Auf dem Aufkleber steht: „Phalanx Europa […]C-Star Defend Europe Stop human trafficking“ (nah).“ Quelle: lkolpatriotinnen

lkolpatriotinnen-Beitrag vom 15.04.2021: Am 18.07.2018 schreibt «belltower.news» in einem in einem Beitrag «Wie „identitäre“ PR Einfluss genommen hat»: „Die Operation »Defend Europe« läuft im Juli 2017 an. Der Plan der »Identitären« aus mehreren europäischen Ländern lautet, mit einem eigens gecharterten Schiff an Libyens Küste die Grenzen nach Europa symbolisch abzuschotten. Flüchtlingsboote, von der nordafrikanischen Küste kommend, sollen bei dem Versuch, nach Italien zu gelangen, aufgehalten werden. »Defend Europe« lautet der Name dieser unsozialen Mission, der vor allem eines gelingt: Unruhe zu stiften. Die etwa ein Dutzend auf dem Mittelmeer eingesetzten zivilgesellschaftlichen Rettungsorganisationen (NGOs), die Schiffbrüchige einsammeln, werden von den »Identitären« als »Schlepper« denunziert, ihnen wird von rechts der humanitäre Anspruch abgegolten. Mit blanken Unterstellungen soll gegen wohltätige NGOs auf dem Mittelmeer eine Debatte losgetreten werden, die zu Diffamierung humanitärer Arbeit für Flüchtlinge führt.

[…]Die Organisation setzt gezielt auf Symbolpolitik. Neben der regulären Crew des gecharterten Schiffes »C-Star« sollen einige »Identitäre« und ein Berichterstatter von »Ein Prozent für das Land« in Sizilien an Bord gehen und in Richtung libysche Gewässer fahren.

[…]Vorab warben bereits Anhänger in der Bundesrepublik unter dem zynisch klingenden Motto »Grenzen schützen – Leben retten« mit regionalen Aktionen um Spenden. In der Hansestadt Bremen zum Beispiel wurde das berühmte »Becks«-Schiff, der Dreimaster Alexander von Humboldt, heimlich besetzt, Transparente entrollt, fotografiert und ins Netz gestellt.

[…]Dieser Text ist ein Auszug aus dem „Jahrbuch rechte Gewalt 2018“ von Andrea Röpke, aus dem Kapitel „Die ‚Neue Rechte‘, die ‚Identitäre Bewegung‘ und das Motto ‚Gewalt herrscht“ (S. 39-67). Mit freundlicher Genehmigung von Autorin und Verlag.“. Quelle: lkolpatriotinnen

„Am 15.03.2020 wurden die Aufkleber «Freiheit für alle politischen Gefangenen!» von «Politische-Gefangene.de» und «MIT UNS FÜR DIE MEINUNGSFREIHEIT!» von «Die Rechte» beim Gildeplatz in Wildeshausen entdeckt.“ Quelle: lkolpatriotinnen

„Die Aufkleber «Freiheit für alle politischen Gefangenen!» von «Politische-Gefangene.de» und «MIT UNS FÜR DIE MEINUNGSFREIHEIT!» von «Die Rechte» (nah).“ Quelle: lkolpatriotinnen

„Am 15.03.2020 wurde die Schmiererei «Türken RAUS» in der Sankt-Peter-Straße in Wildeshausen entdeckt.“ Quelle: lkolpatriotinnen

Der Link zu dem Beitrag von lkolpatriotinnen mit weiteren Informationen: https://lkolpatriotinnen.wordpress.com/2021/04/15/15-03-2020-patriotische-aufkleber-und-schmiererei/

Stellungsnahme/Recherche des Bündnisses So.Wi.WIR vom 08.05.2021 zum Tag der Befreiung

Das Bündnis So.Wi.WIR – Solidarisches Wildeshausen WIR und ihre AG MiCou – Mit Courage gegen Rechts haben haben eine Stellungsnahme/Recherche zum Tag der Befreiung veröffentlicht.

