Tag Archives: extreme Rechte

16voll-Beitrag vom 31.01.2022: „Antifaschistischer Monatsbericht Januar 2022 (2): Landkreis Oldenburg“

16voll-Beitrag vom 31.01.2022: Rechte Aktivitäten der Freien Niedersachsen in Wardenburg

Die Versammlungen in Wardenburg fanden sonntags am 02., 09. und 16.01 statt, an den ersten beiden Tagen berichtete das Bündnis für solidarische Intervention (BfsI) auf Twitter. Außerdem bestätigte ein Sprecher der Gemeindeverwaltung Wardenburg in einem NWZ-Artikel vom 05.01 unsere Beobachtung, dass ein Großteil der Teilnehmenden bei den Versammlungen im Dezember aus der näheren Region angereist sind.

Am 02.01 befand sich Martin Henning vom Kreisverband der Partei dieBasis unter den etwa 90 Teilnehmenden. Laut BfsI waren außerdem AfD-MdL Harm Rykena sowie Anke Wolff, Jeannette Harmjanz und Alexander Goretzki von dieBasis anwesend. Bemerkenswert war außerdem eine Person in einem Pullover des extreme Rechten Kampfsportevents „Kampf der Nibelungen“ (KdN).

Auch aus dem Landkreis Wittmund reisten zwei Vertreter*innen der Partei dieBasis an. Kennzeichen: WTM-B-322.

Anke Wolff, die bereits bei Querdenken441 mitmischte, ist seit dem Frühjahr 2021 weniger in der Öffentlichkeit präsent. Sie wohnt in Ahlhorn und ist bundesweit in der Szene vernetzt, u.a wird sie als „Gewerkschaftsführerin“ der Schein-Gewerkschaft „Demokratische Gewerkschaft“ aufgeführt, welche bis auf einen Internet-Auftritt und einigen dort veröffentlichten Berichten keine real existierenden Strukturen zu haben scheint.

Impressum der Scheingewerkschaft „Demokratische Gewerkschaft“. Inhaltlich verantwortlich ist der Verein „Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand“ (KDW) von Anselm Lenz. Bildquelle: Screenshot von der Seite www.demokratischegewerkschaft.de

Am 09.01 kamen bei schlechtem Wetter etwa 60 Personen. Diesmal war die Polizei mit einem großen Aufgebot vor Ort, kesselte die Demonstration zu Beginn und verhängte Auflagen. Im weiteren Verlauf kam es zu einem unübersichtlichen Katz- und Maus-Spiel, das für viele der Demonstrant*innen in einer Maßnahme endete. Gegen Personen wurden Ordnungswidrigkeitenverfahren aufgrund von Verstößen gegen die Maskenpflicht eingeleitet. Auch hier war Harmjanz anwesend.

Bild der Partei dieBasis vom 18.07.2021. Zu sehen: Alexander Goretzki (1), Anke Wolff (2) und Jeannette Harmjanz (3). Bildquelle: www.diebasis-oldenburg.de

Am 16.01 bot sich ein ähnliches, jedoch etwas weniger chaotisches Bild. Die Anzahl der Teilnehmenden stagnierte in etwa, darunter der einschlägig bekannte Paul de Vries, der sich am Rande der Veranstaltung aufhielt. De Vries, der bereits in Wildeshausen und Hude an Übergriffen beteiligt gewesen war, fungierte in der selben Woche am 10.01 bei einer Versammlung von Freie Niedersachsen in Rastede als Anmelder einer Spontanversammlung. Auch Martin Henning war wieder mit von der Partie. Auch dieser hat eine Vorgeschichte, da er am 14.08.2021 in Oldenburg mit einem Übergriff auf einen freien Journalisten im Rahmen einer Versammlung von Querdenken441 aufgefallen war, bei der er auch Reichsbürgerglaubenssätze verbreitete.

Etwa 8 Personen änderten die klassische Taktik des „Spazierengehens“ und stellten sich mit Kerzen, Musik und Tröten in einer Reihe auf Höhe des Bioladens an die vielbefahrene Oldenburger Straße.

Martin Henning, neben Anne Müller, kurz nach dem Angriff auf einen freien Journalisten. Beide waren an der Gründung des dieBasis-Kreisverbands „Hunte-Weser-Ammerland“ beteiligt. Bildquelle: Pixel Matsch

In der Folge wurde entschieden, die Versammlungen künftig auf montags zu verschieben. Wie zu erwarten, sank die Teilnehmendenzahl am Montag, den 24.01 auf etwa 20 Personen, da ein Großteil der Teilnehmenden der vergangenen Versammlungen aus dem näheren Umland kamen und deshalb vermutlich an den Versammlungen in Oldenburg und in den Landkreisen Ammerland und Oldenburg teilnahmen. Entsprechend wurde sich an der Aktion des vorangegangenen sonntags orientiert und eine stationäre Versammlung mit Kerzen an der Oldenburger Straße/Ecke Friedrichsstraße abgehalten. Der Form nach erinnern die Proteste an die rechten Protestaktionen entlang der Bundesstraßen 96 und 6 bei Görlitz. Dass diese das Vorbild sein könnten liegt auch deshalb im Bereich des Möglichen, da die Neonationalsozialistin Nicole Dobiasch bei der Aktion gesehen worden ist. Weitere Informationen zu Nicole Dobiasch: www.antifaelf.blogsport.de/2021/02/19/dassindwiroldenburg-eine-vernetzung-von-ganz-rechts

Nicole Dobiasch mit Mikro am 09.05.2020 auf der „Menschenwürde Demo“ in Oldenburg.

Am 31.01 sanken die Teilnehemendenzahlen weiter auf maximal ein Dutzend, wobei man sich fortan ganz auf das Stehen an der Oldenurger Straße konzentrierte. Zuvor veröffentlichte der Rat der Gemeinde Wardenburg mit Unterstützung vieler Vereine die sogenannte „Wardenburger Erklärung“, in welcher die „Corona-Spaziergänge“ wegen der Organisation durch „demokratie- oder verfassungsfeindliche Organisationen“ kritisiert werden.

Links: Ankündigung in der Facebook-Gruppe „Wardenburg, meine Gemeinde“ von Romano Winter für den 24.01 im bekanntem Wardenburger-Layout. Bildquelle: Screenshot Facebook
Rechts: Ankündigung der Versammlung für den 31.01 in der Telegram-Gruppe „Freie Niedersachsen“. Bildquelle: Screenshot von dem Telegram-Kanal „Freie Niedersachsen“

Rechte Sticker- und Propaganda im Landkreis

Auch im Januar haben wir wieder diverse rechte Sticker im Landkreis dokumentieren können. In Ahlhorn (Gemeinde Großenkneten) organisierte die Gruppe „Mit-Denken Ahlhorn“ gegen die Vielzahl an Stickern, u.a. von der Identitären Bewegung (IB) und aus dem Online-Shop des Hallenser Neonazis Sven Liebich, „politaufkleber“, eine Reinigungsaktion. Sticker aus Liebichs Online-Shop wurden in den letzten Monaten auch in anderen Gemeinden im Landkreis gefunden, vor allem in Wardenburg. Stephan Heide schrieb für „der rechte rand“ in Ausgabe 189 im März 2021 zu Liebich:

Seit den 1990er Jahren gehörte der heute 50-Jährige zu den führenden Neonazis in Sachsen-Anhalt. Neben seinem früheren Job als Angestellter des Finanzamts war er Straßenaktivist, Versandhändler, Ladenbetreiber und galt als treibende Kraft hinter der »Blood-&-Honour«-Sektion Sachsen-Anhalt.

[…] Nachdem er 2020 die Verantwortung für den »Shirtzshop« an seine Schwester abgegeben hat, betreibt er ein weiteres Unternehmen, das Shirts und Utensilien für den politischen Aktivismus bedruckt und über seine Plattform vertreibt. Dieses Sortiment zeichnet sich durch die unverhohlene Zurschaustellung seines Vulgär-Rassismus aus, durch unangemessene NS-Vergleiche und die Verhöhnung der Opfer.

Rechte Sticker, u.a. von der IB, traten geballt in der Nähe der Wohnorte von Harm Rykena (Visbeker Straße 17) und Dierk Horstmann (Wildeshauser Straße 56) in Ahlhorn auf. Bei Horstmanns Privatadresse fand am 01.09.2019 im übrigen das Sommerfest des AfD Kreisverbands Oldenburg Land statt. Eingeladen hatte der ehemalige Ortsvorsitzende Daniel Kuper.

Bereits im August 2018 waren die Aufkleber der IB so massiv im Ortsbild von Ahlhorn präsent, dass sich sogar die Gemeindeverwaltung in Form der Integrationsbeauftragten einschaltete und der Bauhof Dutzende Sticker entfernte. Dies berichtete damals die „Kreiszeitung“.

Einer der in Ahlhorn 10.08.2018 gefundenen am Aufkleber. Bildquelle: Gemeinde Großenkneten

Dass die Sticker von Dierk Horstmann direkt stammen, erscheint möglich. Wie wir im Monatsbericht November 2021 dokumentiert haben, teilte er Inhalte der IB auf Facebook.

Links: IB-Sticker „Ja Europa, nein Union“ vom 05.01 Ecke Wildeshauser Straße/Schulweg.
Rechts: Rundaufkleber „Unser Land – Unsere Werte“ mit dem IB-Logo entdeckt am 23.01 an der Kreuzung Wildeshauser Straße/Visbeker Staße.

Auffällig oft wurden außerdem Motive „Gesundheitsempfehlung deiner Regierung“ verklebt, die mutmaßlich in Kooperation von AfD MdL Harm Rykena und Querdenken-Strukturen rund um Luise de Bruin und die „Freiheitsboten Oldenburg“ entstanden sind. Das gehäufte Auftreten an Rykenas Wohnort dürfte den Verdacht erhärten, den wir im Monatsbericht Dezember 2021 folgendermaßen artikulierten:

Über den Druck im großen Stil eines sehr ähnlichen Motivs [wie dem als Sticker gefundenen] wurde in der Gruppe ‚Freiheitsboten Oldenburg‘ zwischen dem AfD MdL Harm Rykena und der Querdenken441-Mitorganisatorin Luise de Bruin diskutiert. Rykena bot an, dass sich der Druck ‚regeln lasse‘, wenn es eine bessere Druckvorlage gäbe. Dass die Sticker durch diese Strukturen verbreitet werden, liegt Nahe.

Mehrere verklebte „Gesundheitsempfehlung deiner Regierung“-Aufkleber an der Bushaltestelle „Brandes“, Wildeshauser Straße am 05.01. Im Hintergrund links schlecht zu erkennen der Aufkleber „Stopp Tierversuche – nehmt Poltiker der Altparteien!“ aus dem Online-Shop „politaufkleber“.

Zudem wurden, in durchschaubarer Absicht, in der Nähe der drei Ahlhorner Schulen, einem Kindergarten und einem Test-Zentrum Aufkleber mit den Aufschriften „UNMASK OUR KIDS“, „UNMASK OUR KIDS #WETHEPARENTS“ und „UNMASK OUR CHILDREN #LETSKIDSBEKIDS“ angebracht. Desweiteren wurde dort das Schild des Test-Zentrums beschädigt. Die Organisator*innen „Mit-Denken Ahlhorn“ schrieben dazu in einer Pressemitteilung:

Was aber nicht geht sind dubiose Sticker in der Nähe zu Kindergärten und Schulen. Hier werden bewusst Eltern und vor allem auch Kinder verunsichert“, erläutert Michael Schäfer. Neben Stickern und Schmierereien wurde auch Müll gesammelt. „In den Wohngebieten findet sich doch so einiges, was achtlos in den Straßengraben weggeworfen wird.

Aufkleber mit den Aufschriften „UNMASK OUR KIDS“, „UNMASK OUR KIDS #WETHEPARENTS“ und „UNMASK OUR CHILDREN #LETSKIDSBEKIDS“ alle gefunden am 06.01 in Ahlhorn.

Bei der einer Schmierereien handelt sich es um ein mit weißer Sprühfarbe gemaltes Hakenkreuz, welches an einem Laternenpfahl in der Sandhörn-Straße, ganz in der Nähe von dem Haus von Siemone H., gefunden und entfernt wurde. Die Nordwest-Zeitung berichtete im Nachhinein über die Aktion.

Ähnliche Motive, vor allem die Karl-Lauterbach-Booster-Aufkleber (bundesweit verbreitet, vor allem auch in Oldenburg) sowie die Sticker aus den Kreisen der „Freiheitsboten Oldenburg“ fanden sich auch in Wildeshausen. Die Sticker sind auch bestellbar in dem Online-Shop „Phalanx Europa“ von der IB.

Aufkleber „Booster Abo“ in Ahlhorn; Ecke Wildeshauser Straße/Waldstraße . Am 29.12 klebte auf dem selben Mülleimer ein „Gesundheitsempfehlung deiner Regierung“-Aufkleber.

Auch im nahegelegenden Winkelsett (Colnrade; Samtgemeinde Harpstedt) wurden diese Propaganda-Artikel entdeckt. Darüber hinaus wurden auch hier bzw. im angrenzenem Hunteweg (Gemeinde Dötlingen) Sticker der IB verklebt. Als zusätzliches „Wildeshauser Phänomen“ sind die aus den letzten Monaten bekannten, von Impfgegner*innen selbst-kreierten Sticker zu benennen.

Diverse Sticker „Heimatschutz statt Mundschutz!“, „Mensur“ und „Still not loving Antifa“ aus dem Online-Shop „Phalanx Europa“ der IB, gefunden am 09.01 in Wildeshausen und Dötlingen.

In der Gemeinde Wardenburg wurde am 01.01 ein weiterer „Impfen macht frei“-Sticker in Hundsmühlen an der Bushaltestelle „Hunteweg“ gefunden. Zwei Tage später, am 03.01, wurde ein Aufkleber des verschwörungsideologischen Telegram-Kanals „THE WHITE ROSE“ an einer Laterne auf dem Parkplatz des Test-Zentrums an der Oldenburger Straße 221 gefunden. Diese finden seit einigen Monaten auch in Oldenburg rege Verbreitung. Am 24.01 wurden ebensolche Sticker der verschwörungsideologischen Kampagne „Join the White Rose“ auf der Demonstration von „Freie Oldenburger“ verteilt. Außerdem wurden am 24.01 erstmals Aufkleber mit der Aufschrift „Freiheit statt Sozialismus“ und „AfD – Die Realisten“ aus dem AfD-Onlineshop in Tungeln an der Bushaltestelle „Tjarks“ gefunden.

Links: Antisemitischer „Impfen macht frei“-Sticker in Hundsmühlen an der Bushaltestelle „Hunteweg“.
Rechts: Aufkleber der Kampagne „Join the White Rose“ auf dem Parkplatz vor dem Testzentrum an der Oldenburger Straße 221.

Corona-Rechte in der Gemeinde Großenkneten mit Schwerpunkt Ahlhorn

Wie die regen Propaganda-Aktivitäten in Ahlhorn schon vermuten lassen, gab es auch im Januar Aktivitäten auf der Straße, indem sich die „Montagsspaziergänge“ fortsetzten. Die Teilnehmendenzahlen bewegten sich permanent im Bereich von maximal einigen Dutzend, sanken aber zum Ende des Monats.

Am 03.01 versammelten sich etwa 30 Personen und gingen, ohne Maske oder Abstand, die Wildeshauser Straße entlang und legten am Polizeistein Kerzen ab. Die AfD Oldenburg Land vermeldete dies als „Erfolg“ und schrieb über „verdoppelte Teilnehmerzahlen“ (45), lieferte jedoch ein Video mit, das diese Einschätzung widerlegt. Mit dabei unter anderem AfD Kreisvorsitzender und Landtagsabgeordneter Harm Rykena.

Am 10.01 versammelte sich erneut eine Menge in ähnlicher Größe am Treffpunkt an der Polizeiwache und zog die Wildeshauser Straße entlang. Unter ihnen war auch wieder Harm Rykena. Diesesmal stoppte die Polizei nach Angaben der AfD Oldenburger Land den Aufzug zur Durchsetzung der Maskenpflicht (und fotografiert ihn angeblich sogar ab), wobei es zu einer Auseinandersetzung zwischen Polizei und Demonstrant*innen gekommen sein soll, dabei wurde eine Person festgenommen.

Am 17.01 organisierte ein Parteien-Bündnis von SPD, B90/Die Grünen und der Linkspartei unter dem Namen „Mit-Denken Ahlhorn“ erstmals Gegenprotest in Ahlhorn, welcher promt etwa 60 Menschen anzog und insofern erfolgreich war, als dass es nicht wie üblich eine Versammlung der Corona-Rechten bei der Volksbank gab. Jedoch filmte Martin Gramsch, regelmäßiger Teilnehmer*innen der „Spaziergänge“, die Kundgebung ab. Diese Videoaufnahme wurde dann auf dem Blog der AfD Oldenburger Land veröffentlicht.

Ein Screenshot von dem Blog, das Martin Gramsch von der Gegenkundgebung aufnahm und welches noch am selben Abend bei der AfD Oldenburger Land veröffentlich worden ist. Bildquelle: Screenshot von der Seite www.afd-oldenburg-land.de

Einige der Ahlhorner*innen wichen nach Großenkneten aus, wo sich maximal 25 Personen (AfD-Angaben, eigenes Video 16 Personen) versammelten und beim Rathaus Kerzen hinstellten. Diese Ausweichversammlung wurde vorher nicht öffentlich angekündigt, was zeigt, dass es auch im ländlichen Raum eine mobilisierbare Szene gibt, die sich koordinieren kann, auch wenn diese nicht bedrohlich groß ist.

Links: Ein eigenes Video der AfD, das 16 Teilnehmende zeigt, während von 25 geschrieben wird. Bildquelle: Screenshot von der Seite www.afd-oldenburg-land.de
Rechts: Nachricht im Kanal der „Freie Niedersachsen“, die von ca. 20 Teilnehmenden spricht. Bildquelle: Screenshot von dem Telegram-Kanal „Freie Niedersachsen“

Am 24.01 fand wiederum eine Versammlung aus dem Spektrum der Corona-Rechten statt, allerdings kamen dieses Mal nur 9 Personen zum Teil mit auf Fahrrädern.

Corona-Rechten unterwegs mit Fahrrädern und Lichterketten entlang der Wildeshauser Straße.

Am 31.01 versammelten sich ebenfalls kleine Grüppchen mit insgesamt 15 Leuten, von denen zwei Leute in einer Polizeimaßnahme auf der Polizeiwache landeten. Gegen drei Personen wurden Ordnungswidrigkeitenverfahren aufgrund von Verstößen gegen die Maskenpflicht eingeleitet.

Regelmäßige Teilnehmer*innen der Aufzüge waren die Familien Gramsch und Tegeler. Martin Gramsch wohnt mit seiner Familie in Ahlhorn (Vogelbeerweg 2) und arbeitet bei Clever Etiketten – Nord im Außendienst.

Geschäftsführer bei Clever Etiketten ist Steffen Gramsch. Auch im „Team“ Martin Gramsch. Bildquellen: Screenshot von der Seite www.clever-nord.de

Die Familien von Martin und Christine Tegeler (Ahlhorn, Breslauer Straße 5) traffen sich auch außerhalb der genannten Daten zum Spaziergehen mit einer Lichterkette in Ahlhorn.

AufAbstand schreibt zu Friedrich Tegeler, dem Mann von Christine Tegeler:

Am 6. Juli [2020] schreibt er in der Telegram-Gruppe [Querdenken441] der sog. ‚Volkslehrer’ Nikolai Nerling sei nicht rechtsextrem und er würde den Großteil seiner Ansichten unterstützen. Außerdem kenne er ihn persönlich ziemlich gut.

Seine Verlinkungen zum ‚Volkslehrer’ waren zuvor auf Kritik gestoßen, da eine Verbindung zu Rechtsextremisten es den Medien ermögliche, die Gruppe in ein schlechtes Licht zu rücken.

Zudem behauptete er, an einem Treffen verschiedener ‚Weltanschauungen’ teilgenommen zu haben, bei welchem auch ‚hochrangige’ Vertreter*innen des Christentums, Heidentums, des Nationalsozialismus, des Liberalismus und der ‚Ludendorffer-Philosophie’ anwesend gewesen sein sollen.

Privates Bild von Friedrich Tegeler. Bildquelle: AufAbstand

Darüber hinaus wurde in der Vergangenheit auf dem vorherigen Grundstück der Familie die Reichskriegsflagge gehisst, was zu Informationen passt, nach denen am VW-Bus der Familie 2020 ein „Q“-Aufkleber klebt. Dieser bezieht sich auf den antisemitischen Verschwörungsmythos QAnon. Außerdem ist die Familie dafür bekannt, an der Grundschule Ahlhorn wegen Corona-bezogenen Themen für Stress zu sorgen. Friedrich Tegeler postete außerdem am 26.02.2021 in der Telegram-Gruppe „DasSindWirCloppenburger“ ein geschnittenes Video, auf dem er, von Marschmusik unterlegt, an einem mit „Stop Racism“ bemalten Stromkasten an der Hauptstraße in Großenkneten die verleumdnerische Parole „Anti White“ anbringt.

Propagandistisch sticht in Ahlhorn vor allem ein Ort heraus: Das Atelier „Kunstbaude“ von Annette Lübke auf dem Sandhörn 2A. Die Schaufenster des Ateliers sind voll mit Material der verschwörungsideologischen Kleinpartei dieBasis, ausgedruckten Link-Sammlungen und Statistiken sowie bekannten Motiven aus der Querdenken-Szene wie Motive der „THE WHITE ROSE“-Sticker oder Zitate aus den Flugblättern der tatsächlichen NS-Widerstandgruppe „Weiße Rose“. Dieser Vergleich relativiert ganz offensichtlich den Terror des NS-Regimes gegen seine Gegner*innen.

Die Kanalbeschreibung einer der dort auf einem Zettel beworbenen Telegram-Kanäle, „Graphene Research“, spricht ebenfalls für sich: „Graphene Research – Verhaltenskontrolle der Bevölkerung durch ferngesteuert, angeregte Graphenoxid-Nanopartikel (5G Technologie) – Vaccine – Covid19 – Mind Control – 1984 – Transhumanismus“

Bilder von den Schaufenstern des Ateliers „Kunstbaude“ in Ahlhorn.

Corona-Rechte in Wildeshausen mit Verbindung zu Polizeibeamten?

Martin Gramsch heißt auf Telegram vermutlich „Cloosed“. Unter diesem Namen schlug er in den Kommentaren der rechten Freien Niedersachsen vor, in Wildeshausen auch an anderen Tagen der Woche zu demonstrieren, um den „linksradikalen“ vom Bündnis „Mit COURAGE gegen Rechts“ (MiCOU) auszuweichen. Das war 03.01.2022, dem Tag, an dem den Freien Niedersachsen erstmals wieder ein kleiner Spaziergang in Wildeshausen gelang. Mehrere Personen liefen gegen 17.30 Uhr mit großen Kerzen durch die Innenstadt und wurden später von der Polizei angehalten den Marktplatz zu betreten. Es kam zu einigen Diskussionen mit der Polizei, während vor dem Rathaus eine Gegenkundgebung von MiCOU startete. An diesem Gegenprotest nahmen etwa 80 Personen teil. An dem kleinen Aufmarsch nahmen ungefähr 15 Personen teil. Auch diese Ausweichversammlung wurde vorher nicht öffentlich angekündigt. Ein weiteres Beispiel, dass es hier im Landkreis eine mobilisierbare Szene gibt, die sich koordinieren kann.

Links: Screenshot von der Cloosed-Unterhaltung. Bildquelle: Sreenshot Telegram
Rechts: Ankündigung der Versammlung in der Telegram-Gruppe „Freie Niedersachsen“. Bildquelle: Screenshot von dem Telegram-Kanal „Freie Niedersachsen“

Eine Woche später (10.01) waren nur 20 Personen auf der Seite der „Spaziergänger*innen“ anwesend. Einige dieser Personen waren einen Tag später (11.01) in Harpstedt beim Aufmarsch mit dabei.

Von der angekündigten „Null-Toleranz“ der Polizei konnte nichts in Wildeshausen festgestellt werden. Vorort wurden keine Personalien festgestellt. Auch wurde dem wiederholten provokanten Fehlverhalten seitens der Corona-Rechten nicht nachgegangen. Stattdessen wurde nur darauf hingewiesen, dass nicht mit mehr als drei Personen ohne Maske zusammen stehen dürfen. Der Aufmarsch der Corona-Rechten verlief sich schnell. Erfreulicherweise waren einige Gegendemonstrant*innen auf dem Marktplatz anwesend, trotz fehlender Gegenkundgebung von dem Bündnis MiCOU.

Auch am darauffolgenden Montag (17.01) blieb die Beteiligung an den Aktionen der Corona-Rechten in Wildeshausen gering, im Umfeld einer Menschenkette vom Bündnis MiCOU mit dem Titel „Nachdenken statt Querdenken – kein Platz für Querdenken und rechte Hetze!“ mit ca. 80 Menschen versammelten sich wieder zwischen etwa 15-20 Personen, die keine Maske tragen wollten und teilweise dazwischen riefen. Wieder dabei war Markus Milke („Schrotti Milke“) der schon in der Vergangenheit mit Zwischenrufen die Aufmerksamkeit auf sich zog. Bei der Schweigeminute war es aber immerhin still auf dem Marktplatz, als den Opfern der Corona-Pandemie gedacht wurde. Erwähnenswert ist es, dass die Polizei zum ersten Mal anscheinend Videoaufnahmen von den Corona-Rechten anfertigte.

Personen am Rande der Gegenversammlung, die bereits auf den „Spaziergängen“ gesehen wurden. Bildquelle: MiCOU

Dass Wildeshausen ein schwieriges Pflaster für Corona-Rechte ist, beklagte anschließend Sven André Debicki auf seinem Telegram-Kanal „Wildeshausen“. Dort verbreitet er seit Dezember 2021 Aufrufe für Versammlungen von Corona-Rechten in der Region u.a. in Hude und kommentiert vereinzelt das Geschehen rund um die Proteste, wobei er auch auf Aussagen von AfD-Mann Harm Rykena zurückgreift. Debicki ist laut der Internetseite der „Unabhängigen Wählergemeinschaft“ (UWG), für die er bis 2021 im Wildeshauser Stadtrat saß, Polizeibeamter. Ein NWZ-Artikel von 2014 erwähnt die Betätigung als Bundespolizeibeamter in Uelzen, von der er für sein Ratsmandat freigestellt worden sei. Er verkündete im August 2021, dass er und seine Frau Vera Debicki, die für die SPD von 2011-2021 in den Stadtrat gewählt worden war, bei der Kommunalwahl 2021 nicht mehr antreten werden. Als Grund nannte er die „Corona-Diktatur“ und den „Great Reset“. Verbreitet wurde diese und andere Mitteilungen auf seinem Twitter-Account „Herzanlage“. Dort teilt er Inhalte des rechtsextremen Medienprojekts „AUF1“ aus Österreich, welche den Verschwörungsmythos einer von „den Mächtigen“ geplanten Pandemie beinhalten. Eine weitere gerne geteilte Quelle ist „klagemauer.tv“, das Internetportal der „Organische Christus Generation“-Sekte. Dieser widmete sich Belltower-News in einem längeren Artikel, aber so viel sei an dieser Stelle gesagt: es handelt sich bei „klagemauer.tv“ um ein zutiefst antisemitisches Medienportal einer zutiefst antisemitischen Sekte. Vervollständigt wird das rechte Weltbild von der Einbildung einer mächtigen queerfeministischen und antirassistischen Lobby (Wortlaut: „Propaganda-Loge“).

Oben: Debicki gibt seinen Rückzug und den seiner Frau aus der Kommunalpolitik bekannt. Bildquelle: Twitter
Mitte: Debicki auf der Website der UWG-Fraktion im Widleshauser Stadtrat 2016-2021.
Bildquelle: Screenshot von der Seite www.uwg-wildeshausen.de
Unten: Kandidat*innenbild von Vera Debicki für die SPD bei der Kommunalwahl 2016. Bildquelle: www.spd-wildeshausen.de

Sind das nur Ausrutscher bei der Quellenauswahl? Nein, das zeigt sein Telegram-Kanal.

Geraunt wird dort in selbst geschriebenen Textem über die gekaufte Presse, die „Flüchtlingskrise 2015“, 9/11 oder was auch immer den Erleuchteten (Verschwörungsideolog*innen) gerade noch so zur Projektion ihres Kontrollverlustes dient. Das politische System wird scheinbar wahllos als kommunistisch, faschistisch oder feudal diffamiert. Auch wird dort mit Shoa-Relativierungen kokettiert, wenn er etwa schreibt, Demonstrierende gegen die Corona-Rechten würden diese „mit stigamatisierender und diffamierender Art und Weise in den nächsten gedanklichen Diktatur-Eisenbahnwaggon Richtung Impflager schicken“ wollen (vom 19.01.2022). Diesen Eindruck bestätigt ein „Impfung macht frei“-Bild, das Debicki am 15.07.2021 auf seinem Twitter-Account veröffentlichte. Für ein solches Bild auf Facebook verurteilte das Amtsgericht Aichach im Januar 2022 einen Mann wegen Volksverhetzung.

Das gleiche Shoa-relativierende Motiv, wie es auf zahlreichen Aufklebern Verbreitung fand, auf dem Twitter-Account von Debicki. Bildquelle: Screenshot Twitter

Dazu kommen die üblichen verschwörungsideologischen Vorstellungen über „die“ lügende, allmächtige, globale Elite („Pharmafirmen plus BlackRock“), sowie die Berufung auf ein vermeintlich privilegiertes Wissen um das große Ganze, das die „Schlafschafe“ nicht verstehen würden. Verbunden wird diese angebliche priviligierte Erkenntniszugang mit dem Verweis auf Gott, Liebe und Licht („Krieger des Lichts“, „Gott ist Liebe“ und „Ich möchte zurück ins Licht“).

Die alles verbindende Erzählung ist natürlich der „Great Reset“. Neben seinen eigenen Texten teilt er fleißig verschwörungsideologische Größen wie Ken Jebsen, Xavier Naidoo, Tim K. oder Aktivist Mann. Der Kanal an sich ist von der Reichweite her jedoch irrelevant (26 Follower, Stand: 03.01.2022) und nur insofern von Interesse, als das er die höchst problematischen Ansichten eines (ehemaligen?) Bundespolizisten zeigt.

Debicki postet ein Bild, das seinen Telegram-Account mit Schreibzugriff auf den Kanal „Wildeshausen“ zeigt bei Twitter. Zudem ist die aufgenommene Nachricht mit seinem Namen unterschrieben. Bildquelle: Screenshot Twitter

Am 24.01 versammelten sich etwa 20-25 Personen in Kleingruppen auf dem Marktplatz, unter ihnen auch Stefan S. der erstmals am 20.12.2021 im Umfeld der Gegenkundgebung identifiziert wurde. Obwohl der Polizeichef Jörn Stilke von der Polizeiinspektion Delmenhorst/Oldenburg-Land/Wesermarsch nach dem Erlass der Allgemeinverfügungen von der Stadt Delmenhorst sowie die Landkreise Wesermarsch und Oldenburg, welcher ab dem 08.01 ihre Wirkung entfalten sollte, in einer Pressemitteilung angekündigt hat, dass bei Verstößen bei den kommenden Versammlungslagen im Zuständigkeitsbereich der Polizeiinspektion „niedrigschwellig und konsequent“ eingeschritten werden soll, gab es laut Polizeiangaben keine Verstöße, auch wenn die Teilnehmer*innen der angekündigten Versammlung, wie auch zuvor, keine Masken trugen. Weiter hieß es in der Pressemitteilung vom 07.01:

Eine Verweigerung der Maskenpflicht stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die seitens der Polizei entschlossen verfolgt werden wird. Das bedeutet die Identitätsfeststellung von betroffenen Personen, eine gezielte Verfolgung der Verstöße, gegebenenfalls den Ausschluss von Teilnehmenden sowie das Aufstoppen der Aufzüge bis hin zu Auflösen der jeweiligen Versammlungen.

Das nicht eingeschritten worden ist, bestädigte auch die AfD Oldenburger Land auf ihrem Blog und widmete sich, wie auch in der Woche zuvor, den Montagsversammlungen und schrieb in dem Sammelbericht zu der Versammlung in Wildeshausen: „Anders als die letzten Male in Ahlhorn oder Harpstedt reagierte die anwesende Polizei diesmal sehr deeskalierend, in dem sie die Menschen aus einiger Ferne beobachtete und ansonsten nicht einschritt.“

Oben: Der Wildeshauser Marktplatz kurz nach 18:00 Uhr. Die Versammlung steht in Kleingruppen ohne Masken auf dem Platz verteilt.
Unten: Der gleiche Platz später am Abend. Masken sind immer noch nicht zu erkennen. Bildquelle: www.afd-oldenburg-land.de

Eine Woche später, am 31.01, wurde die Versammlung zum ersten Mal angemeldet. Es kamen nach Polizeiangaben etwa 70 Personen, zur Gegenversammlung kamen etwa 80 Personen. Beworben wurde die Versammlung u.a. von Martin Gramsch. Einige der Teilnehmenden trugen dabei blaue Mützen der AfD-Kampagne „Gesund ohne Zwang“, die auch im AfD-Onlineshop zu kaufen ist. Eine weitere Verbindung zur AfD stellt die Tatsache dar, dass sich das Bild, welches zur Bewerbung der Versammlung benutzt worden ist, im Hintergrund aus zwei Bildern zusammensetzt, welche die AfD auf ihrem Blog verwendete, um das Versammlungsgeschehen in Wildeshausen und Delmenhorst in der Vergangenheit zu bebildern. Anwesend war zudem AfD MdL Harm Rykena.