Quelle: So.Wi.WIR

Stellungsnahme/Recherche von dem So.Wi.WIR-Bündnis und ihrer AG MiCou vom 08.05.2021: „Von Befreiten und Unbelehrbaren: der 8. Mai in Wildeshausen

Am 8. Mai 1945 besiegelte die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht das endgültige Ende der Nazi-Terrorherrschaft. Ein Phänomen, das einhellig von den Zeitzeugen berichtet wird, war die plötzliche Stille, die nach dieser Kapitulation eintrat.
Doch diese Stille war eine Friedhofsruhe!
55 Millionen Menschen waren in Europa in diesem noch nicht einmal 6 Jahre dauernden Krieg umgekommen, davon ca. 27 Millionen allein in der Sowjetunion. Aber auch in dem kleinen Polen starben 6 Millionen Menschen, davon 5,7 Millionen polnische Zivilist:innen, die einem Krieg zum Opfer fielen, der nicht nur ein Eroberungskrieg war, sondern auch ein rassistischer Vernichtungskrieg gegen die „jüdischen, slawischen und bolschewistischen Untermenschen“. (so der Nazi-Jargon).
Natürlich ist es höchst spekulativ, sich vorzustellen, was passiert wäre, wenn es der deutschen Wehrmacht sowie der Naziadministration gelungen wäre, die europäischen Nachbarländer noch länger ihrer Terrorherrschaft zu unterwerfen. Aber ein Hinweis sei in diesem Zusammenhang erlaubt: von jungen deutschen Bevölkerungswissenschaftlern wurde errechnet, dass allein in Weißrussland 30 Mio. Bewohner:innen ermordet werden müssten, um mit dort anzusiedelnden deutschen Bauern eine Großraum-landwirtschaft zu etablieren!
Vor diesem Hintergrund den 8.Mai 1945 als Niederlage zu charakterisieren, wie es der Oberstudienrat für Geschichte, Björn Höcke, mit seiner Forderung nach einer 180 Grad-Wende in der Erinnerungspolitik getan hat, ist nichts als pure politische Perversion! Und auch die Einordnung der verbrecherischen Nazidiktatur als „Vogelschiss“ durch Alexander Gauland (AfD) entlarvt die Mentalität dieses angeblich so „normalen“ deutschen Parteiführers.
 
Endlich frei!
 
Überall in den von den deutschen Truppen geräumten europäischen Nachbar:innenstaaten war, z.T. schon ab Ende 1944, die Freude und die Erleichterung groß, endlich vom Joch der Unterdrückung, Ausplünderung und tödlichen Gefahr erlöst zu sein. In diesen Ländern erlebte und genoss man – bei aller Trauer um die Toten- ein tiefgründiges Gefühl der Befreiung. Insbesondere auch in Griechenland und in Jugoslawien, wo bis zu 200.000 Personen starke Partisan:innenarmeen die deutschen Soldat:innen aus dem Land gejagt hatten.
Aber auch in Deutschland gab es Personengruppen, die die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht und das Ende der Naziherrschaft als lange ersehnte Befreiung erlebten. Der Journalist Klaus Hillenbrand hat in der taz vom 6. Mai 2020 diese Personengruppe so umrissen: „Befreit worden waren die Gegner der Nazis, soweit sie noch am Leben waren, Sozialdemokraten und Kommunisten, manche Konservative und Christen, die wenigen oppositionellen Schriftsteller, die im Land geblieben waren. Und natürlich die Juden, soweit sie den Frühling 1945 erleben durften, Sinti und Roma, verfolgte Homosexuelle, andere unrechtmäßig Gefangene und die aus halb Europa verschleppten Zwangsarbeiter sowie Hunderttausende Kriegsgefangene.“. (https://taz.de/Kriegsende-vor-75-Jahren/15680052/ )
Es sollte 40 Jahre dauern, bis das Wort „Befreiung“, dass allenfalls als kommunistischer Kampfbegriff stigmatisiert worden war, bis in die höchsten Ränge der bundesrepublikanischen Republik Einzug hielt. Diesen Tabubruch beging, und dafür wurde er von der sog. Stahlhelmfraktion der CDU gehasst, am 8. Mai 1985 der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker, der laut Redemanuskript betonte: „Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.“.
 