Links: Das Werbebild für die Versammlung am 31.01. Bildquelle: www.afd-oldenburg-land.de
Rechts: Der untere Teil des linken Bildes, ursprünglich von der AfD. Es zeigt eine Versammlung in Delmenhorst am 24.01. Bildquelle: Screenshot von der Seite www.afd-oldenburg-land.de“.“ Quelle: 16voll

Der Link zu dem Beitrag der Antifaschistische Vernetzung Oldenburger Land mit weiteren Informationen: https://16voll.noblogs.org/post/2022/01/31/antifaschistischer-monatsbericht-januar-2022-2-landkreis-oldenburg/

lkolpatriotinnen-Beitrag vom 30.08.2021: „30.07.2017: Verwendung verfassungsfeindlicher Kennzeichen und Volksverhetzung in Aschenstedt (Gemeinde Dötlingen)“

Quelle: lkolpatriotinnen

lkolpatriotinnen-Beitrag vom 29.08.2021: „Am 05.12.2018 schreibt die «kreiszeitung.de» in einem Artikel zur Verwendung verfassungsfeindlicher Kennzeichen und Volksverhetzung in Aschenstedt (Gemeinde Dötlingen) am 30.07.2017: „[…]Weil ein damals 19-jähriger Wildeshauser und ein 17-jähriger Dötlinger am 30. Juli 2017 an der Wildeshauser Straße in Aschenstedt den Hitlergruß gezeigt sowie Nazi-Parolen gebrüllt haben sollen, mussten sie sich am Mittwoch vor dem Amtsgericht der Kreisstadt verantworten. Doch die Richterin, der Staatsanwalt und ein Zeuge warteten vergeblich – die jungen Männer sind zum Prozess nicht erschienen.

Am frühen Morgen des 30. Julis sollen sich die inzwischen Volljährigen an der Kreuzung Aschenstedter Straße/Wildeshauser Straße aufgehalten haben. Aus der Anklage geht hervor, dass die beiden angetrunken waren. Während einer Streifenfahrt bemerkten Polizisten die Heranwachsenden, die mehrfach den Hitlergruß gezeigt und Nazi-Parolen wie „Sieg Heil“ gebrüllt haben sollen. Besonders misslich sei laut dem Staatsanwalt der Umstand gewesen, dass in unmittelbarer Nähe eine Flüchtlingsunterkunft war.“. – Quelle: kreiszeitung.de“ Quelle: lkolpatriotinnen

Der Link zu dem Beitrag von lkolpatriotinnen mit weiteren Informationen: https://lkolpatriotinnen.wordpress.com/2021/08/30/30-07-2017-verwendung-verfassungsfeindlicher-kennzeichen-und-volksverhetzung-in-aschenstedt-gemeinde-dotlingen/

 

lkolpatriotinnen-Beitrag vom 29.08.2021: „29.07.2009: Gerichtsverhandlung gegen Kevin Boeck und Niklas Brunkhorst in Delmenhorst“

lkolpatriotinnen-Beitrag vom 29.08.2021:

Am 29.07.2009 nimmt Kevin Boeck (links) an der Gerichtsverhandlung gegen Kevin Boeck und Niklas Brunkhorst in Delmenhorst teil. Am 21.12.2009 schreibt «taz.de» zu dem Bild: „Die „Autonomen Nationalisten“ Delmenhorst auf dem Weg zu einer Gerichtsverhandlung im Juli.“. – Bildquelle: recherche-nord (Bearbeitung und Anonymisierung: lkolpatriotinnen)

Am 29.07.2009 schreibt «antifa-aktion» in einem Beitrag zu der Gerichtsverhandlung gegen Kevin Boeck und Niklas Brunkhorst in Delmenhorst: „Am heutigen Mittwoch, dem 29. Juli 2009, standen zwei Mitglieder der regionalen Neonazistruktur vor dem Jugendgericht Delmenhorst. Die Angeklagten, Kevin Boeck (Bookholzberg) und Niklas Brunkhorst (Wildeshausen) wurden aufgrund von Sachbeschädigung zu einerseits 60 Sozialstunden – und weiter 250 Euro Bußgeldzahlungen verurteilt. Eine Anzeige aufgrund von gefährlicher Körperverletzung wurde bereits vor Prozessbeginn fallengelassen. In Sichtweite des Amtsgerichts führten 40 AntifaschistInnen eine Kundgebung durch, um auf die kontinuirlichen Naziaktivitäten in Delmenhorst hinzuweisen.

Keinesfalls ein trauriger Einzelfall
Die im heutigen Prozess angeklagten Neonazis sind aktive Mitglieder der regionalen Neonaziszene. Weiter ordnete sich die Verhandlung in eine konstante Abfolge von Übergriffen- und Aktionen ein, an denen auch die Angeklagten beteiligt waren.
Tatsächlich bildete sich innerhalb der letzten Jahre eine aktive Struktur: Hauptsächlich drei Gruppierungen agieren am rechtsradikalen Rand. So sind die „Jungen Nationaldemokraten“ als die Jugendorganisation der NPD zu nennen; kontinuierlich verteilen sie große Stückzahlen eigene Flugblätter in Wohngebieten und an Schulen, kleben zahlreich ihre Aufkleber, plakatieren und beschmieren Wände mit rassistischen Parolen.
Zudem produzieren sie derzeit in Eigenregie eine Zeitung mit dem harmlos-anmutenden Titel „Delme-Bote“. Diese Zeitung propagiert auf mehreren Seiten antisemitische, völkisch-rassistische Kapitalismuskritik und führt als einzigen Ausweg den “nationalen Sozialismus” an – nichts Anderes als den Nationalsozialismus von
vor über 60 Jahren. Die „Aktionsgruppe Delmenhorst“ veranstaltete mit einem Fackelzug am 15. November 2008 den ersten Naziaufmarsch in Delmenhorst seit 1945 und organisiert
Schulungs- und Saalveranstaltungen mit überregionaler Beteiligung. Die „Jungen Nationaldemokraten“ und die
„Aktionsgruppe Delmenhorst“ offenbaren sich gerade mit Hinblick auf die kommende Bundestagswahl als unheilvolle Konstellation und betreiben zur Zeit beinahe ausschließlich Wahlpropaganda für
die NPD. Die Neonazis diffamieren ihre GegnerInnen offen im Internet und attackieren sie – teils am helligten Tag – in größeren Gruppen mit Reizgas, Quarzsandhandschuhen oder Teleskopschlagstöcken. Es werden Morddrohungen an gegenüber AntifaschistInnen ausgesprochen oder sie werden Nacht für Nacht bedroht – etwa durch vermummte Neonazis vor der eigenen Haustür. Der gesamte Stadtkern hat sich für alternative Jugendliche zu einem wahren Risikogebiet verwandelt; besteht doch immer häufiger die Gefahr, einer ihrer “Autopatroullien” zu begegnen.

Selbst der Versuch von Neonazis, einen Antifaschisten nach anfänglichen Pöbeleien mit dem Auto anzufahren, fand weder polizeilich, noch medial Beachtung oder löste gar Entsetzen aus. Vielmehr verlor sich auch dieser Vorfall in der üblichen Kontinuität von Negation, Ausblendung und Relativierung seitens
öffentlicher Organe und Institutionen wie Polizei, Lokalpolitik und -presse. So werden auch rechtsradikale Graffitis als vermeintliche Diffarmierungsversuche von “Linken” fehlinterpretiert und regelmäßig die Verteilaktionen offen antisemitischer Agitationsschriften an Schulen und in Wohnbezirken herunterspielt. Auch alternative Veranstaltungen wie z.B. Konzerte, die sich inhaltlich offen von rechten Strukturen distanzieren, wurden in jüngster Vergangenheit von kleineren Neonazigruppen angegriffen.

Grundlage
Die heutige Verhandlung resultierte aus einer durch eine Neonazigruppe ausgeführte Aktion. So brachten Neonazis im Sommer 2008 Aufkleber im Stadtgebiet an, als sie durch zwei Personen angesprochen wurden. Nach kurzer Zeit umringte die Gruppe um die Neonazis Kevin Boeck, Niklas Brunkhorst und Anika Klinger die heutigen Ankläger_Innen und attackierten diese mit Reizgas – weiter wurden die Kläger_Innen massivst bedroht.

Keineswegs jedoch ist der heutige Prozess – und das vergleichsweise milde Urteil (eine Klage aufgrund gefährlicher Körperverletzung wurde zu Beginn abgelehnt) die erhoffte Lösung der Neonaziproblematik in Delmenhorst. Aus diesem Grund demonstrierten etwa 40 AntifaschistInnen in Form einer Kundgebung vor dem Amtsgericht und verteilten mehr als 500 Flugblätter um die Neonazigewalt und -aktivitäten des letzten Jahres zu thematisieren.

So forderten die Demonstrant_Innen im Verlauf der Kundgebung in Redebeiträgen und den verteilten Flugblättern wie folgt: Im Kontext neonazistischer Aktivität ist es notwendig, aktiv gegen Faschismus und seine Wurzeln anzugehen. Die vielfach nahezu störungsfreien Aktionen der Neonazis müssen endlich skandalisiert, blockiert und verhindert werden!

Weiter sei eine antifaschistische Intervention in Delmenhorst vonnöten – Neonazis sollten als gesamtgesellschaftliches Problem erkannt und bekämpft werden. Letztlich wurde aufgerufen weitere Menschen über die Aktivitäten der Neonazis zu informieren.

Prozess und Kundgebung
Entgegen anfänglicher Vermutungen wurden die einschlägig bekannten Neonazis letztlich zu einer Bußgeldstrafe und Sozialstunden verurteilt. Niklas Brunkhorst (Wildeshausen) versuchte einer Strafe zu entgehen, indem er sich nach gängiger Neonazipraxis von den Mittätern distanzierte und einen Ausstieg aus der Neonaziszene angab.

[…]Dennoch versammelten sich seit dem frühen Morgen Neonazis in Delmenhorst. Unter anderem trafen sich Mario Müller (Delmenhorst), Julian Monaco (Delmenhorst, ehemals Soltau), Sebastian Müller (Delmenhorst), Jonathan von Seggern (Bookholzberg) – sowie weitere Mitglieder der delmenhorster Naziszene bereits früh vor dem delmenhorster Amtsgericht und posierten martialisch mit Handschuhen.

Mehrfach versuchten diese Antifaschst_Innen zu provozieren und anzugehen. Vor den Kameras eines Fernsehteams postierte sich Neonazikader Mario Müller vermummt und mit einem Karabinerhaken in der Faust bewaffnet auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Die anwesenden Polizeikräfte reagierten mit einem Platzverweis für etwa 8 der insgesamt rund 15 Nazis zu diesem Zeitpunkt. Dennoch versuchten mehrere Neonazis mehrfach erneut zur Kundgebung der Antifaschist_Innen zu gelangen.

[…]Insgesamt jedoch lässt sich der heutige Tag als Erfolg bewerten. 40 Antifaschist_Innen verteilten mehr als 500 Flugblätter, informierten Bürger_Innen über Neonazis und ihre Aktivitäten in Delmenhorst.“. – Quelle: Antifa Delmenhorst – [NEVER AGAIN!]

Am 30.07.2009 schreibt die «taz.de» in einem Artikel zu der Gerichtsverhandlung gegen Kevin Boeck und Niklas Brunkhorst in Delmenhorst: „Wegen Sachbeschädigung wurden gestern zwei junge Männer vom Jugendgericht Delmenhorst zu Geldstrafen und Arbeitsstunden verurteilt. Sie gelten als Anhänger der Neonazi-Szene und sollen vergangenen Juli Sticker mit einschlägigen Parolen an Laternen, Stromkästen und Schildern geklebt haben.

Auf den Stickern standen Sprüche wie „Holen wir uns die Stadt zurück! Nationale Freiräume erkämpfen“ sowie Verweise auf die „AG Delmenhorst“, die sich zu den „Autonomen Nationalisten“ zählt. Mehrere Aktionen dieser Art gab es vergangenen Sommer in Delmenhorst. Die Angeklagten K. und N. wurden bei ihrer nächtlichen Aktion von drei Zeugen beobachtet. Als sie einer der Zeugen ansprach, wurde er mit Reizgas angegriffen. Die Ermittlungen wegen Körperverletzung wurden jedoch schon im Vorfeld eingestellt: Der Täter sei nicht eindeutig zu identifizieren gewesen, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Oldenburg.

Der heute 19-jährige K. und der 21-jährige N. wurden noch in der Juli-Nacht von der Polizei aufgegriffen. Im Handschuhfach ihres Autos sowie bei Hausdurchsuchungen wurden weitere Aufkleber gefunden, bei K. zudem ein Schlagring. Vor Gericht schwiegen beide zu den Vorwürfen. Der mehrfach einschlägig vorbestrafte K. sagte nur, er besitze den Schlagring seit Jahren. Es sei damals „cool“ gewesen, damit „zu posen“.

Der Staatsanwalt bezeichnete das Schweigen der Angeklagten als „feige“. Er forderte, „das Politische“ im Prozess außen vor zu lassen. Dem folgte das Gericht: Wegen Sachbeschädigung verurteilte es N. zu einer Geldstrafe von 350 Euro und K. zudem wegen unerlaubtem Waffenbesitzes zu 50 Arbeitsstunden. „Was auf den Aufklebern stand“, sagte der Richter, „ist mir dabei völlig egal“. Durch die Aktion entstanden der Stadt Delmenhorst 2.100 Euro, dem Energieversorger EWE rund 1.000 Euro Schaden.

Rund 40 Antifaschisten protestierten vor dem Gerichtsgebäude. Um Zusammenstöße zwischen Linken und Rechten zu vermeiden, habe man nach Prozessende den Jugendlichen, die man dem rechten Spektrum zuordnen konnte, Platzverweise erteilt, sagte ein Polizeisprecher.

Der verhandelte Vorfall gehört nach Angaben der Delmenhorster Antifa zu einer ganzen Reihe von Aktionen der Neonazi-Szene vor Ort. Drei Gruppierungen hätten sich mittlerweile in Delmenhorst etabliert: Die NPD, deren Jugendorganisation „Die Jungen Nationaldemokraten“ sowie die „AG Delmenhorst“.

Die Antifa spricht von teils „massiven Angriffen“ auf Linke. Erst im Frühjahr dieses Jahres sei ein Punk in der Auffahrt seines Hauses verprügelt worden. Dabei soll ihm ins Gesicht getreten worden sein.“. – Quelle: taz.de Quelle: lkolpatriotinnen

Der Link zu dem Beitrag von lkolpatriotinnen mit weiteren Informationen: https://lkolpatriotinnen.wordpress.com/2021/08/29/29-07-2009-gerichtsverhandlung-gegen-kevin-boeck-und-niklas-brunkhorst-in-delmenhorst/

16voll-Beitrag vom 31.12.2021: „Antifaschistischer Monatsbericht Dezember 2021“

16voll-Beitrag vom 30.11.2021: Erneuter Zerfall der „Liberal-Konservativen Reformer“ (LKR)

Die AfD-Abspaltung „Liberal-Konservative Reformer“ hat aufgrund interner Steiterein am 18.12 eine Austrittswelle erfasst, an der sich auch der stellvertretende Landesvorsitzende Thomas Michael Rappers aus Klein Henstedt (Prinzhöfte, Samtgemeinde Harpstedt) beteiligt hat. Rappers, noch im September 2020 auf dem AfD Landesparteitag in Braunschweig gesichtet worden, ist erst Anfang des Jahres für den LKR, u.a. als Gründungsmitglied des Kreisverbandes Ammerland, öffentlich in Erscheinung getreten. Rappers überaus rege Facebook-Aktivitäten zeigen einen klaren Hang zu Verschwörungserzählungen (u.a. zu Chemtrails und im Zuge der Corona-Pandemie), was seinem weiteren politischen Werdegang in der rechten Parteienlandschaft nicht im Wege stehen dürfte.

Rappers diskutiert mit seiner Frau Marion Rappers über Chemtrails. Bildquelle: Screenshot Facebook

AfD Kreisverband im „Corona-Fieber“

Der AfD Kreisverband Oldenburg Land beteiligt sich weiterhin rege am verschwörungsideologischen Protestgeschehen rund um die Corona-Pandemie. Im Nachgang der Übergriffe in Wildeshausen am 29.11 kam sie unkommentiert in der „Kreiszeitung“ durch ihren Vorstand Harm Rykena zu Wort, welcher die Angriffe der Versammlungsteilnehmenden auf Antifaschist:innen letzteren anlastete und von „martialisch gekleideten Kämpfern“ sprach.

Außerdem hielt Adam Golkontt, bei der vergangenen Bundestagswahl Direktkandidat im Wahlkreis 28 (Landkreis Oldenburg, Delmenhorst, Wesermarsch), bei einer Versammlung „Gegen den Impfzwang“ der AfD Niedersachsen am 18.12 in Hannover eine Rede. Er sagte u.a., dass er aufgrund seiner familiären Situation, gemeint ist wohl seine polnische Herkunft, die „Errichtung einer Diktatur“ vorausgesehen habe. Er war auch bei einer vorangegangenen Demonstration am 04.12, ebenfalls in Hannover, gemeinsam mit seiner Familie anwesend. Golkontt ist mittlerweile Kommunalpolitiker ist seinem Wohnort Hannover.

Beworben wurde die Demonstration am 04.12 auch von der AfD Oldenburg Land auf Facebook. An der Versammlung nahmen laut Recherche-Nord Mitglieder der lokalen Neonazi-Szene teil. Zudem waren viele niedersächsische Mitglieder des Flügels unter den etwa 100 Teilnehmenden.