Gefühl der Niederlage
 
Dem ersten Satz v. Weizsäckers kann man vorbehaltlos zustimmen. Der zweite Satz („uns alle“) trifft allerdings in seiner Pauschalität nicht zu. Hierzu noch einmal Klaus Hillenbrand, der schreibt: „Ein größerer Teil der Deutschen empfand diese Befreiung 1945 keineswegs als eine solche, sondern war über die Niederlage des Regimes zutiefst unglücklich. Gewiss waren viele Menschen froh darüber, dass die Bombardierungen nun ein Ende hatten. Selbstverständlich begrüßten Soldaten (und ihre Mütter), dass sie der permanenten Lebensgefahr entronnen waren. Aber nicht nur Nazi-Bonzen flüchteten in diesem Frühlingsmonat aus Verzweiflung über das Ende des NS-Reiches in den Suizid, auch brave ‚Volksgenossen‘ folgten ihnen“.
Insbesondere in den ländlichen Regionen und vielen Kleinstädten, in denen vielfach eher nur geringe Kriegsschäden zu verzeichnen waren und das Alltagsleben nicht massiv eingeschränkt und desorganisiert war, gab es eher wenig Impulse, sich mit der Naziideologie und ihrer Schreckensherr-schaft kritisch und ablehnend auseinanderzusetzen. Berichte aus der britischen Besatzungszone belegen, dass die englischen Soldat:innen oftmals nicht als Autoritäten wahrgenommen wurden, sondern als lästige Besatzer:innen und verweichlichte Demokrat:innen.
Die Unfähigkeit zu einem tiefgreifenden Bewusstseinswandel wurde aber auch dadurch unterstützt, dass die Versorgungslage in Deutschland bis in das Jahr 1943 noch vergleichsweise gut war. Die Naziführung hatte aus den politischen Konsequenzen der Hungerkrisen des 1. Weltkrieges und der sich auch daraus ergebenden Novemberrevolution 1918 gelernt und durch systematische Ausplünderung der Ressourcen der eroberten Nachbar:innenstaaten einen vergleichsweise hohen Lebensstandard sichern können. Das garantierte ihnen Loyalität, ebenso wie die anfänglichen ‚Blitzkriege‘ der Wehrmacht bis zur Wende in Stalingrad im Januar 1943.
 
Verdrängung und Selbstentlastung nach Kriegsende
 
Dass viele Deutsche das Kriegsende als Niederlage interpretierten, hatte Auswirkungen auf die Nachkriegszeit. Man stilisierte sich selbst zum Opfer, entweder des alliierten Bombenkriegs oder einer angeblich kleinen verbrecherischen Clique hochrangiger Nazis, die einen gewissenlos verführt hatte. Also vom begeisterten Anhänger:innen des Führers zum ruchlos Verführten! Hinzu kam nach 1945 ein erstaunlicher kollektiver Gedächtnisverlust und das massenhafte Phänomen der Verdrängung. Außerdem konnte man ja scheinbar ideologisch nicht völlig falsch gelegen haben, denn wie die Nazis war man ja gegen den Bolschewismus einge-stellt gewesen, und diese Einstellung bestimmte auch die westliche und später bundesrepublikanische Politik ganz zentral.
Wenn gelegentlich der Begriff „Zusammenbruch“ im Zusammenhang mit dem 8. Mai benutzt wird, können damit 1) die erheblichen materiellen Schäden v.a. in den großen Städten und der damit zusammenhängende Zusammenbruch der Infrastruktur gemeint sein, 2) aber auch der Zusammenbruch des eigenen bisherigen Weltbildes, und schließlich 3) der Zusammenbruch des gesamten NS-Verwaltungssystems.
Nach dem Einmarsch der alliierten Truppen wurden nämlich die ehemaligen Funktionsträger:innen abgesetzt, vielfach auch festgesetzt, und überall neue Bürgermeister:innen und andere (zumeist) unbelastete Verwaltungsfachleute eingesetzt. So auch in Wildeshausen. Nach dem Einmarsch der britischen Truppen am 10./11. 04.1945 wurde am 28.04.1945 Theodor Cohn als Stadtsekretär und schließlich am geschichtsträchtigen 9. November 1945 zum Bürgermeister ernannt. Ab 13.12.1945 hatte er dann das Amt des Stadtdirektors inne. Der Wildeshauser Bürger Theodor Cohn war bis 1933 als Lehrer tätig. Nach dem 7. April 1933 wurde er aber aufgrund des Gesetzes „zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ als sogenannter „Halbjude“ aus dem Schuldienst entlassen. Gegen Kriegsende wurden sogenannte „Halbjuden“ und „jüdisch versippte“ Männer zum geschlossenen Arbeitseinsatz in Zwangsarbeiterlager eingewiesen. Davon war auch Theodor Cohn betroffen, der mehrere Monate im „Mischlingslager“ Lenne bei Holzminden verbringen musste. Nach seiner Befreiung und der Rückkehr nach Wildeshausen war Cohn in der Folgezeit zunehmend Anfeindungen der keineswegs mehrheitlich ideologisch und alltagskulturell gewendeten. Wildeshauser Bevölkerung ausgesetzt. „Am 30 September 1950 schied er unter demütigenden Umständen aus dem Amt. Er starb am 19. Juli 1954 im Alter von 51 Jahren.“ (Werner Meiners)
 