Adam Golkontt, katholischer Sprecher der „Christen in der AfD“, spricht am 18.12 vor dem Landtag in Hannover. Bildquelle: recherche-nord

Auf ihrer Internetpräsenz geht es ebenfalls überwiegend um die Corona-Pandemie. Im Dezember sind vor allem zwei Facebook-Posts bemerkenswert. Der erste ist vom 11.12 und ruft zu einer „Gedenkveranstaltung“ von „Oldenburg & Region steht auf“ vor dem Oldenburger Rathaus am selben Tag auf. Gedacht werden sollte einer sogenannten „Tragödie“ in Senzig (König Wusterhausen), wo ein Familienvater, der in der Querdenken-Szene aktiv war, seine Familie samt seinen Kindern ermordete und sich anschließend selbst tötete. Der Grund waren offenbar die gängigen Verschwörungsnarrative und die damit einhergehende Endkampfstimmung in der Szene. Unmittelbarer Auslöser war das Auffliegen einer Impfpassfälschung. Belltower-News machte in einem Artikel außerdem treffend auf das autoritäre Männlichkeitsbild aufmerksam, das hinter solchen Taten steckt.

Die AfD Oldenburg Land beteiligte sich durch diesen Aufruf an der Verdrehung und Relativierung des Mordes, welche bundesweit durch die Querdenken-Szene stattfand und den Täter als Opfer der Corona-Maßnahmen darstellte. Auf der Versammlung war u.a. die Shoa-Leugnerin und ehemaliges Parteimitglied der „Bund freier Bürger“ (BfB), Imke Barnstedt, anwesend.

Ein zweiter Post vom 15.12 vergleicht den Diskurs um die (Nicht-)Impfung von Joshua Kimmich mit dem Antisemitismus der NS-Zeit. Dies zeigt noch einmal, dass die Relativierung von Nationalsozialismus und Antisemitismus in der AfD Oldenburg Land keine Einzelfälle sind.

NS-relativierender und antisemitischer Post der AfD Oldenburg Land vom 15.12. Bildquelle: Screenshot Facebook

Auf ihrem Blog dokumentiert die AfD weiterhin die Versammlungen der Querdenken-Szene im „Oldenburger Land“ und berichtet über die Teilnahme ihrer Mitglieder und Funktionäre an diesen. Dennoch behauptete der Wildeshauser Ratsherr Frank Voigt am 16.12 im Stadtrat, dass er kein AfD-Mitglied kenne, das an solchen Veranstaltungen teilgenommen habe, was diesen entweder der Lüge überführt oder seine isolierte Position in der Partei aufzeigt.

Versammlungen und Morddrohung von Corona-Rechten in Hude

Wie bereits im letzten Monatsbericht erwähnt, war für den 03.12 die insgesamt zweite Versammlung aus dem Querdenken-Spektrum in Hude angekündigt. Diese Versammlung wurde erstmals auch in der Gruppe der Vernetzungsstruktur „Freie Niedersachsen“ beworben. Zu diesem Zeitpunkt war sie mit 133 Mitgliedern noch recht unbedeutend, mittlerweile hat sich der Kanal jener Gruppe mit mehreren Tausend Mitgliedern zur wichtigsten Plattform der Corona-Rechten in Niedersachsen entwickelt.

Links: Ankündigung der Versammlung in der Telegram-Gruppe „Freie Niedersachsen“. Bildquelle: Twitter-Kanal „nutshell fotografie“
Rechts: Ankündigung im Telegram-Kanal „Wildeshausen“ von Sven André Debicki, ehemaliges Ratsmitglied der „Unabhängigen Wählergemeinschaft“ (UWG). Beide Ankündigungen stammen vom 02.12. Bildquelle: Screenshot Telegram-Kanal „Wildeshausen“

Das Bündnis für solidarische Intervention Oldenburg schrieb zu den „Freien Niedersachsen“ in einem Aufruf zum Gegenprotest in Hude am 20.12:

In den letzten Wochen konnte die Szene durch die Vernetzung der Telegram-Gruppe ‚Freie Niedersachsen‘ ihre Anhänger*innen nach einer langen Phase von Misserfolgen wieder in größeren Scharen mobilisieren, indem sie dezentralen Demonstrationen sichtbar machte und so viele Nachahmer*innen animierte. Am vergangenen Montag [13.12] haben alleine die ‚Freien Niedersachsen‘ 70 sogenannte ‚Spaziergänge‘ beworben. Die meisten dieser Versammlungen waren zwar marginal, allerdings versteht es die Gruppe, durch eine Flut von Bildern aus allen Orten ein Gefühl der Größe zu vermitteln. […] Das hat zu einem gefährlichen Gefühl der Selbstermächtigung unter den Corona-Rechten geführt, welches ihre Aktivitäten vergrößert.

Angelehnt ist die Struktur an die Kleinstpartei „Freien Sachsen“, welche Anfang 2021 als gemeinsames Projekt von lokalen neofaschistischen Kadern und der dortigen Querdenken-Szene gegründet wurde und die oben genannte Strategie erfolgreich einführte.

Zu der Versammlung in Hude am 03.12 kamen etwa 50 Personen. Paul de Vries war erneut in eine Situation verwickelt, die im Angriff einer anderen Person auf einen freien Journalisten endete. Dieser musste daraufhin und wegen der allgemein bedrohlichen Stimmung seine Berichterstattung abbrechen. Der Angreifer beteiligte sich am 11.12 in Oldenburg an einem weiteren Übergriff auf Gegendemonstrant:innen.

Die Bilder auf dem Screenshot zeigen den Angriff (links) und die angreifende Person (rechts). Bildquelle: Screenshot Twitter-Kanal „nutshell fotografie“

Am 13.12 fand eine ebenfalls bei den „Freien Niedersachsen“ beworbene Versammlung statt, zu der etwa 35 Personen kamen. Neben der gängigen Kerzen-Symbolik hatten Teilnehmende auch zwei Fackeln dabei. Sie versammelten sich vor einer Huder Apotheke, die für ihre Impf-Aktionen im Ort bekannt ist.

Demonstrierende mit zwei Fackeln auf der Parkstraße in Richtung Rathaus am 13.12. Bildquelle: Screenshot Twitter-Kanal „Freie Niedersachsen“

Am 20.12 rief das Bündnis für solidarische Intervention daher zusammen mit lokalen Akteuren erstmals zu einer Gegendemonstration auf, zu der 80 Personen kamen. Am selben Tag wurde bekannt, dass es eine Morddrohung gegen eine:n Impfhelfer:in gegeben hat.

Unter den circa 100 Teilnehmenden des „Spaziergangs“ waren nach eigenen Angaben Vorstände und Mitglieder von AfD und dieBasis anwesend, welche die Versammlung offenbar gemeinsam geplant hatten. Namentlich genannt wurde der AfD Kreisvorsitzende und MdL Harm Rykena, welcher in der Woche zuvor eine Versammlung in Hannover beobachtete. Die Polizei ließ die Versammlung dieses Mal nicht ungehindert ziehen und obendrein kam es zu einer Auseinandersetzung mit zwei Antifaschist:innen, die laut AfD und Polizei in eine Schubserei verwickelt waren.

Am 27.12 kamen etwa 50 Personen zusammen. Dieses Mal fehlten jedoch die AfD Vorstände. Von der Basis war zumindest die Vorständin Jeannette Harmjanz anwesend. Diese hatte auch den „Spaziergang“ am 03.12 angeführt.

Ein während des Aufzugs am 27.12 hastig verklebter Sticker des rechtsextremen Medienprojekts „AUF1“.

Bei beiden Versammlungen wurden in Abgrenzung zu den Aktionen von „Freie Niedersachsen“ keine Kerzen vor dem Rathaus oder an ähnlichen Institutionen abgelegt. Treffpunkte waren die Parkplätze der Volksbank und der Oldenburger Landesbank. Die Versammlungen am 20.12 und am 27.12 waren nicht bei „Freie Niedersachsen“ oder in den einschlägig bekannten Gruppen beworben worden.

Verschwörungsideologische Stickeraktivitäten

Im Vorfeld der ersten Proteste gegen die Versammlungen der Corona-Rechten am 06.12 in Wildeshausen kam es im Innenstadtbereich vermehrt zum Verkleben von Stickern aus diesem Milieu. Neben bekannten antisemitischen „Gib Gates keine Chance!“-Aufklebern fielen vor allem offenbar selbst-kreierte Sticker minderer Qualität auf. Sticker ähnlicher Machart sind schon länger in Wildeshausen verbreitet. Mittlerweile sind diese auch außerhalb der Innenstadt zu finden.

Verschiedene in der Wildeshauser Innenstadt verklebte Sticker.

In Kirchhatten (Gemeinde Hatten) und Hundsmühlen (Gemeinde Wardenburg) wurden mehrere Shoa-relativierende Sticker verklebt. Diesen waren Anfang des Jahres 2021 bereits in Oldenburg massiv verklebt worden und lösten dort sogar eine Berichterstattung der NWZ aus. Die Koordinierungsstelle gegen Rechtsextremismus Oldenburg schrieb dazu im März 2021:

Die am vergangenen Wochenende verteilten Aufkleber zeigen vermutlich eine Fotomontage des Eingangstores des Konzentrationslagers Sachsenhausen. Angesichts des Leids der im Holocaust verfolgten Menschen sind die zynischen Vergleiche der ‚Querdenker‘ im besten Falle Ausdruck einer beschämenden Unkenntnis der historischen Tatsachen und im schlimmsten Falle Belege einer ungezügelten antisemitischen Verschwörungsideologie.

Der gleiche Aufkleber mit der Aufschrift „Impfung macht frei“ am 23.07.2021 in Wildeshausen.

Darüber hinaus verbreiten sich im Landkreis (bisherige Fundorte: Wardenburg, Tungeln, Ahlhorn, Hude) verschwörungsideologische Sticker, welche sich gegen das Maskentragen, die Impfung und eine angebliche staatliche Gehirnwäsche durch die Medien richten. Über den Druck im großen Stil eines sehr ähnlichen Motivs wurde in der Gruppe „Freiheitsboten Oldenburg“ zwischen dem AfD MdL Harm Rykena und der Querdenken441-Mitorganisatorin Luise de Bruin diskutiert. Rykena bot an, dass sich der Druck „regeln lasse“, wenn es eine bessere Druckvorlage gäbe. Dass die Sticker durch diese Strukturen verbreitet werden, liegt Nahe. Neben dem im Chat diskutierten Motiv sind zwei weitere Motive mit ähnlicher Grundaussage im gleichen Layout bekannt. In Wardenburg wurde gezielt vor der Everkamp-Schule gestickert.

Links: Konversation über den Sticker-Druck zwischen Harm Rykena und Luise de Bruin. Bildquelle: Twitter-Profil Auf Abstand
Rechts: Verschiedene Stickermotive im gleichen Layout, darunter ein dem Diskutierten sehr ähnlichen.

Corona-Rechte in Wildeshausen

Nachdem es während des ersten „Spaziergangs“ am 29.11 aus dem Querdenken-Spektrum zu Übergriffen gekommen war, ist für den darauf folgenden Montag (06.12) eine Gegenkundgebung von „Mit COURAGE gegen Rechts“ (MiCOU) angemeldet worden, zu der auch wir mit einem eigenen Aufruf mobilisierten. Es kamen etwa 80 Personen. Da die Polizei dieses Mal die Versuche der Querdenker:innen verhinderte, durch die Stadt zu laufen, sammelten sich zeitweise etwa 40 Personen im Umfeld oder sogar auf der Kundgebung „Nachdenken statt Querdenken“. Auffällig war dabei Markus Milke („Schrotti Milke“). Der bereits in der Vergangenheit gewalttätig aufgefallen Rechte, der regelmäßig in der „Kleine Kneipe“ in Wildeshausen verkehrte, telefonierte auffällig laut neben der Kundgebungsfläche auf einer Bank und sprach davon, sein CS-Gas von Zuhause zu holen. Zudem zog er mit Zwischenrufen die Aufmerksamkeit auf sich.

Markus Milke diskutiert mit der Polizei. Bildquelle: Pixel Matsch

Identifiziert wurden außerdem Lixia C., Daniel V., Peer B. und Joshua B., welche in der Einrichtung „Himmelsthür“ der Diakonie in Wildeshausen arbeiten. Die Gruppe fiel bereits am Arbeitsplatz durch das Verbreiten verschwörungsideologischer Inhalte auf.

Links: 3. v. rechts: Lixia C.; 5. v. rechts: Joshua B. und ganz rechts ein:e AfD-Aktivist:in auf dem Marktplatz. Bildquelle: Facebook-Profil MiCOU
Rechts: Ganz links Daniel V.; 4. v. rechts: Peer B. später auf der von der Polizei angebotenen stationären Kundgebung auf dem Stellmacherplatz. Bildquelle: Pixel Matsch

Der Weiteren fiel eine Gruppe von etwa 6 vermummten, zum Teil Sturmhauben tragenden Personen auf, welche die Kundgebung zunächst aus einem Hauseingang heraus beobachtete. Bei zwei Personen dieser Gruppe konnte das Tragen der Marke „Amstaff“ festgestellt werden. „Das Versteckspiel“ schrieb dazu:

Marken, die Kampfhunde zeigen, sind bei extrem Rechten beliebt. Das Image des Kampfhundes dient einem Selbstbild, das auf der Kombination von Selbstüberhöhung und Opferstilisierung aufbaut […] Marken wie Amstaff und Pitbull sind auf rechten Versammlungen häufig zu sehen. Deren Betreiber können keiner rechten Szene zugeordnet werden.

Nachdem die Gruppe telefoniert hatte, stoßen noch einmal etwa gleich viele, ähnlich gekleidete Personen dazu. Die Dazugestoßenen kamen vermutlich vom Gildeplatz, wo auch der erste Teil der Gruppe geparkt hatte. Daraufhin patrouillierten sie durch die Straßen. Anweisungen erhielt die Gruppe, die ihrem Auftreten nach der militanten Rechten zuzuordnen ist, von Martin Oltmanns.

Mittig mit Glatze: Martin Oltmanns. Im Hintergrund: Die vermummte Gruppe. Bildquelle: Pixel Matsch

Die abreisenden Antifaschist:innen, die sich aufgrund dieser Bedrohung zusammen auf dem Weg zum Bahnhof gemacht hatten, wurden zwar beobachtet, glücklicherweise geschah aber nicht mehr. Laut dem freien Journalisten „PixelMatsch“ auf Twitter sagte eine Person aus der Gruppe auf Nachfrage, dass sie da seien, um für Sicherheit zu sorgen, da in der letzten Woche eine Freundin von „der Antifa“ geschlagen worden sei. Dieser angebliche Angriff ist nirgendwo, auch nicht auf Seiten der Rechten, dokumentiert worden. Das „Antifaschistisches Recherche Netzwerk – Oldenburg – Friesland – Ostfriesland“ schrieb zu der Gruppe in einem Gedächtnisprotokoll:

Diese Gruppe dachte unter anderem, in Gesprächen untereinander, darüber nach, etwas in die Menge reinzuwerfen und zündelte mit undefinierbaren rum.

Die Bedrohung, die dadurch aufgebaut wurde, war klar erkennbar und wäre keine Polizei dort gewesen und hätte sich geballt zwischen denen und der Kundgebung gestellt, wäre es sehr gefährlich geworden und mit hoher Wahrscheinlichkeit eskaliert.

Der zuerst mit dem Auto angereiste Teil der vermummten Gruppe beobachtet die Kundgebung vom Hauseingang aus. Bildquelle: Pixel Matsch

Am 13.12 folgte ein Aufruf der „Freien Niedersachsen“, woraufhin sich etwa 40 Personen im Umfeld der Gegenkundgebung versammelten. Einem Aufruf zur Gegenkundgebung von MiCOU folgten 80 Teilnehmende. Mit von der Partie war auch wieder Markus Milke, der bereits im Vorhinein auf der Treppe des Stadthauses saß.

Eine Gruppe aus dem Querdenken-Spektrum auf dem Marktplatz. Auf der Treppe im Hintergrund: Markus Milke. Bildquelle: Facebook-Profil MiCOU

Es konnte außerdem die Teilnahme von Dennis Bremermann festgestellt werden. Dieser fällt seit 2015 mit rassistischen und verschwörungsideologischen Äußerungen z.B. zur „geplanten Völkervermischung“ auf. Er schlug bereits im Januar 2016 auf Facebook in einer Konversation mit dem Wildeshauser OLGIDA-Organisator und ehemaligen AfD Kreisvorsitzenden Christian Pothin vor, den Bundestag zu Stürmen.

Rechts mit Flasche: Dennis Bremermann. Links mit Schirmmütze: Person, die regelmäßig an den Versammlungen in Wildeshausen teilnimmt. Bildquelle: Facebook-Profil MiCOU

Am 20.12 versammelten sich 30 Personen aus dem Querdenken-Spektrum im Umfeld der Gegenkundgebung mit 50 Teilnehmenden. Unter den 30 Personen waren bekannte Gesichter von den vorangegangenen Versammlungen, die sich vor „Bökers am Markt“ sammelten. Erstmals identifiziert wurden die Geschwister Jan und Stefan S..

Linkes Bild: Rechts: Stefan S. Rechtes Bild: Links: Jan S. Bildquellen: Facebook-Profil MiCOU
Im Anschluss gelang es erstmals seit dem 29.11. einer 17-köpfigen Gruppe, einen kleinen Aufzug durch die Stadt durchzuführen. Auf einem Video ist zu sehen, dass die Gruppe bei ihrem „Spaziergang“ kaum von anderen Spaziergänger:innen zu unterscheiden gewesen wäre und somit kaum Außenwirkung erzielen konnten. Es konnte zudem festgestellt werden, dass Kerzen, unter anderem mit der Aufschrift „Gott bewahre uns vor dem Übel der Impfpflicht“, abgestellt worden sind. Abgestellte Kerzen tauchen immer wieder auch abseits der Versammlungstage vor dem Stadthaus auf. 
 