Personelle Kontinuitäten und Renazifizierung
 
Der politische Klimawandel in den späten 40er und frühen 50er Jahren, der beispielhaft in Wildeshausen zu beobachten war, ist charakterisch für die beginnende politische Wende in allen westlichen Besatzungszonen. Der kalte Krieg entwickelte sich und man machte seinen Frieden mit den Tätern. Insofern ist auch die Charakterisierung des 8. Mai als „Stunde Null“ unzutreffend, da sie suggeriert, dass es nach Kriegsende einen völligen Neustart gegeben hätte. Doch am Start war dasselbe Personal wie vor dem Kriegsende und ideologisch war in vielen Köpfen die Naziideologie immer noch nicht überwunden. Stattdessen hatte in den Jahren 1947/48 die sog. Entnazifizierung ihren anfänglichen Schwung längst verloren, Forderungen nach einem Schlussstrich wurden immer lauter und belastete Nazis, die sich zunächst verborgen und zurückgehalten hatten, kamen wieder an die Oberfläche. Als Resultat, insbesondere befördert durch das sog. 131er-Gesetz im Jahre 1951, können wir festhalten, dass kein einziger Richter, der vor 1945 Unrecht gesprochen hatte, entlassen wurde, fast alle Lehrer:innen, die im Nationalsozialistischen Lehrerbund organisiert waren, wieder in den Schulen unterrichteten, in den Führungsgremien der wiederauflebenden Konzerne Kriegsgewinner:innen und Kriegsverbrecher:innen saßen. Und in der Politik mischten in erheblicher Zahl ehemalige NSDAP-Mitglieder bzw. maßgebliche Unterstützer:innen der NS-Politik mit. So z.B. auch Hans Globke, der ab 1949 als Kanzleramtsminister in der Regierung Adenauer an zentralen Hebeln der politischen Macht saß. Eben jener Globke, der 1935 als Experte im Reichinnenministerium die juristische Kommentierung der „Nürnberger Rassegesetze“ vorgenommen hatte, die den Wildeshauser Theodor Cohn zum „Halbjuden“ erklärten und sein weiteres Schicksal maßgeblich prägten.
 