Screenshot aus einem Video des „Spaziergangs“ an der Ecke Westerstraße/Kleine Wallstraße, das die Gruppe „Freie Niedersachsen“ am Abend des 20.12 gepostet hat. Bildquelle: Telegram-Gruppe „Freie Niedersachsen“

Am 27.12 setzte die Gegenkundgebung aus, jedoch wird sie ab dem 03.01 wieder stattfinden. Etwa 30 Querdenker:innen versuchten, einen „Spaziergang“ durchzuführen. Laut Kreiszeitung wurden Ansammlungen dieser Gruppe als Versammlung mit entsprechenden Auflagen gewertet, weshalb sich ein Katz- und Maus-Spiel mit der Polizei in der Innenstadt entwickelte. Auch dieses Mal war die Außenwirkung gering.

Niklas Rothert aus Wildeshausen auf der Westerstraße am 27.12. Bildquelle: Screenshot Twitter-Kanal „Freie Niedersachsen“

Die Facebook-Aktivitäten von Niklas Rothert zeigen klare Sympathien für die Parteien NPD und AfD. Dort finden sich Likes für die Seiten von AfD und NPD Landesverbänden und Politiker:innen. Likes und Freundschaftsbekundungen gibt es außerdem für Pierre Bauer („Die Rechte“), Sebastian Weigler (NPD) und andere militante Neonazis aus Braunschweig sowie dem gesamten Bundesgebiet. Wie weit rechts Niklas steht, lässt sich auch an seinen Sympathien für neofaschistische Subkultur, repräsentiert z.B. durch die mittlerweile verbotene Kameradschaft „Aktionsblog MV“, ablesen. In seinem Wohnumfeld in Wildeshausen tauchten im März 2020 Sticker der NPD Jugendorganisation „Junge Nationalisten“ (JN) und nationalsozialistische Schmierereien auf.

Niklas Rothert („Niki Jo“) liket ein Bild des JN Landesvorsitzenden Sebastian Weigler, das ein Plakat und ein Banner der bundesweiten NPD-Kampagne „Coronawahnsinn stoppen – Deutschland gegen den Coronawahnsinn!“ von einer Kundgebung am 06.06.2020 in Celle zeigt. Bildquelle: Screenshot Facebook

Sonnenwendenfeier im „Clan B“ in Sandhatten

Auf dem Gelände des Wohnprojekts „Clan B“ fand am 21.12 eine sogenannte „Sonnenwendenfeier“ statt, welche jeweils dem längsten und dem kürzesten Tag des Jahres gilt. Dieses Brauchtum ist von den Nationalsozialisten aufgegriffen worden und ist auch heute noch in neonationalsozialistischen Kreisen verbreitet, beispielsweise bei der JN Niedersachsen in Eschede. „Chronik LE“ schrieb zu einer Veranstaltung von Neonazis zur Sommersonnenwende 2012 in Leipzig:

In ihrer völkischen Konstruktion der deutschen Nation stellen sich Nazis gern in die Tradition germanischer Mythen und Riten – zumindest was sie dafür halten. Zur Zeit des Nationalsozialismus belebten die Nazis auch die angeblich altgermanischen Sonnenwendfeiern wieder. ‚Volk, Blut und Boden‘ sollen bei der Feier symbolisch miteinander integriert werden.

Die Sonnenwendenfeier ist deshalb interessant, weil eine große, esoterisch-ausgerichtete Gruppe innerhalb des Wohnprojekts Verschwörungsideologien hinsichtlich Corona-Pandemie und Impfungen anhängt. Beispielsweise sei die Querdenken441-Gründerin Friederike Pfeiffer de Bruin, die dort lebt, genannt. Ein Bezug zu völkischer Ideologie findet sich bei Friederike über ihren Vater Walther Soyka. Dieser war während der NS-Zeit SS-Angehöriger und KZ-Aufseher und in der Nachkriegszeit Mitglied des völkisch-esoterischen „Bund für Deutsche Gotterkenntnis“, auch als „Luddendorfer“ bekannt sowie zusammen mit anderen Luddendorfern und Rechtsextremen Gründer des „Institut für biologische Sicherheit“ in Bremen. Außerdem erlangte er als Atomkraftgegner Bekanntheit. De Bruin verteidigte Soyka im Frühjahr 2020 öffentlich als „Friedensaktivisten“, was darauf hindeutet, dass sie sich nicht in einem kritischen Verhältnis zu seinen Ansichten bewegt .

Es ist wichtig zu betonen, dass es innerhalb des „Clan B“ Konflikte angesichts der Verbreitung von Verschwörungserzählungen und des Engagements im Umfeld von Querdenken gibt. Die Durchführung einer Sonnenwendenfeier muss nicht zwingend einen rechten Hintergrund haben, ist angesichts des völkisch-esoterischen und antisemitischen Hintergrunds einiger Bewohner:innen jedoch denkbar.

Bewohner:innen und Gäst:innen auf dem Gelände des „Clan B“ in Sandhatten (Gemeinde Hatten) am Lagerfeuer während der Wintersonnenwendenfeier.

Erste Aktivitäten aus dem Querdenken-Spektrum in Ahlhorn, Wardenburg, Harpstedt und Neerstedt

Am 20.12 versammelten sich erstmals, einem Aufruf von „Freie Niedersachsen“ folgend, 17 Menschen in Ahlhorn (Gemeinde Großenkneten) zu einer Versammlung. Treffpunkt war der Parkplatz der VR-Bank, Kerzen wurden an einem Stein vor dem Polizei-Revier niedergelegt. Dierk Horstmann, AfD Ratsherr in Großenkneten, nahm laut AfD an der Versammlung teil. In den Wochen davor war er auf den „Spaziergängen“ in Cloppenburg (13.12) und Wildeshausen (29.11) zugegen.

Gruppenbild von den Teilnehmenden der Versammlung am 20.12. Bildquelle: Screenshot Twitter-Kanal „Freie Niedersachsen“

Am 27.12 folgte ein weiterer Aufzug entlang der Wildeshauser Straße, an dem auch Harm Rykena teilnahm. Nach eigenen Angaben nahmen wieder etwa 20 Menschen teil.

Schlecht zu erkennen: Harm Rykena, graue Mütze.

Am 26.12 fand zum ersten Mal eine Versammlung aus dem Querdenken-Spektrum in Wardenburg statt. Beworben wurde diese am 22.12 in der Gruppe „Oldenburg & Region steht auf“. Es folgten etwa 50 Personen, die, von einem vergleichsweise großem Polizeiaufgebot begleitet, auf den Gehwegen die Hauptstraßen entlangzogen. Ein Video des Aufzugs tauchte anschließend bei „Freie Niedersachsen“ auf. Zwischen einem Drittel und der Hälfte der Teilnehmenden reiste mit dem Auto an. Die Kennzeichen verwiesen jedoch überwiegend auf dem Landkreis Oldenburg sowie vereinzelt auf den Landkreis Ammerland. Eine Versammlung für den 02.01. ist bereits in der Übersicht von „Freie Niedersachsen“ angekündigt worden.

Links: Die Ankündigung für den 26.12 auf Telegram. Bildquelle: Screenshot Telegram-Kanal „Oldenburg & Region steht auf“
Rechts: Ankündigung auf Facebook von Ingrid Klingenberg für den 02.01 im gleichen Layout. Bildquelle: Screenshot Facebook

Am 28.12 folgt ein erster „Abendspaziergang“ in Harpstedt mit 10 Teilnehmenden, über welchen AfD und „Freie Niedersachsen“ berichteten. Ein identisches Bild von abgestellten Kerzen vor der evangelischen Kirche beim Marktplatz tauchte bei beiden Akteuren auf. Der AfD Blog widmete diesem Ereignis außerdem einen eigenen Bericht, obwohl der gewohnte Sammelbericht von den Montagsversammlungen am 27.12 trotz AfD-Beteiligung ausgeblieben war.

Einen Tag später, am 29.12, wurden in Neerstedt (Gemeinde Dötlingen) zwei Kerzen vor dem Rathaus abgelegt. Ein Bild davon wurde bei „Freie Niedersachsen“ zusammen mit der Bemerkung „So hat es überall einmal begonnen…“ gepostet. Quelle: 16voll

Der Link zu dem Beitrag der Antifaschistische Vernetzung Oldenburger Land mit weiteren Informationen: https://16voll.noblogs.org/post/2021/12/31/antifaschistischer-monatsbericht-dezember-2021/

 

lkolpatriotinnen-Beitrag vom 13.07.2021: „13.06.2006: Recherche-Text «Das Bremer-Land von Rechts bis Rechtsextrem»“

lkolpatriotinnen-Beitrag vom 13.07.2021: Am 13.06.2006 schreibt «bremen.antifa.net» in ihrem Recherche-Text «Das Bremer-Land von Rechts bis Rechtsextrem»: „Ein aktueller Überblick über die Situation in der Bremer Region.

Hintergrund: Gestern veröffentlichte der Bremer Innensenator seinen „Verfassungsschutzbericht“ für 2005.
Schon nach kurzen Überfliegen wird klar: alles wie immer: Neben der standardgemäßen Totalitarismus-Scheiße a la Links=Rechts findet man wie seit Jahren zu 90% die kopierten Inhalte aus den Vorjahren (!!), dazu ein gewisser Standardprozentsatz an Halbwahrheiten und Lügen, Dramatisieren und Verschweigen.

Beispiel: „Anfang August 2005 wurden die ersten CDs ‚Anpassung ist Feigheit – Lieder aus dem Untergrund‘ in mehreren Städten Thüringens und Sachsens verteilt. […] Eine Einzelverteilung ist in Bremen nicht bekannt geworden.“ (Seite 26).

Das ist nachweislich falsch. So verteilten nicht nur die beiden Jungnazis Pascal Heinricht aus Groß-Mackenstedt und Dennis Müller aus Bremen-Kattenturm am Morgen des 12.09.2005 die genannten Nazi-CDs an der Evangelischen Bekenntnisschule in Bremen-Habenhausen […], auch in der Bremer Innenstadt gab es eine derartige Verteil-Aktion von Nazis – hier beobachtete sogar eine Spezialeinheit der Bremer Polizei aus einiger Entfernung das Geschehen! Insgesamt ließe sich der VS-Bericht seitenweise widerlegen, eine entsprechende Menge an Zeit vorausgesetzt.

Die gute Nachricht:
Niemand, der an Einschätzungen und Infos über den rechten Rand in der Bremer Region interessiert ist, muss auf inhaltlich fragwürdige VS-Texte zurückgreifen: Wir haben unseren Text „Das Bremer-Land von Rechts bis Rechtsextrem“ aktualisiert! 🙂

1. Allgemeine Entwicklung des NS-Spektrums

Wie in der ganzen BRD hat sich auch in Bremen und dem Umland die rechte Szene in den letzten Jahren vergrößert und tritt zunehmend offensiver auf.

Nach den Verboten von z.B. der FAP („Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei“), der NF („Nationalistische Front“), der DA („Deutsche Alternative“) oder der „Wiking-Jugend“ Anfang der Neunziger orientierten sich viele Mitglieder und Kader der verbotenen Organisationen und Parteien in die Richtung der NPD (Nationaldemokratische Partei Deutschlands). Diese hatte durch ihren damaligen Vorsitzenden Günther Deckert die Türen für Neonazis und FaschistInnen aus dem extremistischen und militanten Spektrum geöffnet und mit NS-Positionen die Attraktivität der Partei für diesen Personenkreis gesteigert.

Unter dem nächsten Vorsitzenden Udo Voigt wurde dieses Konzept weiter ausgebaut. Aus einer überalteten Wahlpartei entwickelte sich die NPD zu einer „Kampf- und Kaderpartei“ für das gesamte Nazispektrum. Die Jugendorganisation JN (Junge Nationaldemokraten) arbeitete parallel mit an diesem Konzept, wobei ihr Hauptaugenmerk darauf lag, neue Kader auszubilden und ihre Mitglieder auf den „Kampf“ vorzubereiten.
Weiterhin wurde versucht, nicht eingebundene örtliche Kameradschaften und Kleinstgruppen in die Arbeit einzubinden, auch ohne feste JN- oder NPD- Parteimitgliedschaft.

Zeitgleich entwickelte sich auch die Struktur der „Freien Kameradschaften“ bzw. der „Freien Nationalisten“. Diese Struktur will unabhängig von Parteien als revolutionäre Speerspitze des militanten Faschismus gesehen werden. Mit eigenen Strukturen, Medien, Treffen, Konzerten und Aufmärschen können sie für ihre Anhängerschaft attraktiver und radikaler agieren als die NPD.

Bundesweit wirken diese Kräfte zersplittert, bei näherer Betrachtung gibt es aber ein regelrechtes Netzwerk mit Verbindungen und Vernetzungen in alle Richtungen. Hier wie in anderen Teilen der BRD werden die alten Strukturen und Organisationsmodelle der GdNF („Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front“) Michael Kühnens bzw. der illegalen NSDAP fortgeführt. Im Norden (Bremen, Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern) haben sich Kameradschaften im „Nationalen und Sozialen Aktionsbündnis Norddeutschland“ (NSAB) zusammengeschlossen.

Von Anfang an gab es zwischen den Führungszirkeln der NPD/JN und denen der „Freien Kräfte“ erhebliche Auseinandersetzungen über die Führungsrolle innerhalb des Neonazispektrums. Im Norden werden die Aktivitäten eindeutig von den „Freien“ dominiert – die NPD/JN wird allenfalls als Hilfsmittel und Plattform benutzt.

Trotzdem haben die Rechten kein Interesse daran, sich gegenseitig das Leben allzu schwer zu machen. Vielmehr koordinieren sie ihre Aktionen gemeinsam, unterstützen die Aktionen der anderen und sind gut untereinander vernetzt.

2. Die Bremer Nazi-Szene nach der Verbotswelle Anfang der Neunziger

In Bremen gab es bis zu den Verboten Anfang der Neunziger mehrere z.T. schon lange existierende Gruppen und Kreise (FAP, NF, DA). Deren Reste gründeten 1996 dann aus einer der GdNF nahestehenden Freien Kameradschaft um Markus Privenau, sowie ehemaligen NF- und DA-Mitgliedern und Nachwuchsnazis den JN-Landesverband-Bremen.

Nach parteiinternen Querelen auf Bundesebene (der Bremer Privenau wurde als Herausgeber des JN-Bundesorgans „Einheit und Kampf“ wegen NS-Kurses abgesetzt) kam es Ende 1997 zur Auflösung des Landesverbandes und zur Gründung der „Kameradschaft Bremen“ bzw. den „Freien Nationalisten Bremen“. Diese sind nach wie vor eine der bedeutendsten Gruppierungen im Bremer Raum. Die Bremer Kerngruppe besteht aus ungefähr 5-10 Nazis (Andreas Hackmann, Christian Hamer, Simon Lahusen, Hans-Joachim Varnhorn, Alexander Backes, Axel Gemp u.a.).

Desweiteren existieren in Bremen und dem Umland viele Kameradschaften und Gruppen. Dazu gehören z.B. die „Kameradschaft Bremen-Nord/Schwanewede“, der „Kameradschaftsbund Bremerhaven“, die „Snevern Jungs“ aus Schneverdingen, der „Rotenburger Widerstand“, die „Freien Nationalisten Achim“, die „Kameradschaft Weyhe“, die „Kameradschaft Wildeshausen“, die Bremer Kameradschaften „Hanseatic“, „Wesersturm“ und „Wiking“, sowie kleinere meist namenlose Zusammenschlüsse.

Unter diesem gesamten Netzwerk gibt es Austausch und Koordinierung. Zum Teil sind die Aktivisten auch NPD/JN-Mitglieder und unterstützen die dortige legale Propagandaarbeit (z.B. Infotische und -Veranstaltungen, Flugblatt- und Plakatieraktionen). Ansonsten werden in verschiedenen bzw. wechselnden Zusammenschlüssen Aufmärsche, Konzerte, Veranstaltungen und Schulungen im gesamten norddeutschen Raum durchgeführt.

3. Die NPD/JN in Bremen und Umzu

Die NPD Bremen war nach Wahlerfolgen in den 60er Jahren (bis zu 6 Bürgerschaftsabgeordnete) gemäß dem bundesweiten Trend bis in die frühen 90er Jahre immer weiter in die Bedeutungslosigkeit abgerutscht. Der Landesverband Bremen/Bremerhaven zählte zeitweise um die 30 Mitglieder, von denen ein Großteil passiv und überaltert war.

Mittlerweile wurde er durch ehemalige AktivistInnen aus verbotenen Organisationen und jungen Nazis übernommen, dabei arbeiten sie eng mit den NPD/JN-Gruppen und „Stützpunkten“ im Bremer Umland zusammen.

Nach mehreren Jahren minimaler Rumkrebserei scheint die Bremer NPD langsam wieder in die Pötte zu kommen, die Mitgliederzahlen steigen, mehrere ehemalige Kader sind wieder eingetreten, örtliche Kameradschaften lassen sich in Parteiaktivitäten einbinden und eine JN-Gruppe ist neu gegründet worden. Angeführt wird der Landesverband von Horst Görmann und seinem Stellvertreter Sven Buttgereit (beide aus Bremerhaven), der Kreisverband Bremen-Stadt wird von Jörg Wrieden und seinem Stellvertreter Lutz Henze (beide Bremen-Nord) angeleitet. Im Bremer Umland ist besonders der NPD-Kreisbereich Verden aktiv. Auch in anderen Landkreisen gibt es zunehmende Aktivitäten der NPD und JN, die oft eng mit örtlichen Nazicliquen und Kameradschaften zusammenarbeiten.

Insgesamt hat sich im Bremer Raum eine recht aktive NPD/JN-Szene entwickelt, die auch auf vielen überregionalen Aktionen und Aufmärschen zu finden ist. Wie in ganz Niedersachsen versucht die NPD/JN nach dem gescheiterten Verbotsverfahren 2003 wieder in die Offensive zu kommen, neue – vor allem junge – Mitglieder zu gewinnen, Strukturen zu reaktivieren und vermehrt öffentlich aufzutreten. Damit verbunden ist ein Anstieg von Gewalttaten gegen politisch Andersdenkende und Nicht-Deutsche (aktuelles Beispiel dafür: die Region Verden/Rotenburg).

4. „Anti-Antifa“

Ein weiterer Schwerpunkt von Aktivitäten ist die sogenannte „Anti-Antifa-Arbeit“, die vom gesamten Nazispektrum getragen wird. Zentrale Figur dieser Arbeit ist im Bremer Raum der Bremer Andreas „Hacki“ Hackmann, dieser wird oft bei seinen Schnüffeleien von Simon Lahusen, Marc Gaitzsch, Nils Budig und anderen jüngeren Nazis begleitet. Die gesammelten Informationen über Linke und AntifaschistInnen wurden und werden für Anschläge und Übergriffe genutzt.

5. Nazizentren

In der Bremer Region gibt es mehrere nennenswerte Nazizentren.

Das wohl bekannteste ist der „Heisenhof“ bei Dörverden (südlich von Verden), 2004 vom Hamburger Rechtsanwalt Jürgen Rieger als riesiges ehemaliges Bundeswehrareal mit mehreren Gebäuden gekauft. Die auf dem Gelände wohnenden örtlichen JN/NPD-Mitglieder nutzen die Örtlichkeiten für Treffen, Schulungen, Wehrsportaktivitäten etc. Außerdem werden in den Garagen NPD-Materialien und Riegers Wehrmachtsfahrzeugssammlung untergebracht. Eine großangelegte, permanente Nutzung wie in Riegers ehemaligem Zentrum in Hetendorf ist zwar angestrebt, aber derzeit nicht durchsetzbar. Trotzdem ist es ein nicht unwichtiger struktureller Stützpunkt.

Eine weitere NPD-Lokalität, die sogenannte „NPD-Scheune“, befindet sich in Bargstedt bei Stade. Hier unterhält der NPD-Funktionär Adolf Dammann ein kleines Schulungszentrum, das oft und regelmäßig genutzt wird.

Daneben wäre noch der „Auehof“ bei Kirchdorf (südlich von Sulingen) zu nennen. Dieser große Hof wurde vom „Auehof-Verein“ gekauft. Die Mitglieder des Vereins, die auch auf dem Areal leben, bezeichnen sich, bzw. den Hof als „Heimstätte der Kultur- und Brauchtumspflege“. Sie betreiben auf dem Gelände eine Schmiede und fröhnen dem „Germanen-Kult“. Bei Sonnenwendfeiern und ähnlichen Anlässen treffen sich dort Alt- und Neonazis.

6. Nazi-Rock und Boneheads

In Bremen gibt es seit Mitte der 80er eine Naziskinszene. Diese ist einerseits Rekrutierungsfeld für organisierte Partei-Nazis, andererseits gibt es aber auch Abgrenzung gegenüber diesen. Von den inhaltlichen Kernaussagen her geben sie sich letztlich alle nichts. Die Nazirockszene ist im Endeffekt ein Vorfeld bzw. musikalisches Beiwerk für eine mit vielen Schattierungen existierende NS-Bewegung.

Während um 2001/2002 noch mehrere „erfolgreiche“ Konzerte im Bremer Raum mit z.T. vielen hunderten TeilnehmerInnen gegeben hatte, sind in den letzten Jahren die meisten Versuche durch Unfähigkeit, Polizei oder Antifa vereitelt worden. Diese Events wurden sowohl von den Hammerskins als auch von der im Jahr 2000 verbotenen Blood&Honour-Struktur; organisiert, auch die NPD/JN versuchte mehrmals Konzerte bzw Liederabende zu organisieren.

Bremer Nazis sind nicht unerheblich an der Produktion und dem Vertrieb von „Rechts-Rock“ beteiligt, z.B. spielen viele Bands ihre CDs im „Art Of Sounds“-Studio in Schwarme ein. Auch an dem bundesweiten Vertrieb der „Schulhof-CD“ waren Bremer beteiligt, bei dem Hammerskin Marc Gaitzsch wurden mehrere hundert Exemplare beschlagnahmt.

Wohl der älteste und bedeutendste Kern der Bremer Naziskinszene ist die „Hammerskin-Sektion Bremen“ mit ca. 10-15 Mitgliedern. Gebildet hatte sie sich um die Band „Endstufe“ und dem ehemaligen „Hanse-Records“-Plattenlabel und -Versand (betrieben von Jens Brandt, Sänger von „Endstufe“). Als Vorzeigeband des Bremer Hammerskin-Spektrums galt in den letzten Jahren „Endlöser“ (früher „Schlachtruf“). Die Ausrichtung war derb NS-orientiert, Mitglieder der Band beteiligten sich an Aufmärschen und Übergriffen. 2005 scheint sich die Band aufgelöst zu haben, einige ehemalige Mitglieder spielen jetzt bei den reaktivierten „Endstufe“.

Desweiteren gab es im Bremer Raum auch eine Gruppe der weltweiten „Blood&Honour;“-Organisation. Diese wurde im Jahre 2000 verboten, viele ihrer Aktivisten sind nach wie vor im Rechtsrock-Geschäft aktiv, so auch der Bremer Anführer Henrik „Ossi“ Ostendorf.

Ferner gibt es in der Region noch weitere Bands und Projekte, deren Kontinuität und Produktivität recht unterschiedlich ist: „Hetzjagd“ – eine Band aus der Bremer Hammerskin-Sektion, „Aussetzer“ – eine Blood&Honour-nahe; Band aus Achim, „Patriotic Bois“, „Boots Brothers“ aus Delmenhorst, „Weserstolz“ aus Bremen-Nord sowie ein Gemeinschaftsprojekt von „Endstufe“ und „Kategorie C – Die Band“ namens „Adrenalin“.
Seit 2 Jahren gibt es außerdem noch einen Versand namens „Heimdall-Shop“ der von dem Bremen-Norder NPD-Aktivisten Lutz Henze (s.o.) betrieben wird, dort gibt es neben den üblichen Rechtsrock-CDs Nazi-Mist in den verschiedensten Ausführungen zu bestellen.

7. Nazi-Hooligans

Ein weiteres nicht uninteressantes Thema ist der Bereich Nazi-Hooligans. Auch bei den Spielen von Werder Bremen trifft sich eine Menge bekannter Nazis aller Coleur aus dem gesamten Bremer Raum. Innerhalb der Fanszene sind auch vereinzelt aktive Nazis zu finden, die dort zwar Leute ansprechen können und auch tun, aber nicht dominierend sind. Desweiteren gibt es in der Hoolszene eindeutig rechts orientierte Kreise mit teilweise nicht unerheblichem Einfluss (z.B. „Standarte Bremen“, „City Warriors“, „Bad Boys“).

Mehrere führende Hooligans (Henrik Ostendorf, Andre Sagemann) lassen sich zwar eindeutig als Nazis bezeichnen, trotzdem ist die Hool-Szene insgesamt nicht faschistisch orientiert. Ein nicht geringer Teil des Bremer Nazi-Nachwuchses kommt allerdings aus der Fan-Szene.
Bremer Nazi-Hooligans beteiligen sich immer öfter an politisch eindeutigen Aktionen, wie z.B. die Teilnahme an Aufmärschen und Veranstaltungen. Schwerpunktmäßig versuchen sie dabei vermeintliche AntifaschistInnen und Linke anzugreifen, eingewiesen werden sie meist vom Anti-Antifa-„Experten“ Andreas Hackmann (s.o.).

Die Politisierung und Polarisierung ist mit Sicherheit auch auf die Aktivitäten der mittlerweile aufgelösten Band „Kategorie C“ zurückzuführen. „KC“ war eine äußerlich unpolitische Band aus dem Bremer Raum, sie galten als DIE Hooligan-Band. Ihre Mitglieder waren in diversen Nazibands (Endstufe, Patriotic Bois, Nahkampf) aktiv, und unterhielten enge Kontakte zum Blood&Honour-Netzwerk.; Der ehemalige Sänger Hannes Ostendorf singt jetzt bei „Hungrige Wölfe“ einem Projekt von Mitgliedern mehrerer Nazisbands, u.a. „Tollshock“.

Interessant sind in diesem Zusammenhang auch die Kontakte und Verknüpfungen von Hools, Naziskins, Rockern, Security und der „Organisierten Kriminalität“. Offenbar gibt es intensive Schnittpunkte zwischen diesen Szenen.
Diese betreffen z.B. „geschäftliche“ Aktivitäten wie das Türsteher/Security-Geschäft, Drogen- und Waffenhandel, Prostitution und bei einigen mit Sicherheit auch weltanschauliche Punkte. So haben fast alle „KC“-Konzerte im Bremer Raum in Rockerclubs stattgefunden (z.B. im „Blazes“-Vereinsheim in Brinkum und im „Gremium“-Vereinsheim in Bremerhaven). In der Security-Branche bzw. Türsteher-Szene arbeiten mehrere bekannte Nazis bzw. Nazihools (z.B. Andre Sagemann, s.o.) eng mit den „Hells Angels“ und deren Nachwuchsclub „Red Devils“ zusammen.
In von Nazi-Türstehern und befreundeten Rockern kontrollierten Gebieten, Discos und Veranstaltungen, wie z.T. in der Bahnhofsvorstadt oder im „Aladin/Tivoli“, fühlen sich Nazis anscheinend sicher und wohl.

Neben den Jobs, die die Nazis als Türsteher, Security usw. ausüben können spielen natürlich auch die Kontakte selber eine große Rolle, so kann die Infrastruktur für ihre „Sache“ genutzt werden, beispielsweise die Nutzung der Räume für ihre Veranstaltungen. Aber auch bei der Beschaffung von Waffen etc. könnten diese Kontakte hilfreich sein.

8. Deutsche Volksunion, Republikaner und ähnlicher rechter Parteidreck

Seit 1987 gelingt der DVU alle 4 Jahre wieder durch einen millionenschweren, massiven Propagandawahlkampf der Einzug in die Bremer Bürgerschaft. Zwischen 1991 und 1995 konnten sie sogar noch einen draufsetzen und 5 Leute ins Stadtparlament befördern. Es gab damals bis zu 500 Mitglieder im Landesverband. Seit der Bürgerschaftswahl 2003 sitzt noch ein DVUler (Siegfried Tittmann aus Bremerhaven) in der Bürgerschaft (immer noch einer zu viel!), außerdem sitzen mehrere von ihnen in den Bremer Stadtteilbeiräten. Die Aktivitäten des Landesverbandes beschränken sich aber im wesentlichen auf monatliche Stammtische und gelegentliche Busfahrten zu Vorträgen ihres Bundesvorsängers Dr. Gerhard Frey. Die Kernbelegschaft der DVU besteht aus ca. 15 meist alten Nazis, die sich zum Großteil auch aus anderen Gruppen und Verbänden kennen. Sie sind also nach wie vor das Sammelbecken für die ältere Generation. Führende Aktivisten sind Siegfried Tittmann (Bremerhaven), Elfriede Budina und Hans Weidenbach (alle Bremen). Seit 2005 beteiligt sich die Bremer DVU an dem von der NPD angeleierten „Volksfront“-Bündnis, welches eine Zusammenarbeit des gesamten rechtsradikalen Spektrums anstrebt. Offiziell sind die Bremer REPs (Republikaner) nicht an diesem Bündnis beteiligt, wohl aber einzelne Mitglieder. Innerparteilich hat, auch in Bremen, die Frage der Zusammenarbeit die REPs zerspalten, einige Mitglieder sind zur NPD übergetreten.

In den letzten Jahren war von dem Bremer Landesverband sowieso kaum noch was zu hören. Die Aktivitäten der REP in Bremen haben Mitte der 80er Jahre begonnen und sind von einer recht häufig wechselnden Belegschaft geprägt, der Kern ist nach wie vor sehr klein und der Landesverband zählt um die 15 Mitglieder. Seit der Bürgerschaftswahl im Mai 2003 sitzt der Landesvorsitzende Peter Pricelius im Stadtteilbeirat Walle.
Die Landesverbände der „Schill-Partei“ („Partei Rechtsstaatlicher Offensive“) und des sogenannten „Aufrechten Gang“ haben sich mittlerweile aufgelöst, einige ihrer Mitglieder haben sich der NPD, der DVU oder den REPs angeschlossen.

9. Rechte Reste

Weiterhin erwähnenswert sind folgende Gruppen, Organisationen und Verbände im Bremer Raum, die sehr klein sind und stark an Überalterung leiden und bei denen sich viele Mitgliedschaften überschneiden:

„FREIER BREMER BÜRGERKREIS“ (FBB)
ist ein aus ca. 10-20 alten Nazis bestehender, überparteilicher Hintergrundkreis, der zum einen jüngere Nazis mit Geld und struktureller Hilfe unterstützt und zum anderen innerhalb der älteren Generation Geld sammelt, überregionale Kontakte pflegt und versucht, z.B. mit Veranstaltungen und Vorträgen das gesamte Spektrum ideologisch zu bilden.
Von der idiotischen inhaltlichen Ausrichtung her sind sie das Pendant zu dem eher jüngerem NS-Spektrum um „Freie Nationalisten“ u.Ä. herum.

„GEMEINSCHAFT DEUTSCHER OSTEN“ (GDO)
eine kleine Ortsgruppe einer bundesweiten Organisation aus dem rechtsradikalen Rand des Vertriebenenspektrums. Bis auf seltene kleinere Vorträge gab es scheinbar hier keine Aktivitäten. Die Geschäftsstelle der GDO ist bei der Familie Stolle in Nienburg zu finden.

„BUND FÜR GOTTERKENNTNIS / LUDENDORFFER“
sind eine ca. 20 Altnazis umfassende, stark deutsch-völkisch orientierte Vereinigung, deren Ursprung auf eine in den 20er bis 40er Jahren existierende Religions- bzw. Weltanschauungsgemeinschaft zurückgeht. Dementsprechend sind ihre Mitglieder überwiegend alt bis scheintot, sollten aber trotzdem erwähnt werden. Aus ihrem Umfeld geht auch der „Faksimile-Verlag“ samt Druckerei und Antiquariat von Wieland Körner (ehemals Soyka) hervor, der extrem antisemitischen Schund und alte Nazischinken vertreibt.
Ähnlich verhält es sich mit den „UNITARIERN“ und deren beiden Organisationen „BUND DEUTSCHER UNITARIER“ (BDU) bzw. „DEUTSCHE UNITARIER RELIGIONSGEMEINSCHAFT“ (DUR). Auch das ist eine nationalistisch ausgeprägte, sektenähnliche Glaubensrichtung, die auch stark an Überalterung leidet und kaum noch Aktivitäten vorweisen kann. Der BDU hat in der Humboldtstr. in Bremen ein Vereinsheim in dem früher u.a. Vorträge aus dem Nazispektrum stattfanden.

„EVANGELISCHE NOTGEMEINSCHAFT IN DEUTSCHLAND“ (ENID)
eine Vereinigung rechts-konservativer AnhängerInnen der evangelischen Kirche mit den üblichen Inhalten (Überfremdung, Familie, Abtreibung, wertkonservativ bis stockreaktionär). Regelmäßige Veranstaltungen werden in den Dom- und Martini-Gemeinden durchgeführt. Die bereits durch entsprechende Reden und Taten aufgefallene stellvertretende CDU-Landesvorsitzende Elisabeth Motschmann ist die Ehefrau einer der Motschmann-Brüder, die führend in der ENID aktiv sind.

Der „VEREIN FÜR DAS DEUTSCHTUM IM AUSLAND“ (VDA) ist als Landesverband auch in Bremen ansässig. Die, die sich für Vertriebene und ihre Nachfahren halten, organisieren sich in mehreren Landsmannschaften (Pommern, Schlesiern, Ostpreußen und Sudeten) und ihrem Dachverband „BUND DER VERTRIEBENEN“. Diese Verbände sind so alt wie die Geschichten die sie erzählen, ihre Aktivitäten umfassen Traditionspflege („Königsberger Klopse“) sowie politische und kulturelle Veranstaltungen zur Vertriebenenthematik, einerseits. Andererseits reichen ihre Kontakte bis in höchste Regierungskreise und ihr Einfluss auf die deutsche Ostpolitik ist nicht zu unterschätzen.