Naziführer Hermann Petermann
 
Im krassen Gegensatz zur Biografie Theodor Kohns verlief die politische Karriere von Hermann Petermann. Der Fabrikant Petermann, seit 1931 Ortsgruppenleiter der NSDAP, war vom 27. Juni 1933 bis zum Kriegsende 1945 Bürgermeister in Wildeshausen. Die NSDAP konnte sich schon vor 1933 auf eine breite Zustimmung in Wildeshausen und Umgebung stützen. Bereits 1928, als die Partei Hitlers bei den Reichstagswahlen reichsweit lediglich 2,6% erreichte, waren es in Wildeshausen schon 17,5%. Und bei den Juliwahlen steigerte sie das Stimmergebnis auf 51,6%, außerdem erzielte die republikfeindliche und militaristische Deutsch-Nationale Volksparte (DNVP) 15,4%. Zusammen stimmten also Zweidrittel der Wildeshauser Bevölkerung schon vor 1933 gegen die demokratische Struktur der Weimarer Republik!
In der Amtszeit Petermanns wurde unmittelbar nach der Machtübergabe an Adolf Hitler am 30. Januar 1933 mit der Diskriminierung, Ausgrenzung und schließlich fast vollständigen Ermordung der kleinen jüdischen Gemeinde in Wildeshausen begonnen. Die 21 in Wildeshausen lebenden jüdischen Einwohner:innen gehörten den Familien Goldstein, de Haas, Heinemann und de Vries an. Als eine der ersten Repressionsmaßnahmen erlebten sie den Boykott der jüdischen Geschäfte am 1. April 1933. Ab 1935 verschärfte sich der Druck auf diejenigen „Volksgenossen“, die trotz massiver Propaganda immer noch nicht bereit waren, ihre geschäftlichen und privaten Kontakte zu der jüdischen Bevölkerung einzustellen. Im August 1935 wandte sich der Landesbauernführer in diesem Zusammenhang mit folgenden Worten an die „uneinsichtige“ Landbevölkerung: „Es (ist) an der Zeit, die Juden systematisch und vollständig aus dem Viehhandel auszuschalten. Ich erwarte von meinen Oldenburger Bauern, dass sie sich bei dem Einkauf ihrer Tiere nicht mehr jüdischer Viehhändler bedienen, sondern dass sie sich hierfür der arischen Viehhändler…bedienen.“. (Z.n. Werner Meiners: Menschen im Landkreis Oldenburg 1918-1945. S. 135)
 
Hasspropaganda in aller Öffentlichkeit
 
Ebenfalls ab Mitte 1935 standen an den Ortseingängen nach Wildeshausen große Schilder, auf denen mit drohendem Unterton verkündet wurde, dass Jüdinnen:Juden im Ort unerwünscht seien. Und die WILDESHAUSER ZEITUNG meldete etwa zur selben Zeit: „Immer mehr Geschäfte gehen dazu über, in ihren Räumen ein Schild anzubringen mit der Aufschrift ‚Deutsches Geschäft. Juden unerwünscht‘.“ Eine maßgebliche Rolle bei der Indoktrination der Bevölkerung zum Judenhasse spielten auch die sog. „Stürmerkästen“, also im Ort aufgestellte Propagandatafeln, auf denen das antisemitische Hetzblatt „Der Stürmer“ (Motto: „ Die Juden sind unser Unglück“) sowie andere ähnlich geartete Schriften öffentlich präsentiert wurden. Und das zeigte Wirkung! „Nicht viel hätte gefehlt, und es wäre auch in Wildeshausen zu Ausschreitungen gegen jüdische Einwohner:innen gekommen. Durch einen Anschlag im Stürmerkasten brandmarkte die NSDAP-Ortsgruppe die ‚Rassenschänder‘ Moritz und Carl de Haas und denunzierte Wildeshauser Bürger als ‚Judengenossen‘. Ein entsprechender Bericht erschien im Januar 1937 im STÜRMER. Noch im selben Jahr gerieten die jüdischen Geschwister Jonny und Frieda de Vries in Wildeshausen wegen mehrfacher ‚Rassenschande‘ in die Fänge der NS-Justiz. Jonny de Vries wurde zu 11/2 Jahren Zuchthaus verurteilt, nach der Entlassung aus dem Strafgefängnis Vechta in das Konzentrationslager Sachsenhausen ‚überführt‘ und soll Anfang 1945 im Vernichtungslager Auschwitz umgekommen sein. Seine Schwester Frieda starb nach mehrjähriger KZ-Haft am 22. Februar 1942 im Frauenkonzentrationslager Ravensbrück“. (W. Meiners, S.140)
In aller Öffentlichkeit vollzog sich im Rahmen der „Reichskristallnacht“ auch die Zerstörung der kleinen Synagoge in Wildeshausen am 10.11.1938, wobei die örtliche Feuerwehr, die bereits 1933 schon „arisiert“ worden war, tätige Mithilfe leistete. In den folgenden Tagen wurde die Mehrzahl der jüdischen Männer in das KZ Sachsenhausen deportiert, lediglich die ältesten Männer blieben von diesem Martyrium verschont. Erst nach qualvollen Wochen kehrten die jüdischen Männer Ende 1938/Anfang 1939 zurück. Überlebt hatten sie alle, doch Arthur Goldstein aus Wildeshausen hatte sich erhebliche gesundheitliche Schäden zugezogen.
Die Entlassung aus dem KZ war an die Auflage gekoppelt, zusammen mit den Familienangehörigen schnellstens Deutschland zu verlassen. Voreilig meldete die WILDESHAUSER ZEITUNG deshalb am 28. April 1939: „Wildeshausen wird frei von Juden.“ Doch tatsächlich gelang es nur einem Teil der jüdischen Einwohner:innen, ihre Heimatstadt zu verlassen.
 