10. Resümee

Wie aus dem Text ersichtlich wird, gibt es auch in der Bremer Region ein Problem mit Nazis und rechtsextremen Gruppen. Im Laufe der vergangenen Jahre haben sie ihre Strukturen modernisiert, ein Netzwerk aufgebaut und sind in der Lage neue „KameradInnen“ anzusprechen und einzubinden. Mit der Schaffung einer „Erlebniswelt: Neonazi“ haben es die besagten Kräfte geschafft, für junge Menschen attraktiv und ansprechend zu wirken. Sie haben mehrere Aufmärsche durchgeführt, antifaschistische Veranstaltungen und Bündnisse „gestört“ oder durch militante Aktionen und gewalttätige Übergriffe ihre Ansichten demonstriert. Diese und andere Aktivitäten führen letztendlich zur weiteren Festigung und zum Ausbau der Bewegung. Um junge Rechte in die Strukturen mit einzubinden, sind gerade Aktionen, Demonstrationen und kulturelle Veranstaltungen von enormer Bedeutung. Das wissen auch die Kader in Bremen und Niedersachsen.

Dementsprechend ist es natürlich gelogen, wenn Polizei, Verfassungsschutz und PolitikerInnen davon reden, in unserer Region gäbe es kein Nazi-Problem. Ein Problem mit FaschistInnen beginnt nicht erst dann, wenn Flüchtlingsunterkünfte in Flammen stehen oder Menschen zu Tode gehetzt werden. Ein Problem mit rechten und rechtextremistischen Kräften und Personen beginnt da, wo sie in die Öffentlichkeit drängen und sich Gehör verschaffen.

Alle müssen sich darüber bewusst sein, dass die militanten Neonazis und Rechtsradikalinskis keine Protestbewegung des „demokratischen rechten Randes“ sind, sondern das Ziel verfolgen, ein neues nationalsozialistisches Reich zu errichten – mit allen seinen Konsequenzen.
Als militante Speerspitze fungierend, die ihre menschenverachtende Ideologie mit den herrschenden gesellschaftlichen Werten (Rassismus, Hierachien, Obrigkeits- und Sicherheitsfanatismus usw.) gepaart hat, agieren Neonazis parallel zur reaktionären Entwicklung in diesem Land. Hierbei ergänzen und unterstützen sich eine Vielzahl rechtsextremistischer, rechter und rechtskonservativer Kreise, die alle im selben Pool sitzen und sich die Bälle mal offen, mal verdeckt zuspielen.

Aber auch die Gesellschaft als Ganzes trägt ihren Teil dazu bei, wenn es Rechten jeglicher Couleur gelingt ihre „Politik“ salonfähig zu machen. Wenn die Forderungen rechtsextremer Parteien plötzlich von den sogenannten „etablierten Parteien“ übernommen werden, dann ist eine gesellschaftliche Mitschuld nicht zu leugnen.

Deshalb haben wir in diesem Text auch das ganze Spektrum an rechten Gruppen, Organisationen und Parteien aufgeführt, die für den Bremer Raum relevant sind. Im Einzelnen und in der Gesamtheit ihrer Existenz besteht eine Gefahr, die nicht unterschätzt oder nicht ignoriert werden darf. Die Aktivitäten dieses Spektrums müssen immer wieder öffentlich gemacht werden, die Nazis in ihrer Arbeit immer wieder gestört und angegriffen werden, damit ihr Wirkungskreis möglichst gering bleibt.

Dazu ist es wichtig zu wissen mit wem wir es zu tun haben und wie wir dagegen wirken können.
Nur eine breite und starke antifaschistische Bewegung kann Faschismus und FaschistInnen klein halten. Sich bei diesem Kampf auf den Staat und seine Büttel zu verlassen würde heißen, aus der deutschen Geschichte nichts gelernt zu haben.

Wir dürfen, können und wollen nicht warten, bis vielleicht die Politik oder irgendwelche Bullen die gefährliche Entwicklung rechtsextremer Strukturen erkennen und „offiziell“ bestätigen oder ein rechter Anschlag die Öffentlichkeit aufschreckt und Presse und Politik das Problem nicht mehr unter den Teppich kehren können. Wie in der ganzen BRD sind die FaschistInnen auch in Bremen aktiv! Berichten wir darüber, organisieren Aktionen gegen sie und ihresgleichen und treten ihnen in ihre braunen Ärsche!“. – Quelle: IndymediaQuelle: lkolpatriotinnen

Der Link zu dem Beitrag von lkolpatriotinnen mit weiteren Informationen: https://lkolpatriotinnen.wordpress.com/2021/07/13/13-06-2006-recherche-text-das-bremer-land-von-rechts-bis-rechtsextrem/

16voll-Beitrag vom 30.11.2021: „Antifaschistischer Monatsbericht November 2021“

16voll-Beitrag vom 30.11.2021: (Wieder-)Einzug der AfD in die Kommunalparlamente

Erstmals zog ein Vertreter der AfD in den Gemeinderat der Samtgemeinde Harpstedt ein. Der 35-jährige Dünsener Dayne Conrad beschäftigt sich nach eigenen Angaben mit „Naturheilkunde“ und möchte sich aus „Strahlenschutzgründen“ gegen 5G-Masten in Dünsen (Samtgemeinde Harpstedt) einsetzen, was auf ein rechtsesoterisches und verschwörungsideologisches Weltbild hindeutet. Auf der Website der AfD distanziert er sich ausdrücklich „von Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit“, während er gleichzeitig zusammen mit Samuel Behrendt (Dünsen) zur Wahl antrat und Wahlkampf machte, welcher seinen Social Media-Profilen nach zu Urteilen mit dem völkischen Flügel sympathisiert.
 
Im Großenknetener Gemeinderat verschlechterte sich die Partei von 3 auf 2 Sitze, die von Harm Rykena (MdL) und Deirk Horstmann (Ahlhorn) wahrgenommen werden. Bei den Kreistagswahlen verschlechterte sich die AfD von 4 auf 2 errungene Mandate. Die eigentlich gewählten Harm Rykena und Patrick Scheelje (Wildeshausen) reicheten ihre Mandate wegen der hohen Arbeitsbelastung in der verkleinerten Fraktion weiter; diese Mandate nehmen nun Andreas Altergott (Großenkneten) und Dierk Horstmann wahr.
 
Dirk Horstmann teilt 2020 Inhalte der neofaschistischen Identitären Bewegung (IB). Bildquelle: Screenshot Facebook
Der erstmalige Einzug gelang der AfD außerdem in den Stadtrat von Wildeshausen, wobei die Vertreter der Partei Frank Voigt und Thomas Krahn prompt zu spät kamen. Gegen den wegen eines Formfehlers nötigen zweiten Einzug der AfD protestierten, einem Aufruf von „Mit COURAGE gegen Rechts“ (MiCOU) folgend, Antifaschist:innen. Auch die ursprüngliche, erste Sitzung wurde von Protest begleitet.
 
Die konstituierende Sitzung erregte im Nachhinein Aufregung, weil es zu einer Auseinandersetzung zwischen den beiden AfD-Abgeordneten und Ralf Beduhn gekommen sein soll, der diese mit den Worten „Dreckiges Faschistenpack! Verreckt!“ beleidigt und bedroht hätte. In der darauffolgenden öffentlichen Auseinandersetzung, u.a. in der „Kreiszeitung“, beteuerte Voigt, die AfD zu verlassen, sollte diese „weiter nach rechts driften“ – absurd, angesichts der aktuellen Positionen und des Personals der AfD. Er beteuerte ebenfalls, am städtischen Gedenken anlässlich der Reichsprogromnacht am 09.11 teilzunehmen, welches später durch die Äußerungen seines Parteikollegen Jaroslaw Poljak überschattet worden ist. Aufgrund der Teilnahme Voigts am Erinnerungsgang verteilten Antifaschist:innen Handzettel von MiCOU, die über Äußerungen der AfD aufklärten.
 
Frank Voigt auf dem rassistischen und antifeministischen Frauenmarsch in Delmenhorst 2018, wo er gemeinsam mit Jannik Scheel (mit Logo der IB) und gewaltbereiten Neonazis („Blood Brother Nation“) demonstrierte. Bild: recherche-nord

 

Delmenhorster AfD-Fraktionsvorsitzender wegen Aussagen zur Reichsprogromnacht im Fokus

Der Fraktionsvorsitzender der Delmenhorster AfD-Stadtratsfraktion und ehemalige Pressesprecher des Kreisverbands Jaroslaw Poljak machte von sich Reden, indem er anlässlich des Jahrestags der Reichsprogromnacht vor Grundrechtseinschränkungen durch Corona-Maßnahmen warnte. In einem offenen Brief zog er Parallelen zwischen dem antisemitisch motivierten Entzug von Grundrechten in der NS-Zeit und den Grundrechtseinschränkungen wegen der Corona-Maßnahmen. In einem folgenden Interview leitete er aus der Verfolgung der Jüdinnen:Juden ganz allgemein ab, dass die Ausgrenzung und Stigmatisierung von Bevölkerungsgruppen, womit offenbar Verschwörungsideolog:innen und andere Rechte gemeint sind, „das Tor zur Vergangenheit“ aufstoße. Einen „vollumfänglichen Vergleich“ zwischen damals und heute wolle er jedoch nicht ziehen. Angesprochen auf den Flügel, den Faschisten Björn Höcke und die Forderung, das Leugnen der Shoa nicht mehr unter Strafe zu stellen, relativierte er diese Forderung und sah darüber hinaus generell „keine rechtsextremen Positionen“ in der AfD.
 
Die extrem Rechten Internetmedien „Pi-News“, „Freie Welt“ und „Journalisten-Watch“ griffen Interview oder Offenen Brief auf.
 
 

AfD-Stammtisch

Am 19.11 fand der letzte Stammtisch der AfD Oldenburg-Land in diesem Jahr im Raum Wildeshausen statt. Nach AfD-Angaben seien etwa 25 Parteimitglieder, unter anderem der Landtagsabgeordnete und Kreisvorsitzende Harm Rykena, anwesend gewesen. Dabei sei es unter anderem um die „Zensur“ des Comedian Ludger-K. gegangen. Wie schon im Oktober fand der Stammtisch wieder am dritten Freitag des Monats statt.
 
Teilnehmer:innen des Stammtisches schauen ein Video von Ludger-K. Stehend: Harm Rykena. Bild: www.afd-oldenburg-land.de

 

Nazi-Bruderschaft „Brigade 8 Bremen zeigt Präsenz in Dötlingen

Nach der offiziellen Gedenkstunde von Kommune und Kirchgemeinde zum sog. „Volkstrauertag“ haben Neonazis der Bremer „Brigade 8“ Kränze und Grablichter auf dem Friedhof der Dötlinger Kriche niedergelegt. Erkennbar waren diese an einer entsprechenden Aufschrift. Die Kirchengemeinde distanzierte sich umgehend und entfernte die Propaganda. Dötlingen wurde vermutlich aufgrund seiner Vergangenenheit als „Gaumusterdorf“ und NSDAP-Hochburg zum Zielort der Neonazis. 2014 versuchte die Bruderschaft in Horstedt (Prinzhöfte; Samtgemeinde Harpstedt) eine Feier durchzuführen, welche durch die Behörden aufgelöst worden ist. Außerdem gibt es durch Kai Lemke eine Verbindungen in den Landkreis Oldenburg. „Antifa-Bremen.org“ schrieb 2014 über eine rassistische Demonstration am 14.03 in Kirchweyhe: „[…]neben den bereits erwähnten […] erscheint eine größere Gruppe von Nazis aus dem Umfeld des „Brigade 8 Chapters Bremen“. Unter ihnen […] Kai Lemke aus Kirchseelte.“ Zuletzt likte er 2019 Social-Media-Posts der Bruderschaft.
 
Kai Lemke (links) neben „Allesnazi“ Andreas Hackmann am Rande der Demonstration in Kirchweyhe, 2014. Bild: Dissent.images

 

„Querdenken“ demonstriert in Hude und Wildeshausen

Am Freitag, den 26.11, trafen sich in Hude erstmals Menschen aus dem verschwörungsideologischen Spektrum zu einem als „Spaziergang“ bezeichneten Protest. Für kommenden Freitag, den 3.12, um 17:45 ist eine Wiederholung angekündigt. Treffpunkt ist dieses Mal der Schützenplatz statt der Platz hinter der Volksbank. Bekannt gemacht wurden die „Spaziergänge“ über die Telegram-Gruppe „Der Ganter Ganderkesee“, in welcher sich bereits zu Aktion anlässlich des Besuchs Jens Spahns am 02.09.2021 vernetzt worden ist.
 
Grafik für die Protestaktion in Hude in der Telegram-Gruppe „Der Ganter Ganderkesee“. Bildquelle: Telegram-Kanal „Der Ganter Ganderkesee“
Am Montag, den 29.11, gelang erstmals eine Protestaktion mit Außenwirkung aus der „Querdenken“-Szene in Wildeshausen. Anfang des Jahres wurde ein Treffen in Wildeshausen durch die Polizei aufgelöst, nachdem diese im Vorhinein davon in Kenntnis gesetzt worden ist. Laut dem Twitter-Kanal „Demoticker & Infos HB“, der sich auf eine Bremer Telegram-Gruppe bezieht, seien auch am Samstag und Sonntag Querdenker:innen vor Ort gewesen.
 
Die Teilnehmer:innen der Querdenken-Versammlung stellen zu Beginn Kerzen vor dem Wildeshauser „Stadthaus“ ab.

Dem Aufruf, der in der Telegram-Gruppe von „Querdenken 441 – Oldenburg“ mit einem unprofessionell wirkenden Bild verbreitet worden ist, folgten mindestens 50 Menschen. Verbreitet wurde er von einer Person mit dem Messenger-Namen „Helga“ am 27.11 um 12:15 Uhr, es handelte sich also offensichtlich nicht um eine Spontanversammlung. Die Versammlung war auch nicht angemeldet; die von einer Mitarbeiterin des Ordnungsamts verständigte Polizei kam erst eine Dreiviertelstunde nach Beginn der Demonstration und behauptete im Nachhinein, erst spät von den Ereignissen in Kenntnis gesetzt worden zu sein. Gegenprotest war ebenfalls vor Ort, allerdings zahlenmäßig deutlich unterlegen.

Zu Beginn der Versammlung kam es zu einem Angriff auf die anwesenden Antifaschist:innen, die sich mit lauter Musik der Demonstration genährt hatten. Diese wurden von den anwesenden Querdenker:innen eingekreist und beleidigt und anschließend zu Boden geschubst. Die angreifende Person floh daraufhin von der Versammlung. 
 
Im Verlauf des Aufzugs kam es zu einem weiteren Angriff durch den bei „Querdenken 441“ besonders aktiven Paul de Vries, der einem Filmenden das Handy aus der Hand schlug und weitere Schläge androhte. Unterstützt wurde er von einer Person in einem Auto, welche anscheinend der Versammlung zuzurechnen war und die angegriffene Person mit ihrem Auto bedrängte. Der nächste Übergriff ereignete im Bereich der Alexanderkirche. Wieder ging es um die filmerische Dokumentation der Versammlung, dieses Mal griff eine unbekannte Frau die dokumentierende Person mit Tritt- und Schlagversuchen an. Der Angegriffene entfernte sich jedoch, weshalb die Situation nicht weiter eskalierte. 
 
Es folgten zwei weitere Übergriffe unter Beteiligung von Paul des Vries: zunächst versuchte er auf Höhe der „Brasserie“, einem Filmenden das Handy zu entwenden, dann nahm er an einer Antifa-Fahne anstoß, die er hartnäckig zu entreißen versuchte. Die Fahne sorgte bereits zuvor für Konflikte und war von Demonstrierenden mit Wachs beschmiert worden. Die Antifaschist:innen blieben standhaft und die Fahne wurde verteidigt.
Der Wildeshauser Marktplatz am Montagabend: Die Teilnehmer:innen des „Spaziergangs“ trugen überwiegend keine Masken und hielten keine Abstände ein.
Der AfD-Kreisverband widmete dem „Spaziergang“ später einen Blog-Eintrag auf ihrer Website. In den Details unterscheiden sich die Angaben zum Teil von denen der antifaschsitischen Beobachter:innen, kurios ist jedoch, dass die AfD die Übergriffe auf die Gegendemonstrant:innen (positiv) benennt und gleichzeitig von einem „friedlichen“ Spaziergang schreibt. So heißt es dort etwa: „Am Ende müssen Linke Störer erneut einstecken“ oder „Es entwickelte sich ein verbaler Schlagabtausch, bei dem kurz darauf 2 Antifanten zu Boden gingen“. Später versuchte der AfD-Pressesprecher Bernhard von Hasseln diese Aussagen zu relativieren, indem er gegenüber der NWZ sagte, die Gegendemonstrant:innen seien möglicherweise „ausgerutscht“ oder es habe sich um eine „Notwehr-Situation“ gehandelt. Des Weiteren mutmaßte die AfD in ihrem Artikel, dass die Demonstration vom Kreisverband der Partei „dieBasis“ organisiert worden ist. Nach eigenen Angaben nahmen neben Dierk Horstmann weitere AfD-Mitglieder an der Versammlung teil.
 