Die zweite politische Karriere des Hermann Petermann
 
Skandalös, aber auch symptomatisch für die Tendenz der Verdrängung und der Selbstentlastung auch noch Jahrzehnte nach Kriegsende ist die Tatsache, dass der ehemalige NSDAP-Ortsgruppenleiter und Bürgermeister Hermann Petermann eine zweite politische Karriere beginnen konnte. Mit der ausschlaggebenden Stimme der NPD im Stadtrat wurde er von 1966-1968 wiederum zum Bürgermeister gewählt, von 1968-1971 war er stellvertretender Bürgermeister. Außerdem bekleidete er, als FDP-Mitglied, von 1964-1972 sogar das Amt des Landrates bzw. stellvertretenden Landrates. Quasi als „Sahnehäubchen“ kam dann noch hinzu, dass 1982 durch Ratsbeschluss eine Straße in Wildeshausen nach ihm benannt wurde!
Diese politische Geschmacklosigkeit, insbesondere angesichts der größtenteils ermordeten jüdischen Bevölkerung aus Wildeshausen, wurde erst 2012 aufgrund des beharrlichen Engagements der Politikerin Kreszentia Flauger (DIE LINKE) durch eine Straßenumbe-nennung rückgängig gemacht.
 
Jeder Tag ein Tag der Befreiung!
 
Von Stunde Null , also einem totalen Neuanfang nach Kriegsende, keine Spur! Eher schon Amnesie und Rollback! Wir müssen uns also entscheiden, welchen Begriff wir für den 8. Mai 1945 wählen wollen, und da scheint es klar zu sein, dass wir diesen Tag einzig und allein aus der Sicht der Widerstandskämpfer:innen, der rassisch und politisch Verfolgten und der gegen ihren Willen in Nazideutschland ausgebeuteten Zwangsarbeiter:innen betrachten können.
Das bedeutet in der Konsequenz auch, die Forderung der Auschwitzüberlebenden und VVN/BdA- Ehrenvorsitzenden Esther Bejarano zu unterstützen, den 8. Mai endlich als bundesweiten Feiertag zu etablieren. Allerdings muss jeder Tag ein Tag der Befreiung sein, einer Befreiung von faschistischer Propaganda und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, wie wir sie aktuell in zunehmenden Maße zur Kenntnis nehmen müssen.
So z.B. durch Reichskriegsflaggen im Straßenbild, extrem rechte Propaganda aus den Reihen des Wildeshauser Bauhofs, Aufkleber der vom Verfassungsschutz beobachteten extrem rechten „Identitären Bewegung“ und anderer rechter Organisationen sowie überdurchschnittlich hohe Wahlergebnisse der verfassungsfeindlichen AfD bei Bundestags- und Landtagswahlen in der Stadt Wildeshausen.
 
„Es ist passiert, also kann es wieder passieren“, warnte der Auschwitz-Überlebende Primo Levi. Das gilt es unbedingt zu verhindern!“ Quelle: https://www.facebook.com/sowiwir/posts/2920985904856004