Relativ viele Teilnehmende kamen nicht aus Wildeshausen, sondern aus den Regionen Vechta, Cloppenburg und Oldenburg.Quelle: 16voll

Der Link zu dem Beitrag der Antifaschistische Vernetzung Oldenburger Land mit weiteren Informationen: https://16voll.noblogs.org/post/2021/11/30/antifaschistischer-monatsbericht-november-2021/

 

lkolpatriotinnen-Beitrag vom 05.07.2021: „05.06.2005: NPD-Landesparteitag in Heiligenfelde (Landkreis Diepholz)“

Am 05.06.2005 nimmt Christian Heising (rechts) an dem NPD-Landesparteitag in Heiligenfelde (Landkreis Diepholz) teil. Am 07.06.2005 schreibt «(muss ausgefüllt werden)» zu dem Bild: „rechts: Christian Heising aus Wildehausen.“. Quelle: lkolpatriotinnen

lkolpatriotinnen-Beitrag vom 05.07.2021: Am 06.06.2005 schreibt «recherche-west» in einem Beitrag zum NPD-Landesparteitag in Heiligenfelde (Landkreis Diepholz) am 05.06.2005: „Am gestrigen Sonntag hielt die NPD-Niedersachsen ihren Parteitag in Heiligenfelde bei Syke ab. Ein Schleusungspunkt befand am Wildeshausener ZOB.

Am Samstag den 04.06.2005 hatte der Bremer NPD-Landesverband in der Bremer Innenstadt seinen Parteitag abgehalten, einige Bremer waren auch in Heiligenfelde mit von der Partie.“. – Quelle: Indymedia

Am 05.06.2005 schreibt «recherche-west» in einem Beitrag zum NPD-Landesparteitag in Heiligenfelde (Landkreis Diepholz) am 05.06.2005: „Seit ca. 11.30Uhr hält die NPD ihren Landesparteitag in Heiligenfelde bei Syke ab. Beschützt werden die ca 120 Neonazis von zwei Polizeihunderschaften. Neben der Parteiprominenz wie NPD-Chef Udo Voigt und Niedersachsenvize Adolf Dammann aus Stade, sind auch die Ex-Bewohner des Heisenhofes aus Döeverden-Barme dabei. Eine Abordnung aus Bremen, bestehend aus Freien Nationalisten und NPDlern um Hendrik Ostendorf sind auch anwesend. JN-Bundesvize Florian“Blue Eyed“Cordes mußte sich wohl mit dem aufsässigen JN-Stützpunkt Minden herumschlagen und konnte deshalb nicht kommen. Die Mindener hatten sich nämlich erdreistet, ein NPD-kritschen Text von J.Schwab („die kommenden“) zu der vergeigten NRW-Wahl auf ihrer Homepage zu veröffentlichen. Da Cordes bekanntermaßen nicht viel für freie Kameraden übrig hat, kam von ihm prompt die Order, den Text zu entferne. Zwei Glatzköpfige Teilnehmer wurden aufgrund ihres Alkoholpegels aus dem Festsaal verwiesen und mußten den Parteitag in einer Bushaltestelle fortsetzen, wo sie friedlich, Kopf an Kopf einschlummerten. Ob das den im Gebäude Verbliebenen beim Vortrag von Olaf Rose auch passiert ist, entzieht sich unserer Kenntnis. Der aus Herne stammende Rose war schon einmal, nämlich im Jahr 2003, im Unweit von Syke gelegenen Achim als NPD-Redner zugast. Um 14.30 Uhr haben Antifaschitinnen begonnen, vor Ort gegen die Nazis zu demonstrieren.“. – Quelle: Indymedia

«antifa-bremen» schreibt/schrieb in einem Beitrag zum NPD-Landesparteitag in Heiligenfelde (Landkreis Diepholz) am 05.06.2005: „Die NPD-Niedersachsen hält ihren Landesparteitag in Heiligenfelde bei Syke ab. Beschützt werden die ca. 120 Neonazis von zwei Polizeihunderschaften. Etwa 50 AntifaschistInnen aus Bremen und der Region starten eine kurze Gegenkundgebung vor dem „Gasthaus Linnemann“ (dort fand bereits im März eine Vortragsveranstaltung von Nazis statt). Neben NPD-Chef Udo Voigt sind auch Freie Nationalisten aus Bremen und Bremer NPDler anwesend.

Der neue Vorstand besteht nun aus:

  • Landesvorsitzender: Ulrich Eigenfeld (Unterbezirk Oldenburg)
  • Stellvertretende Landesvorsitzende:
    Manfred Börm (Unterbezirk Lüneburg)

    Adolf Dammann (Unterbezirk Stade-Elbe/Weser)
    Friedrich Preuß (Unterbezirk Braunschweig)
  • Beisitzer:
    Frank Blome (Unterbezirk Hannover)

    Andreas Börder (Unterbezirk Oldenburg)
    Fritz-Ulrich Bundt (Unterbezirk Stade-Elbe/Weser)
    Malte Holzer (Unterbezirk Lüneburg)
    Daniel Hubert (Unterbezirk Göttingen)
    Ulrich Plate (Unterbezirk Osnabrück)
    Ronald Richter (Unterbezirk Braunschweig)
    Thomas Warnat (Unterbezirk Hannover)“. – Quelle: Antifa Bremen Quelle: lkolpatriotinnen

Der Link zu dem Beitrag von lkolpatriotinnen mit weiteren Informationen: https://lkolpatriotinnen.wordpress.com/2021/07/01/01-06-2013-npd-infostand-in-wildeshausen/

16voll-Beitrag vom 23.10.2021: „Nachbericht: Antifa-Demo in Ganderkesee am 16.10.2021“

16voll-Beitrag vom 23.10.2021: „„Aufruhr, Widerstand: Es gibt kein ruhiges Hinterland!“ schallte es am Samstagnachmittag des 16.10.2021 durch Ganderkesee. Etwa 50 Antifaschist:innen folgten dem Aufruf zur Demonstration am Jahrestag des rechten Brandanschlags auf das „Don Gantero“. Aufgrund der geringen Teilnehmendenzahl wollte die Polizei die Demo zunächst nur au den Gehwegen laufen lassen. Die Demonstration nahm sich jedoch selbstbewusst den Raum der Straße, was die Polizei schließlich widerwillig akzeptierte. Allerdings sorgten mangelnde Kenntnisse der genauen Route seitens der Demonstration und der Weg durch menschenleere Gewerbegebiete und (teilweise ebenso menschenleere) Wohngebiete zeitweise für eher belustigte Stimmung.

Antifa-Demo in herbstlicher Landidylle. Bild: Fabian Steffens

Los ging es am Bahnhof mit dem Verlesen des Demo-Aufrufs vom „Bündnis für solidarische Intervention Oldenburg“, welcher über den Brandanschlag vom 14.10.2020 aufklärte und die Reaktion der Gemeinde Ganderkesee kritisierte. Außerdem wurde die Tat als Teil einer Anschlagsserie im Bremer Umland eingeordnet. Diese Einordnung wurde von späteren Beiträgen geteilt.

Während sich die Bürgermeisterin der Gemeinde Ganderkesee unmittelbar nach dem Brandanschlag noch schockiert gezeigt hatte, offenbarten die folgenden Taten der Verwaltung eine ganz andere Haltung. Die betroffenen Betreiber:innen des Restaurants wurden von der Gemeinde Ganderkesee nicht unterstützt. Stattdessen wurde innerhalb kürzester Zeit ein neuer Pachtvertrag mit einem bekannten Ganderkeseer Gastronom abgeschlossen und sie mussten das Gebäude Ende Mai 2021 verlassen. Wenn sich hinter dem Brandanschlag eine rechte Täter:innenschaft verbergen sollte, so hat diese ihr Ziel erreicht. Die Betreiberinnen des ‚Don Gantero‘ verloren ihr Restaurant und ihre Existenzgrundlage. Das sendet ein fatales Signal: potentielle Opfer rechtsextremer Gewalt können in Ganderkesee nicht mit angemessener Solidarität rechnen.

Ganzer Aufruf: https://buendnisfsi.wordpress.com/2021/10/06/brandanschlag-in-ganderkesee-solidaritat-mit-den-betroffenen-rechten-terrors/

Die erste Zwischenkundgebung fand dann auch folgerichtig vor dem Ganderkeseer Rathaus statt. Hier wurde unser Redebeitrag abgespielt, der im wesentlichen auf unserem Demo-Aufruf basierte und somit auch maßgeblich auf der NIKA-Broschüre „Ganderkesee. Eine Gemeinde mit rechter Kontinuität“. Auch hier wurde natürlich erneut über rechte Strukturen konkreter aufgeklärt und das Handeln der Gemeinde Ganderkesee kritisiert.

Mehr noch: Menschen sitzen auf gepackten Koffern und werden unter Zustimmung eines großteils der Gemeinde von dort vertrieben. Ja Ganderkesee, euer Schweigen legitimiert diesen Anschlag! Das ist ekelhaft und macht uns unfassbar wütend!

Weiter ging es mit einem Besuch beim „Life Studio“ in Ganderkesee. Hier darf der Neonazi Danny Gierden weiterhin Kinder und Jugendliche im Kampfsport trainieren. Unter anderem hierauf nahm der Redebeitrag von NIKA OL-WHV Bezug, welcher hier abgespielt worden ist.

Das Life Fitness Studio Ganderkesee ist durch Werbeplakate in der ganzen Stadt bekannt. Facebook Fotos zeigen weiterhin, dass Danny Gierden mit anderen Nazis wie Felix Stolte im Life Studio trainierten. Gierden ist außerdem Betreiber eines Kampfsport Studios in Prinzhöfte, das dafür bekannt ist, Neonazis zu trainieren, die unter anderem am so genannten ‘Kampf der Nibelungen’ teilnehmen. Gierden hat bei Hools und Neonazis keine Berührungsängste, nimmt selbst an so genannten ‘Wald und Wiesen Schlägereien’ teil und lässt sich gerne mit bekannten Kadern fotografieren. Es ist unglaubwürdig, dass dies niemandem in der Gemeinde aufgefallen ist.

Zwischenkundgebung vor dem „Life Studio“. Bild: Fabian Steffens

Zudem wurde auf eine „Faschisierung der ländlichen Regionen“ Bezug genommen, welche den Brandanschlägen als Kontext zur Seite gestellt worden ist.

In Ganderkesee ist aber noch viel mehr los als das. Was jetzt weder in unserer ohnehin schon 39 Seiten langen Broschüre und auch in diesem Redebeitrag keinen Platz mehr gefunden hat sind Strukturen von AfD, NPD, JN, Identitäre Bewegung, Bruderschaften, Verschwörungsideolg:innen und Reichsbürger:innen. Diese sind entweder in Verbindung mit den zuvor genannten Strukturen oder als weiterer Aspekt der Faschisierung der ländlichen Regionen zu nennen.

Wir wollen an dieser Stelle aber nur einen kleinen Überblick darüber geben welche rassistische Grundhaltung in Ganderkesee herrscht. Das erklärt vielleicht auch, warum die Gemeinde Ganderkesee sich, nach dem Anschlag, weder großartig schockiert noch in irgend einer Art und Weise supportive gegenüber den Betroffenen gezeigt hat. Im Gegenteil. Anstatt Haltung zu zeigen gegen rechte und rassistische Gewalt, versucht die Gemeinde, genau wie die Bullen, ihr rechtes Problem mit Schweigen unter den Teppich zu kehren und zu relativieren. Das am Ende dadurch solche rassistischen Taten legitimiert werden scheint ihnen scheisz egal zu sein.

Zuletzt macht die Demonstration vor dem Schützenhof Ganderkesee halt, wo das Wildeshauser Bündnis „So.Wi.WIR“ eine einen Monat nach dem Brandanschlag verfasste Solidaritätserklärung verlas. Der Redner verwies darauf, dass sich an der damals verfassten Kritik aus heutiger Perspektive größtenteils immer noch aktuell ist.

Zwischenkundgebung vor dem Schützenhof in Ganderkesee. Bild: Twitter-Kanal „Bündnis für solidarische Intervention Oldenburg“

Auch vier Wochen nach dem Brandanschlag in Ganderkesee gibt es aus der lokalen Parteienlandschaft bisher weder Reaktionen, noch Solidaritätsbekundungen für die von der Gewalt betroffenen Personen. Umso wichtiger ist es, dass wir als zivilgesellschaftliches Bündnis unsere Solidarität aussprechen und die umfassende Aufklärung der Tat durch die Ermittlungsbehörden fordern, denn auch wir fürchten, dass eine Serie von Brandanschlägen nicht konsequent verfolgt und falsch eingeschätzt wird.

Seit 2018 wurden im Bremer Umland Brandanschläge auf eine Wohnung, Bars und Restaurants von Menschen mit Migrations- und Fluchtgeschichte verübt. Die Existenzen der Betroffenen wurden weitgehend vernichtet und die Angst in den Communitys ist gewachsen. Die Polizei sieht keine Zusammenhänge zwischen den sechs unterschiedlichen Brandanschlägen auf Unterkünfte von Geflüchteten sowie migrantisch geführten Geschäften und geht nicht von einer Brandserie aus.

Ganzer Beitrag: https://antifainfowhs.blackblogs.org/2020/11/14/solidaritaetserklaerung-des-buendnisses-so-wi-wir-vom-13-11-2020-zum-brandanschlag-in-ganderkesee/

In der Zwischenzeit gab es Reaktionen der Parteien „Die Linke“ und „B90/Die Grünen“, ansonsten sind diese Worte nach wie vor aktuell.

Der Ort der Zwischenkundgebung ist gewählt worden, da sich die AfD in der Vergangenheit des öfteren im Schützenhof treffen durfte. Auf die Kundgebung aufmerksam geworden, machte ein neuer Pächter auf sich aufmerksam, der darauf verwies, dass er Anfragen der AfD abgelehnt habe und die Veranstaltungen der Partei in die Zeit seines Vorgängers fielen. Tatsächlich hat der Schützenhof laut einem Bericht des Weser-Kuriers seit August 2020 einen neuen Pächter. Seitdem sind keine AfD-Veranstaltungen dort bekannt.

Die Demonstration zieht am Vodafone/Kabel Deutschland Standort von Wigand Klepp vorbei. Dieser organisierte in der Vergangenheit den Ordnungsdienst bei den AfD-nahen „Frauenmärschen“ in Delmenhorst und Papenburg.

Danach ging es zurück zum Bahnhof Ganderkesee. Erfreulich waren die im Ortsbild präsenten Plakate von NIKA-Nordwest, die über die jüngste rechte Anschlagsserie im Nordwesten aufklären. Ansonsten enttäuschte jedoch die recht schwache Beteiligung trotz der eigentlich kurzen Anfahrtswege aus Oldenburg und Bremen. Außerdem zogen sowohl die Kundgebungen als auch die vorangegangene Mahnwache vom „Breiten Bündnis gegen Rechts“ aus Delmenhorst und „So.Wi.WIR“ aus Wildeshausen augenscheinlich nur sehr wenig Ganderkeseer Publikum an. Passant:innen waren quasi nicht vorhanden. Zumindest eine Vorbeikommende Person äußerte dabei auch noch den Verdacht, der Betroffene habe sein Restaurant selbst angezündet, um die Versicherung zu betrügen. Selbst die Polizei schließt das aus, dennoch scheint diese falsche Verdächtigung eine willkommene Ausrede zu sein, um vor rechtem Terror die Augen zu verschließen.

Das Presseecho fiel entsprechend schwach aus. Im Weser-Kurier gab es nur die Textbausteine der Polizeipressemeldung zu lesen. In der Neuen Osnabrücker Zeitung machte man sich zumindest augenscheinlich die Mühe, vor Ort zu recherchieren. Allerdings entlarven auffällige Fehler wie die Übernahme der Behauptung der Polizei, die Demo sei auf den Gehwegen gelaufen, dass dem nicht so war.

In geschlossener Formation mit mannshohen Transparenten, schwarz gekleidet und – über das zum Schutz vor Corona übliche Maß hinaus – vermummt […] Bei Kundgebungen an den Zwischenstationen prangerte eine Sprecherin vom Band und mit verfremdeter Stimme rechtsextreme Aktivitäten in der Gantergemeinde und der Region an. In den Fokus wurde dabei der Betreiber eines Fitnessstudios gerückt, der laut der Antifa-Sprecherin der Neonazi-Szene zuzurechnen ist.

Inhaltlich wurde sich dann auch nicht den öffentlich zugänglichen Quellen bedient, um über rechte Strukturen aufzuklären. Stattdessen wartete der Bericht mit einer unpräzisen Zusammenfassung der Redebeiträge auf. Was allerdings eine Erwähnung wert zu sein scheint, ist die Vermummung der Antifaschist:innen – dass diese als Selbstschutz vor militanten Neonazis dienen könnte, wird dabei nicht in Betracht gezogen.

Patriotischer Sticker „Wir lieben Deutschland“; im Hintergrund das vom Brand beschädigte „Don Gantero“. Ein weiteres Beispiel dafür, dass wir hier noch viel zutun haben werden.

Die Demo ist vorbei, aber unsere Arbeit geht weiter. Wir setzen unsere Behmühungen fort, den lokalen rechten Akteur:innen ihre Sicherheit und gesellschaftliche Akzeptanz zu nehmen und sie aus der Deckung zu holen. Nach wie vor gilt: Solidarität mit den Betroffenen rechten Terrors – Rechte Strukturen aufdecken und bekämpfen!Quelle: 16voll

Der Link zu dem Beitrag der Antifaschistische Vernetzung Oldenburger Land mit weiteren Informationen: https://16voll.noblogs.org/post/2021/10/23/nachbericht-antifa-demo-in-ganderkesee-am-16-10-2021/